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# taz.de -- Forderung nach kostenlosen FFP2-Masken: Arm, aber vorbildlich
> Während alle Bürger:innen in Bremen kostenlos FFP2-Masken erhalten
> sollen, unterstützen andere Länder im Norden Ärmere nur geringfügig.
Bild: Schützt, aber für viele zu teuer: FFP2-Masken
Hamburg taz | Seit Montag gilt fast überall im Norden [1][die verschärfte
Pflicht zum Tragen von medizinischen Masken]. Nun wird immer intensiver
über die dadurch entstehende Belastung für ärmere Menschen debattiert.
„Diejenigen, die bedürftig sind, müssen ihr weniges Geld jetzt in die
relativ teuren Masken investieren“, beklagt etwa der Vorsitzende des
Sozialverbands SoVD in Hamburg, Klaus Wicher.
Die Rufe von Wohlfahrtsverbänden nach besserer Unterstützung für Arme
werden lauter, auch weil die Bundesländer im Norden unterschiedliche
Ansichten über den notwendigen Umfang von Hilfe haben.
Im rot-rot-grün regierten Bremen [2][sollen alle Bürger:innen im Alter
von 15 bis 59 Jahren kostenlos FFP2-Masken erhalten]. „Wir sind überzeugt,
dass dies ein pragmatischer und effektiver Beitrag zur Eindämmung des Virus
ist“, sagte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) nach der Entscheidung
am Freitag. Per Post will die Stadt fünf Masken pro Person verschicken.
Bei den Über-60-Jährigen sei das nicht nötig, da diese Gruppe bereits mit
der Verteilung durch das Bundesgesundheitsministerium versorgt ist. Anfang
Februar, wenn auch in Bremen als letztem Land im Norden die verschärfte
Maskenpflicht gilt, soll es mit dem Versenden der Masken losgehen.
## Geringe Sonderzahlungen
Viel Lob für diese Entscheidung kommt von den grünen, Links- und
SPD-Fraktionen in den anderen Nordbundesländern – sofern sie in ihrem
Bundesland in der Opposition sitzen.
In Schleswig-Holstein hat die SPD die Landesregierung aufgefordert, alle
Bürger:innen des Landes kostenlos mit FFP2-Masken auszustatten. Die
Belastungen für die Bürger:innen seien schon hoch. „Deshalb kann der
Staat auch nicht kneifen, wenn es darum geht, seine Bürger mit dem
bestmöglichen Schutz zu versorgen“, sagt die stellvertretende
Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli.
Diese Möglichkeit sei zwar Medienberichten zufolge in der Landesregierung
geprüft worden, allerdings scheint die Idee, wohl auch wegen der hohen
Kosten, vom Tisch. Ebenso wie Schleswig-Holstein hat auch die von der SPD
angeführte Landesregierung in Niedersachsen noch keine konkrete
Unterstützung angekündigt.
Am heutigen Dienstag will die schleswig-holsteinische Landesregierung
immerhin eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, mit der Menschen,
die auf Grundsicherung angewiesen sind, eine monatliche Sonderzahlung von
10 Euro für den Kauf von Masken erhalten sollen. „Die Landesregierung nimmt
mit dieser Initiative ihre sozialpolitische Verantwortung für die
Schwächeren in der Gesellschaft wahr“, sagt Wirtschaftsminister Bernd
Buchholz (FDP).
## In Hamburg gibt's nun 20 Euro
Allerdings dürfte es – sollte der Vorschlag auch bei den anderen
Bundesländern auf Zustimmung stoßen – noch einige Wochen dauern, ehe die
finanzielle Unterstützung bei den darauf angewiesenen Menschen ankommt: So
ist die nächste Sitzung des Bundesrats erst wieder Mitte Februar.
In Hamburg ist es nicht die SPD, die kostenlose FFP2-Masken für alle
fordert, sondern die Linkspartei. „Die Behörden müssen sicherstellen, dass
Geringverdienende, Hartz-IV-Empfänger:innen, Obdachlose und Geflüchtete
weiterhin für ihren täglichen Bedarf einkaufen und den ÖPNV nutzen können�…
fordert Stephanie Rose, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion in
der Hamburger Bürgerschaft.
Wie die SPD in Schleswig-Holstein verweist auch die Linke in Hamburg auf
Bremen als Vorbild. Auf ein bisschen mehr Unterstützung können ärmere
Hamburger:innen allerdings seit Montag bauen.
Der Hamburger Senat hatte beschlossen, die Forderung, die
Schleswig-Holstein über den Umweg Bundesrat erreichen will, eigenständig
umzusetzen: Empfänger:innen von Leistungen wie Hartz IV sollen für die
Monate Februar und März einen Zuschuss von jeweils zehn Euro erhalten,
teilte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) mit. „Die zusätzlichen Kosten
sollen Leistungsempfänger nicht zusätzlich belasten“, sagt sie.
## Unzureichender Schutz
Dabei ist aus Sicht der Sozialverbände fraglich, ob ein paar wenige Euro
Unterstützung [3][überhaupt das Problem auffangen] – bei einem Stückpreis
von teils bis zu fünf Euro und einer nur zeitlich begrenzt schützenden
FFP2-Maske ist das Geld schnell aufgebraucht.
„Kostenlose Masken für Arme sind ohnehin nur der berühmte Tropfen auf den
heißen Stein“, sagt Klaus-Dieter Gleitze, Geschäftsführer der
Landesarmutskonferenz Niedersachsen (LAK). Betrachte man die gegenwärtige
Situation insgesamt, seien kostenlose Masken für Arme als Maßnahme zum
Schutz unzureichend. Und angesichts des bürokratischen Aufwands einer
Verteilung könne es ohnehin noch dauern, ehe alle Betroffenen Masken
erhielten.
Deshalb sollten nun die Hilfen für einen besseren Schutz ärmerer Menschen
über die Bereitstellung von kostenlosen Masken hinausgehen: „Sinnvoller
wäre daher die sofortige Umsetzung einer Corona-Einmalzahlung zur Abdeckung
von seuchenbedingten Mehrausgaben für Arme in Höhe von 1.000 Euro“, sagt
Gleitze.
25 Jan 2021
## LINKS
[1] /Abschied-von-Stoffmasken/!5743669
[2] /Freie-Maskenstadt-Bremen/!5743789
[3] /Betrug-beim-Maskenkauf/!5745726
## AUTOREN
André Zuschlag
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