# taz.de -- Wenn Software Entscheidungen trifft: Verwirrte Algorithmen | |
> Menschen sind oft unglaublich berechenbar – aber ganz plötzlich dann | |
> wieder nicht. Das macht es manchmal ganz schön kompliziert. | |
Bild: Aktienkurse sind durch KI prognostizierbar, wäre da nicht die menschlich… | |
Manchmal reichen zwei Wörter, um maximal zu verwirren. [1][„Use Signal“, | |
twitterte Tesla-Gründer Elon Musk] am 7. Januar. Woraufhin ein Aktienkurs | |
in die Höhe schoss. Allerdings nicht der Kurs der Messenger-App Signal, die | |
Musk meinte. Hinter der App steht eine Stiftung, da gibt es weit und breit | |
keinen Aktienkurs. Sondern von Signal Advance, einer Medizintechnikfirma, | |
was irgendwie auch in die Zeit passt. | |
Schon vor zehn Jahren fiel auf: Kommt ein Film mit der Schauspielerin Anne | |
Hathaway in die Kinos, dann steigt der Aktienkurs des Unternehmes Berkshire | |
Hathaway. Warum? Weil ein Teil des Aktienhandels mittlerweile über | |
Algorithmen abgewickelt wird. Und künstliche Intelligenzen sind zwar | |
mitunter schon recht gut, aber längst noch nicht perfekt im Verstehen von | |
Texten. | |
Analysieren die KIs also Texte, in denen der Begriff Hathaway gemeinsam mit | |
als positiv gelernten Wörtern vorkommt, wie „großartige Leistung“, lösen | |
sie den Kauf von Aktien aus. Könnte ein Tipp sein für ambitionierte | |
Gründer:innen, die gerade auf der Suche nach einem Firmennamen sind. | |
Das Ding ist: Menschen sind oft unglaublich berechenbar – aber ganz | |
plötzlich dann wieder nicht. Zum Beispiel beim Einkaufen. Anhand der | |
Wettervorhersage und des Spielplans der Fußball-Männer-Bundesliga kann ein | |
selbstlernender Algorithmus recht zuverlässig die Nachfrage nach Bier und | |
Grillgut prognostizieren. Unter Berücksichtigung länderspezifischer | |
Besonderheiten natürlich, wie einer zu erwartenden Bevorratung mit Bier und | |
Erdbeer-Pop-Tarts angesichts eines sich nähernden Hurrikans an der | |
US-Küste. Ja, das Leben als KI in der Einkaufsplanung einer Supermarktkette | |
könnte so einfach sein. Aber dann ist weder ein Hurrikan im Anflug noch El | |
Niño, nicht einmal ein Gewitter. Und plötzlich kaufen die Leute wie | |
verrückt Nudeln, Klopapier und Desinfektionsmittel. Wie soll man da | |
mitkommen? | |
Elon Musk setzt in Tesla-Fahrzeugen selbst viel auf KI. Die soll bei | |
[2][selbstfahrenden Autos] etwa Verkehrssituationen vorhersagen. Wenn da | |
nur nicht diese unberechenbaren Menschen wären! Vor allem Menschen, die | |
andere Fahrzeuge steuern und Verkehrsregeln mitunter eher als | |
unverbindliche Empfehlung verstehen. Bei den Herstellern überlegt man | |
schon, selbstfahrende Autos etwas aggressiver zu programmieren, damit sie | |
im Berufsverkehr nicht ewig vor dem Kreisverkehr warten. | |
Wie lange es wohl dauert, bis ausreichend defensive selbstfahrene Autos | |
unterwegs sind, um die menschlichen Fahrer:innen zur Rücksichtnahme zu | |
bewegen? Lange wahrscheinlich. Zumindest länger, als die Fahrzeug-KI | |
Wettervorhersagen und Spielpläne auswertet und die Insassen direkt zum | |
Supermarkt mit dem größten Grillgut-Bestand bringt. | |
24 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/elonmusk/status/1347165127036977153 | |
[2] /Psychologe-zu-selbstfahrenden-Autos/!5319762 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
## TAGS | |
Wir retten die Welt | |
Algorithmen | |
Digitalisierung | |
Filmbranche | |
Technologie | |
Verkehr | |
Wir retten die Welt | |
Wir retten die Welt | |
Krise der Demokratie | |
Silicon Valley | |
Selbstfahrendes Auto | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Algorithmen in der Kunst: Den Mainstream-Eintopf verhindern | |
Der Algorithmus weiß, was sich am besten verkauft. Im Kampf gegen die | |
digitale Vorhersehbarkeit gilt es, per Klick aus der Reihe zu tanzen. | |
Speicherplatz auf Computern: Wir sehen uns beim Yottabyte | |
Datenspeicher sind immer erst zu groß und dann, ganz plötzlich, zu klein. | |
Warum das so ist – und wieso das nicht nur an Herrn Moore liegt. | |
Verbraucherschützerin über vernetzte Pkw: „Mobilitätsdaten sind ein Schatz… | |
Schon beim Autofahren hinterlässt man Datenspuren. Was das für das autonome | |
Fahren heißt, erklärt die Verbraucherschützerin Marion Jungbluth. | |
Corona-App im Einsatz: Mantel, Mütze, tanzende Dinosaurier | |
Unterwegs mit der Corona-App: 20 Minuten im Supermarkt: 29 IDs. Eine Stunde | |
zu Fuß draußen: 273 IDs. Fehlen nur noch ein paar knallbunte Tiere. Oder? | |
Software überall: Ein Abo für die 60-Grad-Wäsche | |
Software in der Waschmaschine und am Kaffeeautomaten? Damit lässt sich | |
einiges anstellen. Es stehen rosige Zeiten bevor – für die Industrie. | |
Sperrung des Trump-Accounts auf Twitter: Symbolische Notbremse | |
Twitter und Co haben das Emanzipationspotenzial der Informationstechnologie | |
verraten. 2021 könnte der Anfang vom Ende der IT-Monopolisten werden. | |
Gewerkschaftsgründung bei Google: Die Macht des Kollektivs | |
Eine Seltenheit im Silicon Valley: US-Beschäftigte von Google haben eine | |
Gewerkschaft gegründet. Ihr Potenzial sollte nicht unterschätzt werden. | |
Psychologe zu selbstfahrenden Autos: „Der Sicherheitsgurt von morgen“ | |
Etwas Skepsis sei angebracht angesichts der Entwicklung zum | |
softwaregesteuerten Fahren, sagt Martin Baumann. Auch die Autohersteller | |
müssten umdenken. |