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# taz.de -- Milliardenkosten für Gratis-FFP2-Masken: Leicht zu überzeugen
> Stolze 6 Euro pro Maske bekamen Apotheken vom Staat. Jens Spahn steht
> dafür in der Kritik. Beteiligt war aber auch das Ministerium von Olaf
> Scholz.
Bild: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat den hohen Preisen nicht widersprochen
Berlin taz | Das Geschenk an die Apotheken ist für Jens Spahn in den
letzten Monaten ein echtes Problem geworden. 6 Euro hat der
Gesundheitsminister den Apotheker*innen im Dezember für jede FFP2-Maske
versprochen, die sie im Auftrag des Staats an Angehörige von Risikogruppen
ausgeben. 2,5 Milliarden Euro ließ er im Haushalt reservieren. Ein stolzer
Preis, [1][der dem CDU-Politiker bis heute Kritik einbringt]. Hätte der
Staat die Masken den Betroffenen einfach direkt geschickt, hätte man „mehr
Leute erreicht und es wäre nicht teurer gewesen“, sagte etwa der
[2][SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem NDR].
Allerdings: An der Preisgestaltung waren in der Bundesregierung auch die
Sozialdemokrat*innen beteiligt. Laut Unterlagen, die der taz
vorliegen, kam dem SPD-geführten Finanzministerium die Gewinnmarge für die
Apotheken zunächst zwar erstaunlich hoch vor. Eine vierzeilige E-Mail des
Gesundheitsministeriums reichte dann aber, um das Haus von Finanzminister
und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz umzustimmen.
Das Maskenprogramm, um das es geht, startete im Dezember. 27 Millionen
Personen mit erhöhtem Coronarisiko durften erst je drei und später weitere
zwölf Gratismasken aus den Apotheken abholen. Wie das
Gesundheitsministerium auf den Erstattungspreis von zunächst 6 Euro
gekommen war, hatte der NDR im März recherchiert: Die Unternehmensberatung
Ernst & Young (EY) hatte im Auftrag der Regierung auf Onlineportalen einen
Durchschnittspreis von 4,29 Euro ermittelt, das Ministerium schlug dann
noch mal 1,71 Euro drauf.
Anderswo gab es die Masken allerdings schon damals deutlich günstiger. Die
Drogeriekette Rossmann hatte sie im Dezember zum Beispiel für 3,50 Euro im
Angebot.
## Internen Mailverkehr veröffentlicht
Den Erstattungspreis von 6 Euro für die Apotheken schrieb die
Bundesregierung in einer Verordnung fest. Den Entwurf dafür hatte das
Gesundheitsministerium am 9. Dezember an die übrigen Ressorts verschickt.
Den darauf folgenden Mailverkehr mit dem Finanzministerium erlangte die taz
jetzt mithilfe des Informationsfreiheitsgesetzes. Er ist [3][auf der
Plattform FragDenStaat.de einsehbar].
Demnach fragte eine Mitarbeiterin des Finanzministeriums nach, wie sich der
Erstattungspreis von 6 Euro zusammensetze. Eine Referentin des
Gesundheitsministeriums führte daraufhin zunächst den vermeintlichen
Durchschnittspreis von 4,29 Euro an. „Als Quelle für die Preisinformationen
wurde von ‚EY‘ das Preisvergleichsportal ‚Idealo‘ herangezogen“, schr…
sie. Hinzu kämen die Kosten, die den Apotheken durch Beschaffung, Beratung
und Abrechnung entstünden. „Zudem ist zu berücksichtigen, dass von dem
Erstattungsbetrag ein Anreiz ausgehen sollte, sich an der […] Abgabe der
Schutzmasken zu beteiligen.“
Jetzt wurde das Finanzministerium misstrauisch. Scholz' Leute fragten nach,
ob die 4,29 Euro von idealo.de der Preis für Endverbraucher*innen
seien. „Dann wäre nach hiesigem Verständnis in diesem Preis bereits eine
Gewinnmarge enthalten, auf welche dann weitere 1,70 Euro zugeschlagen
würden.“
## 98 Wörter reichten aus
Die Antwort des zuständigen Referatsleiters im Gesundheitsministerium
umfasste gerade mal 98 Wörter. Gerechtfertigt sei der Zuschlag auch, weil
die Apotheken Hygienekonzepte umsetzen müssten, schrieb der Beamte. Und: Es
sei zudem „der Aufwand zu erwähnen, der durch die notwendige Umverpackung
erforderlich wird, da Packungsgrößen von drei oder sechs Masken auf dem
Markt nicht erhältlich sein werden“.
Jetzt war das Scholz-Ministerium überzeugt. 44 Minuten nach Eingang der
Mail erklärte es sein Einverständnis.
Ob auch Olaf Scholz selbst in den Vorgang eingebunden war, beantwortete
sein Ministerium auf Anfrage der taz nicht. Die Inhalte der Verordnung,
darauf legt man Wert, verantworte federführend allerdings Spahns
Gesundheitsministerium.
Die Opposition lässt Scholz so einfach nicht davonkommen. „Es zeigt sich,
dass die SPD dort, wo sie in der Regierung konkret eingebunden war, die
überteuerte Form der Maskenverteilung über die Apotheken einfach
durchgewinkt hat“, sagt Maria Klein-Schmeink, Gesundheitsexpertin der
Grünen. „Das Finanzdesaster bei der Maskenverteilung hat mehrere Köche und
die haben den Brei gemeinsam ordentlich verdorben!“
15 Apr 2021
## LINKS
[1] /Bundesgesundheitsminister-Jens-Spahn/!5753657
[2] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/masken-aktion-gutscheine-101…
[3] https://fragdenstaat.de/anfrage/schriftverkehr-zur-coronavirus-schutzmasken…
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Jens Spahn
Olaf Scholz
Bundesregierung
Atemschutzmasken
Bundesministerium für Gesundheit
Lesestück Recherche und Reportage
Apotheken
Senat Bremen
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