| # taz.de -- Besetzer*innen über Flinta*-Raum: „Wir haben einen Nerv getroffe… | |
| > Aktivist*innen möchten in der Bremer Dete einen Raum für Frauen, Lesben, | |
| > Inter-, non-binäre, Trans- und a-Gender-Personen (Flinta*) schaffen. | |
| > Warum? | |
| Bild: Die Dete in der Bremer Neustadt | |
| taz: Warum braucht Bremen einen Raum für Frauen, Lesben, Inter-, | |
| non-binäre, Trans- und a-Gender-Personen, kurz: Flinta*? | |
| Lotta: Dass sich eine Gruppe von Menschen zusammentut und viel Zeit, | |
| Energie und Nerven darauf verwendet, einen solchen Raum zu schaffen, ist | |
| doch der Beweis dafür, dass es einen solchen Raum braucht! | |
| Annika: Hier gibt es sowieso zu wenig Kulturräume, vor allem aber keine | |
| eigenen Räume nur für Flinta* und auch nur sehr wenige Veranstaltungen für | |
| sie. Für Inter- und non-binäre Personen gibt es überhaupt keine Angebote. | |
| In den letzten Wochen wurden Sie mehrmals angegriffen. | |
| Lotta: Es gab Schmierereien, es wurden Böller geworfen und es wurde eine | |
| FDP-Fahne draußen an die Dete gehangen. | |
| Haben Sie eine Vermutung, wer dahinter steckt? | |
| Annika: Es gibt es einige Anwohner*innen und andere Leute, die ein Problem | |
| mit uns haben und nicht kommunizieren wollen. Genau wissen wir es nicht, | |
| aber es gibt da irgendwie eine feindliche Haltung. Das zeigt ja schon, dass | |
| wir einen Nerv getroffen haben. | |
| Haben alle Anwohner*innen ein Problem mit Ihnen? | |
| Annika: Es gibt auch nach wie vor ganz viel Solidarität von Anwohner*innen | |
| und das ist sehr schön. | |
| Welchen Gefahren sind Flinta* in Bremen ausgesetzt? | |
| Annika: Flinta* sind in einer patriarchalen Gesellschaft einer Vielzahl von | |
| Ausgrenzungs- und Gewalterfahrungen ausgesetzt, sei es durch Sexismus, | |
| Queer-Feindlichkeit oder Rassismus. Das kann ganz verschiedene Formen | |
| annehmen: Flinta* können sich nicht überall sicher fühlen, sie müssen | |
| Diskriminierungserfahrungen machen und können sich nicht so ausleben, wie | |
| sie möchten. | |
| Lotta: Vielen Frauen in der Mehrheitsgesellschaft ist schon bewusst, dass | |
| sie unterdrückt und benachteiligt sind. Personen, die noch auf andere Arten | |
| diskriminiert sind oder politischen Minderheiten angehören, haben es aber | |
| noch viel schwerer in dieser Gesellschaft. Wir haben den Anspruch, all | |
| denen einen Platz zu geben. | |
| Finden sich solidarisierende Männern auch irgendwo Platz? | |
| Annika: Das ist auf jeden Fall ein schwieriges Thema. Wir bleiben dabei, | |
| dass das Haus selbst Flinta*-only ist, und dass auch nur Flinta* die | |
| Entscheidungen treffen. Wir freuen uns auch, wenn sich Cis-Männer | |
| solidarisch zeigen wollen. Aber es muss immer deutlich sein, dass das unser | |
| Raum ist und wir da keine Zugeständnisse machen. | |
| Wo liegt der Fortschritt, wenn Cis-Männer kategorisch ausgeschlossen | |
| werden? | |
| Lotta: Es geht erst einmal darum, dass es einen Raum gibt, an dem ich mich | |
| sicher fühle. | |
| Annika: Wir möchten einen Raum bieten für politische Plena, für | |
| Veranstaltungen und für den Austausch über Themen – der in einem Rahmen | |
| stattfindet, in dem die Leute sich offen äußern können und sich nicht durch | |
| cis-männliches Sprechverhalten dominiert fühlen müssen. | |
| Tommy: Oft wird uns von Cis-Männern Ausgrenzung unterstellt. Aber es ist in | |
| dieser patriarchalen Gesellschaft wichtig, diesen Freiraum zu haben. Und | |
| wenn Cis-Männer an diesem kleinen Ort nun mehr oder weniger ausgegrenzt | |
| werden, ist das eine Erfahrung, die sie sonst so nicht machen müssen. | |
| Wie dürfen Sie die Dete derzeit überhaupt nutzen? | |
| Lotta: Zur Zeit findet keine Besetzung statt! Die Klage des Eigentümers | |
| wurde zurückgezogen. Er hat im Prinzip gesagt: Unsere Gruppe kann das Haus | |
| für ein Jahr nutzen, aber die Stadt muss sich darum kümmern. Gerade können | |
| wir uns also legal hier aufhalten und sind nun dabei, die Situation durch | |
| Gründung eines Vereins auf rechtlich stabile Füße zu stellen. | |
| Wie stehen Sie zu finanzieller Unterstützung durch die Stadt? | |
| Annika: Uns ist wichtig, dass wir uns nicht in unsere inhaltlichen | |
| Entscheidungen hineinreden lassen. Wir würden uns gerne selbst finanzieren | |
| können. Das ist gerade, auch aufgrund von Corona, nicht möglich. Insofern | |
| finden wir es auch okay, Fördergelder anzunehmen. | |
| Was ist von der „rosaroten Zora“ und der ursprünglichen Besetzung | |
| übriggeblieben? | |
| Annika: Wir sind ja nicht dieselbe Gruppe, sondern haben uns während der | |
| Besetzung auf der Straße zusammengefunden und danach das Haus übernommen. | |
| Was unterscheidet Sie? | |
| Annika: Im Gegensatz zur „rosaroten Zora“ haben wir den Weg gewählt, | |
| verhandeln zu wollen. Die „rosarote Zora“ hatte das abgelehnt. Wir können | |
| also nicht für sie sprechen. | |
| Fühlen Sie sich von der Politik verstanden? | |
| Lotta: Vor allem mit den Personen, mit denen wir gerade in Kontakt stehen, | |
| haben wir ein gutes Gesprächsklima. | |
| Links organisierte Gruppen werden schnell mit gewaltbereit-anarchistischen | |
| Aktionen in Verbindung gebracht. Schadet das Ihrem Ruf? | |
| Annika: Was ich bezeichnend finde: Akteure wie die CDU bringen uns lieber | |
| mit irgendwas in Verbindung oder halten sich an Sachen auf wie: „Da ist ein | |
| Bürgersteig nicht frei“ – anstatt sich um unsere Anliegen zu kümmern. | |
| Tommy: Allerdings stehen wir unter ständiger Polizei-Beobachtung. Teilweise | |
| gibt es da auch willkürliche Aktionen wie Ausweis-Kontrollen. | |
| Kritiker*innen sagen, dass man Ihnen den roten Teppich ausrolle, was unfair | |
| anderen gegenüber sei, die sich legal um einen Raum bemühen. | |
| Annika: Ich finde das unfair und sehe nicht, dass wir den roten Teppich | |
| ausgerollt bekommen. Außerdem nehmen wir ja keiner anderen Gruppe | |
| irgendetwas weg. | |
| Fühlen Sie sich von den Politiker*innen, mit denen Sie sprechen, | |
| instrumentalisiert? | |
| Lotta: Natürlich hat Politik immer etwas mit Profilierung zu tun. Aber ich | |
| glaube auch, dass die Personen, mit denen wir sprechen, uns zuhören, uns | |
| verstehen und versuchen, gemeinsam mit uns auf eine Lösung hinzuarbeiten. | |
| Wie organisieren Sie sich? | |
| Annika: Wir haben ein großes Plenum, das die Entscheidungen trifft und | |
| einzelne Arbeitsstrukturen, die eigene Bereiche übernehmen. | |
| Die Dete können Sie nur zwischennutzen – das ist keine langfristige Lösung. | |
| Annika: Die Stadt hat uns zugesichert, mit uns gegebenenfalls einen anderen | |
| Raum zu suchen und zu finden. Die Vereinbarung besagt, dass dauerhaft ein | |
| Flinta*-Raum in Bremen geschaffen wird und das ist uns auch wichtig. | |
| 11 Jan 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Alina Fischer | |
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