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# taz.de -- Freie Maskenstadt Bremen: Ende eines Horror-Märchens
> Der rot-grün-rote Senat von Bremen will Filtering Face Pieces an alle
> Bürger*innen verschicken. Für lau, damit sich alle eine leisten
> können.
Bild: Die FFP2-Maske ist ein Kind der 1970er-Jahre und von deren Wegwerfmentali…
BREMEN taz | Hamstern Sie auch schon FFP2-Masken? Tja, dann: falscher
Wohnort. Bremer*innen haben das nicht nötig. Ihr Senat schenkt ihnen
FFP2-Masken, allen, also: allen, die älter sind als 14 Jahre. Und zwar
schickt er sie per Post, nicht dass es wieder Schlangen vor den Apotheken
gibt. Da hatten sich Mitte November die Rentner*innen gestapelt, als das
kleine Land die FFP2-Masken für die ältere Generation für lau verteilen
ließ. Da sieht man mal, wie sehr man Bremen lieben muss, so
innere-Werte-mäßig: weder sexy noch reich, aber halt einfach lieb.
Kommt ein Ding, geht das andere: Die Mode der Do-it-yourself-Mundschutze
ist ab Februar vorbei. Zwar, richtig, also mehrlagig genäht und
möglicherweise mit Zellstoff-Inlay, war ihre Filtrationswirkung jener der
zertifizierten OP-Maske laut einer [1][im Oktober publizierten] Studie der
University of Illinois mehr als nur ebenbürtig.
Auch hatte die Individualisierung durch Design die beeinträchtigte
Subjektivitätsmaschine Gesicht ein wenig am Laufen gehalten, und [2][dem
Horrormärchen, das es laut Deleuze und Guattari ist], mitunter schrille
neue Aspekte hinzugefügt. Aber seuchenpolitisch war die fehlende Normierung
der Bastelarbeit ein Problem. Denn sie hatte halt auch immer wieder Spinner
eingeladen, die bisherige Maskenpflicht dem Buchstaben nach zu befolgen und
mit Quatsch-Läppchen doch zu unterlaufen.
Also gibt’s jetzt eine Einweg-Maskenpflicht. Die bedeutet ein
Entsorgungsproblem. Gerade wenn man zum niedrigpreisigen OP-Mundschutz
greift, wird sie sich als umweltpolitisch so sinnig und segensreich
erweisen, wie es eine Plastiktütenpflicht beim Einkaufen wäre. Außerdem
schützt sie nur sehr, sehr wenig.
Besser, viel besser schneidet da das „Filtering Face Piece“ ab, das der
2001 erlassenen Euronorm 149 entspricht, zumindest, wenn man es mehrfach
verwendet. Denn die FFP2-Maske ist ganz klar ein Produkt der 1970er-Jahre,
also ein Einwegartikel, erfunden, als man zu ahnen begann, dass kleine
Partikel einzuatmen große Schäden verursacht.
Jeder Hersteller wird nun dringend abraten, auch nur darüber nachzudenken,
das Teil nicht sofort nach Gebrauch zu entsorgen. Aber das muss man nicht,
das ist klar.
Anfang des Jahres gab es gerade mal fünf peerreviewte infektiologische
Maskenstudien, hatte ein Team um Trisha Greenhalgh im April moniert, jetzt
liegen etliche vor. Und die junge und aufstrebende Disziplin der
Maskenforschung hat sich auch dem Nachhaltigkeitsproblem zugewandt und mit
Versuchsreihen an der Fachhochschule Münster [3][bahnbrechende Ergebnisse
erzielt]: Wer die Dinger eine Woche lang bei Zimmertemperatur auslüftet
oder sie bei 80 Grad – nicht mehr, nicht weniger! – eine Stunde lang bäckt,
kann sie unbesorgt weiterverwenden. Aber ausschließlich mit Unter- und
Oberhitze!
25 Jan 2021
## LINKS
[1] https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S2352431620301802#!
[2] http://www.philophil.com/philosophie/representation/Analyse/deleuze-visage.…
[3] https://www.fh-muenster.de/gesundheit/forschung/forschungsprojekte/moeglich…
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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