# taz.de -- Spaltung zwischen Fatah und Hamas: Abbas verspricht Wahlen | |
> Der Palästinenserführer kündigt gemeinsame Wahlen für das Westjordanland, | |
> den Gazastreifen und Ostjerusalem an. Doch die Hindernisse sind groß. | |
Bild: Fans von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas bei einer Demo im Westjor… | |
Tel Aviv taz | Angekündigt hat Mahmud Abbas Wahlen schon oft, seit er bei | |
der letzten Präsidentschaftswahl vor fünfzehn Jahren zum Präsidenten der | |
Palästinensischen Autonomiebehörde gewählt wurde. Doch so konkret wie jetzt | |
ist es noch nie geworden: Am Freitag hat der Palästinenserführer per | |
Präsidialdekret gemeinsame Wahlen für das Westjordanland, den Gazastreifen | |
und Ostjerusalem angekündigt. Die Wahl für den Palästinensischen | |
Legislativrat soll am 22. Mai stattfinden, die Präsidentschaftswahl am 31. | |
Juli. | |
„Dass Abbas die Wahlen dieses Mal per Präsidialdekret angeordnet hat, lässt | |
es wahrscheinlicher erscheinen, dass es tatsächlich Wahlen gibt“, sagt | |
Nidal Foqaha von der Palästinensischen Koalition für Frieden zur taz. „Doch | |
eine Garantie gibt es nicht“, fügt er hinzu. | |
Viele Analyst*innen haben große Zweifel. Sie sehen Abbas’ Ankündigung eher | |
als Versuch, seine Legitimität in den Augen der internationalen | |
Gemeinschaft wiederzugewinnen und als Zeichen an den künftigen | |
US-Präsidenten Joe Biden, zu Friedensverhandlungen mit Israel bereit zu | |
sein. | |
Die Palästinenser*innen fanden sich im vergangenen Jahr zunehmend isoliert | |
wieder. Trumps vermeintlicher Friedensplan wurde über ihre Köpfe hinweg | |
entschieden. Die in den letzten Monaten abgeschlossenen | |
[1][Normalisierungsabkommen] zwischen verschiedenen arabischen Ländern und | |
Israel ließen die Frage nach einem [2][palästinensischen Staat] in der | |
Bedeutungslosigkeit verschwinden. | |
## Kein Interesse an Palästinenser-Wahlen | |
Tatsächlich scheinen die Wahlen weder im Interesse der im Gazastreifen | |
regierenden terroristischen Hamas-Organisation noch der im Westjordanland | |
regierenden Fatah-Partei zu liegen. Keine der beiden will riskieren, der | |
gegnerischen Partei die Kontrolle über ihren bisherigen Herrschaftsbereich | |
überlassen zu müssen. | |
Zuletzt haben die Palästinenser*innen 2006 ihren Legislativrat | |
gewählt. Hamas siegte im Gazastreifen, doch die USA und andere westliche | |
Länder weigerten sich, mit der Einheitsregierung zusammenzuarbeiten, weil | |
die Hamas internationale Forderungen wie Gewaltverzicht und die Anerkennung | |
des Existenzrechts Israels nicht akzeptieren wollte. | |
Es kam zu einem kurzen Bürgerkrieg zwischen beiden palästinensischen | |
Gruppen. Er endete im Juni 2007, als die Hamas im Küstenstreifen Gaza die | |
Kontrolle übernahm und Abbas eine Notstandsregierung im Westjordanland | |
bildete. Die politische und geografische Spaltung machte seitdem gemeinsame | |
Wahlen unmöglich. | |
Auch Israel hat laut Ronni Shaked vom Jerusalemer Harry-S.-Truman-Institut | |
für Friedensentwicklung kein Interesse an Wahlen in den palästinensischen | |
Gebieten: „Das rechtsgerichtete Israel des Likud wird den Palästinensern | |
keine Chance auf Wahlen geben, und der Hamas nicht die Möglichkeit, ins | |
Westjordanland zu kommen“, so Shaked zur taz. | |
Außerdem könnte ein Urnengang eine Versöhnung zwischen Gaza und | |
Westjordanland bedeuten – auch dies wolle Israel nicht erlauben. | |
Dementsprechend werde Israels Regierung beispielsweise nicht ermöglichen, | |
dass die in Ostjerusalem lebenden Palästinenser*innen von dort ihre | |
Stimme für eine palästinensische Führung abgeben dürfen, obwohl sie seit | |
den Oslo-Abkommen dazu berechtigt sind. | |
17 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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