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# taz.de -- Schüsse auf Flüchtling in Stade: Notwehr mit Fragezeichen
> Die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlung um die Polizeischüsse auf
> Aman Alizada zum zweiten Mal ein.
Bild: Die Staatsanwaltschaft Stade möchte die tödlichen Schüsse nicht vor Ge…
Hannover taz | Für „glasklare Notwehr“ hält die Staatsanwaltschaft Stade
die fünf Schüsse, die ein Polizist im August 2019 in einer
Flüchtlingsunterkunft in Stade-Bützfleth auf den 19-jährigen Aman Alizada
abgegeben hat.
Zu dieser Einschätzung ist sie schon im Juni 2020 gekommen, als sie das
Verfahren gegen den Beamten zum ersten Mal eingestellt hat. Doch dann
musste sie die Ermittlungen auf Weisung der Oberstaatsanwaltschaft Celle
noch einmal aufnehmen. Der Bruder des Getöteten, die örtliche
Bürgerinitiative Menschenwürde und der Flüchtlingsrat Niedersachsen
[1][werden nicht müde, auf ungeklärte Fragen und Widersprüche in dem Fall
hinzuweisen].
Nun hat die Staatsanwaltschaft Stade das Verfahren zum zweiten Mal
eingestellt und die Begründung, sagt Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat,
klingt fast genauso wie beim ersten Mal. Der einzige Unterschied ist: Man
hat die Vernehmung des Beamten nachgeholt, der beim ersten Mal nicht gehört
worden war. Für die Flüchtlingshelfer*innen sind aber andere Punkte
zentral.
[2][Aman Alizada flüchtete Ende 2015 im Alter von 15 Jahren unbegleitet]
aus Afghanistan nach Deutschland. Unstrittig ist, dass er psychische
Probleme hatte und an diesem Tag – nicht zum ersten Mal – in der Unterkunft
randalierte und seinen Mitbewohner in Angst und Schrecken versetzte. Der
flüchtete und rief die Polizei.
## Forensisches Gutachten widerspricht der Notwehr-Darstellung
Als die vier Beamten eintrafen, befand sich Alizada allein in einem
verschlossenen Raum. Warum also musste es überhaupt zu einer
Notwehrsituation kommen? Warum war es nicht möglich, auf einen Dolmetscher
oder jemanden, der im Umgang mit psychisch Kranken geschult ist, zu warten?
Auch an der Notwehr gibt es Zweifel: Ein Gutachten besagt, dass Alizada
saß, hockte oder lag als die Schüsse ihn trafen. Die Staatsanwaltschaft
schenkte aber der Darstellung des Polizisten mehr Glauben, der sagte,
Alizada habe ihn mit einer Hantelstange angegriffen und sich auch von einem
Schuss in die Schulter nicht stoppen lassen.
Zeugen für den unmittelbaren Tathergang gibt es nicht, der Polizist war
allein mit dem 19-Jährigen im Zimmer. Die Kolleg*innen waren draußen in
Deckung gegangen.
Der Bruder des Getöteten hat angekündigt, erneut Beschwerde gegen die
Einstellung des Verfahrens einlegen zu wollen. Er fordert vor allem, dass
die Ermittlungen von einer anderen, unabhängigeren Staatsanwaltschaft
überprüft werden. [3][Auch der Flüchtlingsrat] und die BI gehen davon aus,
dass sich diese Vorwürfe letztlich nur in einem Gerichtsverfahren sauber
klären und erörtern lassen.
## Weitere Konsequenzen gefordert
Sie fordern zudem Konsequenzen: Die Betreuung traumatisierter Jugendlicher
müsse verbessert werden, Polizisten sollten im Umgang mit psychisch Kranken
besser geschult werden, problematische Einsätze bei einer unabhängigen
Ombudsstelle gemeldet und untersucht werden.
13 Jan 2021
## LINKS
[1] /Tod-des-Gefluechteten-Aman-Alizada/!5705594
[2] /Durch-Polizeischuesse-getoeteter-Afghane/!5629250
[3] https://www.nds-fluerat.org/aktionen/toedlicher-polizeieinsatz-in-stade/
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Stade
Polizei Niedersachsen
Geflüchtete
Tödliche Polizeischüsse
IG
Stade
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Lesestück Recherche und Reportage
Stade
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