# taz.de -- Queere Bauwagensiedlung in Berlin: Zuhause, das sind wir | |
> Timmi und Nino sind Teil des Kollektivs „Mollies“, das in der Berliner | |
> Rummelsburger Bucht auf einem Wagenplatz lebt. Über das Konzept „Safer | |
> Space“. | |
Um nach Hause zu kommen, müssen Timmi und Nino zuerst ein großes Tor | |
aufschließen und einen Metallhebel betätigen. Auf den fünfzig Metern bis | |
zur nächsten Tür knirschen Sandkörner zwischen ihren Füßen und Betonplatten | |
aus DDR-Zeiten. Als sie an diesem kühlen Freitagmorgen, eingepackt in | |
Mütze, Jogginghose und gepolsterte Jacke, über den Platz schlurfen, fährt | |
ein Bagger vor ihnen vorbei. Auch der gehört inzwischen zu ihrem täglichen | |
Weg. | |
„Hier haben sie schon vor einem Jahr angefangen zu bauen. Das hier wird | |
eine Straße“, sagt Timmi und zeigt mit gestrecktem Arm auf platt gewalzten | |
Sand. „Da hinten war vorher ein Wagenplatz. Schau, was übrig ist.“ Ein | |
eingezäunter Haufen Schrott, an dem einzelne Fäden goldener Folie hängen. | |
In den Baracken daneben gab es einmal Holz- und Fahrradwerkstätten, heute | |
stehen sie leer. Was einst von vielen belebt war, liegt nun brach. Doch | |
Timmi und Nino wollen bleiben. | |
Timmi und Nino sind Teil des zehnköpfigen Kollektivs „[1][Mollies]“, das in | |
der Berliner Rummelsburger Bucht auf einem Wagenplatz lebt. Das ist dort, | |
wo sich der Osten der Stadt gerade am stärksten mausert. Der neue Bahnhof | |
Ostkreuz, großzügige Büro- und Wohneinheiten, ein Aquarium auf mehreren | |
Ebenen mit Spielplatz und Gastronomie – all das braucht Platz. Dafür muss | |
anderes weichen: alle Clubs, Hausboote, bezahlbare Wohnungen, | |
Obdachlosencamps, bestimmungslose Orte und Freiräume zwischen Mole und | |
Hauptstraße. Es geht um mehr als Berlin. | |
Hinter der zweiten Tür sind Bauwagen in einer Reihe geparkt. Das Heulen | |
einer Flex dringt herüber. Die Wagen sind bunt bemalt. Vor einigen führt | |
eine Veranda, bei anderen eine Treppe auf die verspielt gepflasterten Wege, | |
an denen Möbel- und Pflanzengruppen stehen. Timmi blickt auf eine | |
Metallschale, die auf dem Boden steht, und stupst sie mit der Spitze des | |
linken grauen Sneakers an. Ein Klumpen Eis tanzt im Wasser der Schale. | |
„Alles ist gefroren“, sagt Timmi. | |
## Der Kaffee wird im Freien gekocht | |
Bevor Timmi morgens die Gasflasche aufdreht und die Heizung anstellt, ist | |
es auch im Bauwagen kalt. Der Kaffee wird im Freien gekocht, und auch um | |
Dusche und Toilette sind keine festen Mauern gebaut. Und doch sagt Timmi: | |
„Für mich ist es ein echter Luxus, hier zu leben.“ Timmi liebt es, draußen | |
zu sein und Dinge zu bauen, selbst im Winter. „In einer Wohnung ist alles | |
festgelegt. Du kannst vielleicht die Wände anmalen, aber wenn du ausziehst, | |
musst du sie wieder weißen“, sagt Timmi, die Hände, rot vor Kälte, in die | |
Jackentaschen drückend. | |
„Wenn es mir hier um etwas geht, dann nicht darum, wie kalt es im Winter | |
ist“, mischt sich Nino ein. „Zentral ist doch, dass ich hier in einer | |
[2][queeren Community] lebe. Wir teilen gemeinsame Prinzipien und Kämpfe. | |
Auf dieser Grundlage entscheiden wir gemeinsam, wie wir leben wollen.“ | |
Timmi und Nino geben einen Einblick in dieses Leben: in die große Küche, | |
die keine Wände hat und dennoch Wärme ausstrahlt; in ihre Gewohnheiten, die | |
gar nicht so anders sind als die gewöhnlicher Wohngemeinschaften; in ihren | |
Alltag, der nicht immer komfortabel ist, sie aber glücklich macht. | |
Außerhalb des Platzes ist das Leben für sie nicht nur unkomfortabel, | |
sondern mitunter gefährlich. Auch deswegen möchten die beiden ihren vollen | |
Namen nicht gelesen wissen. | |
Timmi ist nichtbinär, findet sich also nicht auf einem der beiden Pole | |
„männlich“ und „weiblich“ wieder. Nino ist ein Mann, und Nino ist tran… | |
Bei seiner Geburt wurde ihm das weibliche Geschlecht zugeschrieben, dem er | |
sich nie zugehörig fühlte. Mit dem Outing konnte sein richtiges Leben | |
beginnen. Doch an der Stelle innerer Konflikte stehen nun äußere. „Wie | |
viele queere Menschen werde ich von meiner Familie abgelehnt“, sagt Nino. | |
„Trans – das ist nichts, was sie respektieren oder auch nur verstehen | |
würden. Sie geben keinen Rückhalt und sind kein Netz, in das ich fallen | |
könnte. Hier auf dem Platz versuche ich, das zu erschaffen, was in meinem | |
Leben fehlt.“ | |
Die Historikerin [3][Lea Horvat] beschäftigt sich an der Universität | |
Hamburg mit der Frage, was „zu Hause“ eigentlich ist. Der taz erklärt sie: | |
Nino ist es wichtig, in einem Safer Space zu leben. „Im engeren Sinne | |
verstehen wir darunter Orte für Marginalisierte, in denen sie sich | |
austauschen können, ohne Angst haben zu müssen, dass ihre Erfahrungen | |
diskreditiert werden“, sagt Horvat. | |
In der LGBTIQ*-Bewegung erlangte das Konzept laut Horvat in den 1960ern | |
größere Bedeutung: Die Bar Stonewall im New Yorker Greenwich Village war | |
ein Safer Space für die queere Community. Zugleich war sie akut gefährdet | |
und der Gewalt ausgesetzt. „Die Entstehungsgeschichten solcher Orte ähneln | |
sich: Eine bestimmte Gruppe organisiert sich und schafft sich einen eigenen | |
Raum – und zwar in einer Gesellschaft, die sie systematisch unterdrückt und | |
unsichtbar macht“, sagt Horvat. | |
Auch der Wagenplatz der „Mollies“ reiht sich in diese Geschichte ein. Ein | |
selbstverständliches Leben können die Bewohner*innen nicht an jedem | |
beliebigen Ort führen. Auch in der Großstadt fehlt es häufig an Akzeptanz. | |
„Als queere Person lebst du in einer Welt, die dir nicht immer freundlich | |
begegnet oder gut auf dich reagiert. Wenn ich nach Hause komme, dann komme | |
ich zu Menschen, die diese Probleme anerkennen können“, sagt Nino. | |
Reibungen gebe es überall, auch hier auf dem Platz, sagt Timmi. „Doch wir | |
versuchen, umsichtig miteinander zu sein.“ | |
Dazu gehört auch, dass englisch gesprochen wird, damit sich alle verstehen. | |
Das Miteinander hat einen hohen Stellenwert. Auch in diesem Gespräch | |
vergewissern sich Nino und Timmi hin und wieder mit Blicken, ob sie ihre | |
Aussagen als passend für das Kollektiv empfinden. Auf dem Platz leben zehn | |
Menschen, manche studieren, andere arbeiten. Über sich persönlich sprechen | |
Nino und Timmi dennoch selten. Das Kollektiv bietet Schutz. „Wir glauben | |
nicht daran, dass es wirklich Safe Spaces gibt“, sagt Timmi, „aber manche | |
Orte sind eben sicherer als andere.“ | |
Diese Auffassung ist laut Lea Horvat inzwischen weitverbreitet. „Kein Raum | |
ist total und für immer diskriminierungsfrei“, sagt die Historikerin. „Es | |
kann etwa sein, dass in einem für eine lesbische Community errichteten Safe | |
Space rassistische oder antimuslimische Sprüche vorkommen. Kein Ort ist | |
absolut sicher für alle. Sich dies einzugestehen kann helfen, weiter | |
bestehende Ausschlüsse aufzuarbeiten.“ Deshalb wird häufig von Safer Spaces | |
gesprochen – Orten, die sicherer sind als andere. | |
## „Divers“ ist in – und doch jenseits der Wahrnehmung | |
Die „Mollies“ sind nicht von identischen Diskriminierungserfahrungen | |
gezeichnet. Was sie teilen, ist die Idee von einem Raum, in dem | |
Sensibilität und Respekt herrschen. „Wir versuchen, einander wirklich zu | |
sehen“, sagt Nino und schaut zu Timmi. Während Nino mit seinem Bart meist | |
als Mann gesehen wird, bedeutet es für Timmi immer Stress, den Platz zu | |
verlassen. | |
Bäckereiketten schreiben Jobs inzwischen auch für „diverse“ Personen aus. | |
Seit 2018 gibt es selbst im Personenstandsregister eine „dritte Option“. | |
Und doch unterscheiden die meisten Menschen innerhalb des Bruchteils einer | |
Sekunde, ob sie ihr Gegenüber als Mann oder Frau sehen. „Ich verbringe so | |
viel Zeit damit, mir zu überlegen, welche Kleidung ich heute trage“, sagt | |
Timmi. Wer vor dem Kleiderschrank steht, fragt sich bestenfalls: Worauf | |
habe ich heute Lust? Manchmal auch: Sehe ich darin dick aus? Timmi fragt | |
sich in solchen Momenten: „Wie lesen mich die Leute heute? Was kann ich | |
heute aushalten?“ Die Fragen kommen in der Voraussicht: Vor dem Platz | |
werden sie Timmi wieder er oder sie nennen. | |
„Die meisten Leute können nicht verstehen, wieso es so verletzend ist, | |
immer wieder falsch angesprochen zu werden. Wie denn auch? Es ist ihnen nie | |
passiert“, sagt Timmi. Vor dem großen Tor zur Hauptstraße wartet der | |
Alltag, in dem die Identität von Timmi den meisten Menschen bestenfalls | |
„ein bisschen egal ist“, schlimmstenfalls zu offenen Aggressionen führt. | |
„Zu Hause muss ich nicht darauf achten, was ich trage. Zu Hause kann ich | |
einfach sein, wer ich bin“, sagt Timmi. | |
Die Historikerin Lea Horvat erzählt eine Geschichte, die an Timmis Aussagen | |
erinnert. „Die US-amerikanische Literaturwissenschaftlerin bell hooks | |
beschreibt in einem zentralen Text den Weg zu ihrer Oma, vorbei an weißen | |
Blicken von weißen Verandas einer vorwiegend weißen Nachbarschaft. Als die | |
Oma sie herzlich begrüßt und sie hinter der Tür verschwinden, ist sie auf | |
einmal erleichtert. Sie ist in einem Safe Space – an einem Ort, an dem der | |
spürbare Rassismus der Außenwelt kurz abgemildert werden kann“, sagt | |
Horvat. „Hooks zeigt, dass das Zuhause nicht nur ein regressiver Ort für | |
Reproduktionsarbeit ist, sondern auch Selbstwertgefühl und Geborgenheit | |
vermitteln kann; ein Ort des Widerstands.“ | |
Selbstwertgefühl. Geborgenheit. Widerstand. Das wollen die „Mollies“ auch | |
anderen queeren Menschen vermitteln. Wenn gerade keine | |
Kontaktbeschränkungen bestehen, kommen Gäste zum Austausch, zu Saunaabenden | |
für Trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen, zum Filmabend | |
unter freiem Himmel. „Manche Menschen kommen auch einfach zum Abhängen her, | |
einfach um einen ruhigen Platz zu haben“, sagt Timmi. | |
Lea Horvat bemerkt, dass queere Safer Spaces von den Coronaschutzmaßnahmen | |
besonders betroffen sind. „Die aktuellen Vorschriften orientieren sich an | |
einem starren Verständnis von Familie, während Safer Spaces oft eine Art | |
Wahlfamilie beherbergen“, sagt sie. „Während Lockerungen für ein | |
christliches Familienfest als selbstverständlich gelten, werden Safer | |
Spaces in der Krise für überflüssig oder gar egoistisch erklärt“, sagt | |
Horvat. | |
## Die Räumung droht | |
Doch auch ohne Lockdown stecken die „Mollies“ in einer Krise. Den | |
Nachbarplatz hat der Bagger schon plattgemacht. Sie sind als nächstes dran. | |
Allein zu wissen, dass die Räumung bevorsteht, zerstört schon den Safer | |
Space, sagt Nino. „Vor allem wenn du nicht weißt, ob es in einem Monat oder | |
in einer Woche sein wird. Da hast du konstanten Druck im Kopf“. | |
Ihr Gegner ist der stadtbekannte Investor [4][Gijora Padovicz]. Er gab den | |
„Mollies“ bisher kein endgültiges Räumungsdatum bekannt, auch gegenüber … | |
taz machen Mitarbeiter:innen seiner Unternehmen dazu keine Aussage. | |
Klar ist: Die Räumung wird ein Politikum. Padowicz und die linke Szene in | |
Berlin haben eine lange und unfreundliche gemeinsame Geschichte. | |
Sie eskalierte, als Gijora Padovic im vergangenen Jahr die [5][Liebig 34], | |
ein queerfeministisches Hausprojekt in Berlin-Friedrichshain, räumen ließ. | |
2.500 Polizist:innen waren im Einsatz. Weder die Hintergründe noch die | |
Beweggründe der Bewohner:innen fanden Beachtung. In vielen Medien | |
herrschte in diesen Tagen das Narrativ von einem gewalttätigen, | |
linksextremistischen Terrorhaus. | |
„Menschen wie uns oder der Liebig 34 wird nachgesagt, wir nähmen uns | |
einfach Raum. Dabei zahlen wir Miete, und zwar gar nicht mal so wenig – für | |
einen Parkplatz. Das ist aberwitzig!“, sagt Nino und bricht dabei mehr und | |
mehr in gedrücktes Gelächter aus. Gerade schwierige Themen lassen Timmi und | |
ihn auflachen, als bewahrte sie das vor der Unerträglichkeit. Die Falten um | |
ihre Augen verraten dabei, dass sie aus dem Gröbsten raus sind. | |
## Von der Brache zum Filetstück | |
So wie das Viertel in Berlin-Friedrichhain hat auch das nördliche Ende der | |
Rummelsburger Bucht lange Zeit niemanden groß interessiert. Auf dem Papier | |
ist das Gelände bereits in den 1990ern verplant. Seitdem liegt es | |
unbeachtet zwischen Straßen und Bahnschienen. „Als die ersten Leute | |
hierherzogen, war hier alles voll Müll“, sagt Timmi und hält die Hand | |
gespannt auf Kopfhöhe. Jetzt werden die verstaubten Pläne Stück für Stück | |
wieder aufgerollt. Jene, die das Gelände einst erschlossen haben, müssen | |
nun weichen. Übrig sind nur noch ein Club, einige Hausboote und die | |
Bewohner:innen von zwei Altbauten. Sie teilen mit den „Mollies“ nicht | |
nur einen politischen Kampf, sondern auch die Waschmaschine und | |
Lebensmittel. | |
Für die gemeinsamen Vorräte gibt es einen großen Kühlschrank. Daneben steht | |
eine geräumige Sitzecke, der Strauß Nelken auf dem Tisch ist frisch. Die | |
Überdachung aus Wellblech und Planen ist so hoch wie eine Garage für | |
Traktoren. Statt Wänden ranken sich Pflanzen an der einen Seite der Küche | |
hinab, auf der anderen Seite des Daches liegt eine kleine Werkstatt mit | |
Tischen, Werkzeug und einer Nähmaschine. Rundherum liegen Bauwagen wie | |
Zimmer. Am Mittag steht auf dem Herd noch der Espressokocher vom Morgen, | |
darüber hängt ein Feuermelder. | |
Manchmal essen die „Mollies“ gemeinsam, manchmal allein oder zu zweit. Wie | |
in anderen Wohngemeinschaften wird die Küche zum Treffpunkt. So auch einige | |
Wochen später, an einem märchenhaften Wintertag. Der Platz ist in Schnee | |
gehüllt. Sonnenstrahlen verfangen sich im Heizungsdampf eines Bauwagens zu | |
einer leuchtenden Wolke. Tiefes Hundegebell, mehrstimmiges Lachen und das | |
Geräusch von zersplitterndem Holz füllen die Luft. Es ist so kalt, dass | |
selbst das Wasser in den Leitungen eingefroren ist. Die Nachbar:innen | |
helfen aus. | |
In den letzten Jahren entstanden Bündnisse, runde Tische und | |
Demonstrationen, um die sehr unterschiedlichen Lebensräume in der | |
Rummelsburger Bucht zu erhalten. Die Erfolgsaussichten gehen trotzdem gen | |
null. „Inzwischen müssen wir überlegen: Wie viel Energie haben wir, um | |
etwas zu erkämpfen, was schon verloren ist?“, sagt Timmi. Investor Padowicz | |
will noch bis zum ersten Spatenstich seine Miete kassieren. Die „Mollies“ | |
haben sich auf das Spiel eingelassen. Es verschafft ihnen Zeit. Seit über | |
einem Jahr sucht das Kollektiv nach einem Ausweichplatz. Bisher | |
vergeblich. | |
„Bevor ich den Platz hier gefunden habe, hatte ich nicht ausschließlich | |
nach einem rein queeren Space gesucht – gerade könnte ich mir aber nichts | |
anderes mehr vorstellen“, sagt Timmi. Auch in eine Wohnung will Timmi nicht | |
zurück. „Meine Katze würde mich für immer hassen, wenn ich wieder in eine | |
Wohnung ziehen würde“, sagt Timmi, wieder lachend, und schaut zu dem Wagen | |
mit der Katze im Fenster hinüber. „Wahrscheinlich würde auch ich in | |
Depression verfallen. Alles, was ich habe, ist in diese Box gebaut.“ Dann | |
ist wieder Ruhe, Kirchturmglocken schlagen Mittag, eine Handsäge ratscht | |
gleichmäßig durchs Holz. | |
Auch wenn Timmi es liebt, draußen zu sein, und das Berliner Umland Raum | |
böte – raus aus der Stadt zu ziehen ist für ihn auch keine Option. | |
„Besonders für queere Menschen ist es hart, einfach aufs Land zu gehen. | |
Hier in der Stadt gibt es wenigstens etwas Community, warum sollte man das | |
verlassen wollen?“, sagt Timmi. „Viele von uns suchen nach so einem Ort wie | |
diesem hier, an dem sie auf mehr Verständnis und Akzeptanz stoßen. Städte | |
haben da mehr zu bieten“, stimmt Nino zu. | |
Die „Mollies“ können gerade kein offener Ort für andere Queere sein. Auch | |
ohne Corona sind die Möglichkeiten auf dem Platz begrenzt. Gemeinsam in der | |
Küche sitzen ist kein Problem, aber für größere öffentliche Veranstaltungen | |
fehlt es an Fläche. „Ein richtiger Community-Space mit einer Bar ist so was | |
wie ein Traum von uns“, sagt Timmi in den Himmel blickend, als läge die | |
Erfüllung in der kühlen Winterluft. Auch ein Gästewagen wäre schön. | |
Auf einem neuen Platz könnten die „Mollies“ weiter an ihrem Rahmen | |
schleifen. „Wenn wir in Zukunft vielleicht einen anderen Platz finden, wäre | |
es gut, wenn er leichter …“, Timmi sucht nach Worten. „… leichter | |
zugänglich wäre“, sagt Nino und lacht. Der jetzige Platz liegt versteckt | |
und ist verschlossen, manch andere Wagenplätze sind frei zugänglich. „Ich | |
denke, beides hat Pros und Kontras. Es kann nervig sein, wenn irgendwelche | |
Menschen in deinem Zuhause rumlaufen und Fotos machen. Wenn Menschen | |
respektvoller wären, fiele es leichter, offener zu sein“, sagt Timmi. | |
So lange versuchen die „Mollies“, ihren jetzigen Raum zu erhalten. Eines | |
Tages wird der Bagger vom Eingang auch die letzten Reste dieses | |
Wagenplatzes zu einem Schrotthaufen machen. Aber noch nicht heute. | |
10 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.facebook.com/Mollies/ | |
[2] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/das-queer-lexikon-was… | |
[3] https://www.geschichte.uni-hamburg.de/forschung/doktoranden/horvat.html | |
[4] /Satirischer-MieterInnenprotest/!5600408 | |
[5] /Hausprojekt-Liebig-34-in-Berlin/!5719147 | |
## AUTOREN | |
Pia Stendera | |
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