# taz.de -- Merkel im Bundestag zu Coronamaßnahmen: Augen zu und durch den Loc… | |
> Ein bisschen die Zähne zusammenbeißen müsse man noch, so die Botschaft | |
> der Bundeskanzlerin im Bundestag. Viele Abgeordnete kritisieren sie. | |
Bild: Schaffen wir das? Kanzlerin Merkel beschwört im Bundestag das Durchhalte… | |
Berlin taz | Drei Minuten spricht Angela Merkel bereits über die Pandemie, | |
die „nationale Kraftanstrengung, die jeden erfasst und jeden betrifft“. | |
Sie hat versucht aufzumuntern, hat gedankt und [1][vorsichtig eigene Fehler | |
eingeräumt]. Dann kommt sie zu dem, was für ihre aktuelle Haltung | |
vielleicht am wichtigsten ist. „Wir haben auf die Anzeichen der zweiten | |
Welle und auf die Warnungen verschiedener Wissenschaftlerinnen und | |
Wissenschaftler nicht früh und nicht konsequent genug reagiert“, sagt die | |
Kanzlerin im Bundestag. Dadurch sei das Land nach dem Sommer in die zweite | |
Welle mit einem dramatischen exponentiellem Wachstum der Infektionszahlen | |
gerutscht, auf den die Regierung mit einem zweiten Lockdown reagierte. | |
Merkels Ton ist eindringlich: „Das müssen wir zu den Lehren zählen.“ Eine | |
dritte Welle muss also unbedingt verhindert werden. | |
Es ist eine ambivalente Situation, in der die Kanzlerin am Donnerstagmorgen | |
ihre vierte Regierungserklärung zu Corona abgibt. Einerseits sinken die | |
Inzidenzzahlen immer weiter, was Teile der Bevölkerung Lockerungen fordern | |
lässt. Andererseits zeigen Beispiele aus anderen Ländern, wie gefährlich | |
die Mutationen des Virus sind, die längst auch in Deutschland nachgewiesen | |
sind. Mit ihrer Rede will die Kanzlerin wohl zweierlei: Das Parlament, wie | |
vielfach gefordert, zumindest im Nachgang der Bund-Länder-Beschlüsse vom | |
Vortag einbinden. Und sich den Menschen da draußen, bei denen sich | |
Erschöpfung und mancherorts auch Unverständnis und Unmut breitmachen, | |
erklären. | |
Merkel will, sie muss die Leute bei der Stange halten. Also verteilt sie | |
Durchhalteparolen. „All die Anstrengungen und Entbehrungen jetzt nochmal | |
bis zum 7. März durchzuhalten, das ist aus meiner Sicht die Anstrengung | |
wert“, sagt die Kanzlerin. Immer wieder spricht sie das bereits Erreichte | |
an, die sinkenden Inzidenz- und Todeszahlen. „Die Trendwende ist gelungen“, | |
sagt sie. Zudem markiere der Start der Impfkampagne einen Wendepunkt in der | |
Pandemie. Besonders eindringlich aber weist sie auf die Gefahr hin, trotz | |
sinkender Zahlen schnell wieder in ein exponentielles Wachstum zu rutschen. | |
Dann klingt die Kanzlerin fast beschwörend. Zwar sei noch nicht alles | |
auserforscht. Doch man tue gut daran, nicht an den Annahmen von Expertinnen | |
und Experten aus dem In- und Ausland zu zweifeln: „Alle drei Mutationen | |
sind deutlich aggressiver, also ansteckender, übertragen sich leichter als | |
das Ursprungsvirus.“ | |
## Die Pandemie hält sich nicht an ein Datum | |
Für Merkel, die nüchterne Naturwissenschaftlerin, leitet sich daraus eine | |
Priorität ganz klar ab: Bei Lockerungen ist größte Vorsicht geboten. | |
„Geeignet, erforderlich und verhältnismäßig“, sei die Verlängerung der | |
einschneidenden Maßnahmen zunächst bis zum 7. März. Merkel, das ist | |
bekannt, hätte sich eine Verlängerung um eine weitere Woche gewünscht. Doch | |
das war bei den MinisterpräsidentInnen nicht durchsetzbar.Dass sie die | |
Ankündigungen mancher Länder, [2][Schulen und Kitas schrittweise bereits im | |
Februar zu öffnen], für problematisch hält, daraus aber macht die Kanzlerin | |
keinen Hehl. | |
Die Folgewirkungen der wochenlangen Schließungen seien natürlich spürbar | |
und die Anspannung der Eltern sei groß. „Und trotzdem hätte ich mir an | |
dieser Stelle gewünscht, dass wir auch hier entlang der Inzidenz | |
entscheiden.“ Aber sie habe auch akzeptiert, dass es eine eigenständige | |
Kultushoheit der Länder gebe. Womit Merkel auch klar benennt, wer für | |
mögliche Konsequenzen die Verantwortung trägt. | |
Die Kanzlerin weiß, dass Teile der Opposition einen festen Fahrplan für | |
weitere Öffnungsschritte gefordert, sich viele in der Bevölkerung diesen | |
gewünscht hätten. Die Entscheidung dagegen verteidigt sie. Man stehe in | |
einem Kampf mit dem Virus, sagt die Kanzlerin. Und dieser richte sich eben | |
nicht nach Daten, sondern nach Infektionszahlen. Das ist in der | |
Argumentation stringent, aber wohl nicht das, worauf viele trotz allem | |
gehofft haben. | |
## Kritik durch die Bank weg | |
Die Grünen, zuletzt bespöttelt wegen ihrer weitgehenden Zustimmung zum | |
Coronakurs der Kanzlerin, setzen dieses Mal auf leise Kritik. | |
Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt knüpft dabei an die erwähnten | |
enttäuschten Hoffnungen an. „Stufenpläne heißen nicht, dass wir jetzt | |
öffnen“, sagt sie im Anschluss an die Rede die Kanzlerin. Sie vermisse aber | |
Perspektiven und Strategien für das Land. Es gehe darum, worauf jetzt | |
hingearbeitet werde. „Das haben Sie gestern nicht geliefert.“ | |
Auch Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken hält der Regierung massive | |
Versäumnisse vor: „Vom Pandemie-Weltmeister im Frühjahr sind wir | |
abgestiegen in den Impfkeller Europas.“ Impfzentren stünden leer, | |
verzweifelte Bürger steckten in Hotlines fest. Auch sei ein Skandal, dass | |
Novemberhilfen für Firmen teils noch nicht ausgezahlt worden seien. | |
„Viele Menschen haben sich mehr erwartet als einen frischen Haarschnitt“, | |
kritisiert auch FDP-Fraktionschef Christian Lindner und spielt damit auf | |
die einzige Ausnahme an: Friseure dürfen ab dem 1. März wieder öffnen. Die | |
Entscheidungen vom Vortag seien bestenfalls einfallslos. „Mit Sicherheit, | |
Frau Merkel, ist das nicht alternativlos.“ Vorhandene Technologien müssten | |
endlich besser genutzt werden. Schnelltests und Luftfilter würden zu wenig | |
eingesetzt, die Coronawarnapp sei nicht weiterentwickelt worden. | |
Durch die Bank – von AfD bis Linke – kritisiert die Opposition, dass es vor | |
der entscheidenden Runde mit den MinisterpräsidentInnen keine Diskussion im | |
Parlament gab. Nichts allerdings deutet darauf hin, dass sich das beim | |
nächsten Mal ändert. Das nächste Treffen der MinisterpräsidentInnen mit der | |
Kanzlerin ist für den 3. März geplant. | |
11 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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