# taz.de -- Masken in privaten Treppenhäusern: Wenn die Nachbarn nicht mitspie… | |
> Wer ist dafür zuständig, in Treppenhäusern eine Maskenpflicht | |
> durchsetzen? Die Bremer Wohnungsbaugenossenschaft Gewoba tut sich schwer | |
> damit. | |
Bild: Feuerschutz vorhanden, Coronaschutz eher weniger: Treppenhaus, in diesem … | |
BREMEN taz | Viola Falkenberg geht es ums Prinzip. Stehen | |
Vermieter*innen in der Pflicht, die Verordnungen zum Infektionsschutz | |
in ihren Häusern durchzusetzen? Falkenberg ist stellvertretende Vorsitzende | |
des Rundfunkrats von Radio Bremen sowie Dozentin für Presse- und | |
Öffentlichkeitsarbeit an der Uni Bremen. Sie wohnt in einer von rund 42.000 | |
Wohnungen der Wohnungsbaugenossenschaft Gewoba, die zu mehr als 74 Prozent | |
in Bremer Hand ist. | |
In ihrem Wohnhaus würde außer ihr und ihrem Mann kaum jemand eine Maske | |
tragen. Und der Sicherheitsabstand von 1,5 Meter sei im gerade mal einen | |
Meter breiten Treppenhaus unmöglich einzuhalten. Das Ansteckungsrisiko im | |
Flur schätze sie höher ein als auf der Arbeit, wo Maskenpflicht herrsche. | |
Entsprechend ungern gehe sie vor die Tür, wenn ihre Nachbar*innen die | |
Treppe hoch- und runterlaufen. Neben dem mangelnden Willen, eine Maske | |
aufzusetzen, funktioniere es in ihrem Haus auch mit dem Lüften nicht, | |
moniert Falkenberg. „Die einen machen die Fenster auf, die anderen knallen | |
sie zu.“ | |
Ansteckungszahlen in Stadtteilen mit vielen Hochhäusern seien deutlich | |
höher, und das liege sicherlich auch an den Wohnverhältnissen. „Jeden Abend | |
wird in den Nachrichten gerätselt, woher die hohen Zahlen kommen, und jeden | |
Tag sehe ich im Hausflur den Beweis.“ In einem offenen Brief an die Gewoba | |
führte sie die regelmäßigen Verstöße auf und forderte zügiges Handeln. | |
Die geltende Maskenpflicht bestehe nicht in Treppenhaus- oder | |
Kellerbereichen von Mehrfamilienhäusern, hieß es im Antwortschreiben, das | |
der taz vorliegt. Kurze Begegnungen im Treppenhaus seien nach Stand der | |
Wissenschaft zudem kein Risiko für eine Ansteckung. Der Eigentümer verwies | |
auf die Coronaverordnungen der Stadt. Im März 2020 habe die Gewoba alle | |
Mieter*innen zudem per Brief dazu aufgefordert, die geltenden Regeln | |
einzuhalten. Die Verantwortung liege beim Individuum, nicht bei der | |
Wohnungsbaugesellschaft. | |
Falkenberg protestierte. Die Mieter*innen würden von der Gewoba nicht | |
ausreichend informiert. Dabei bestehe für die Vermieter*innenseite | |
zumindest eine moralische Pflicht, darauf hinzuweisen. Entsprechende | |
Aushänge gebe es nirgendwo. Nach mehrmaligem Schriftwechsel hingen | |
plötzlich Hinweise im Infokasten neben der Haustür, berichtet sie. Eine | |
Woche später auch im Nebenhaus. | |
Die Hinweise seien jedoch wenig aussagekräftig. Aus ihrer Sicht gehe daraus | |
nicht einmal hervor, dass die Hygieneregeln auch im Haus gelten – und nicht | |
nur im Supermarkt oder in der Straßenbahn. Gebracht habe es eh nichts, die | |
Situation im Haus sei unverändert. „Natürlich spielen die Wohnverhältnisse | |
eine Rolle bei der Ausbreitung“, sagt Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für | |
Präventionsforschung und Epidemiologie an der Uni Bremen. | |
Kontaktvermeidung gestalte sich in engen Verhältnissen deutlich | |
schwieriger. Zudem seien Quarantänen schlechter umzusetzen. | |
Gemeinschaftlich genutzte Räume könnten durchaus Infektionsorte sein, wenn | |
es zu engerem Kontakt komme – gerade mit Blick auf die neue, ansteckendere | |
Variante des Coronavirus. Bei mangelnder Aerosolverteilung sollten Aufzüge | |
vielleicht lieber ganz gemieden werden. | |
„Bei uns gelten die gleichen Coronaverordnungen wie überall sonst“, sagt | |
Gewoba-Sprecherin Christine Dose auf Nachfrage. Der Abstand von 1,5 Metern | |
sei einzuhalten, und wenn das nicht gehe, solle eine Maske getragen werden. | |
Es sei aber nicht Aufgabe des Eigentümers, die Einhaltung der Regeln zu | |
überwachen, sondern die der Stadt. Zur Information habe die Gewoba in den | |
größeren Gebäuden Plakate zu den Schutzmaßnahmen aufgehängt. Die Plakate | |
seien von der Stadt zur Verfügung gestellt worden und durch die eindeutige | |
Bildsprache für alle Menschen verständlich. Allerdings würden sie immer | |
entfernt. Die Treppenhäuser in größeren Objekten sowie die Aufzüge seien | |
entsprechend des Brandschutzes und der Landesbauverordnung ausreichend | |
durchlüftet. | |
Ulrich Schlüter, Ortsamtsleiter in Osterholz, sieht die Gewoba sehr wohl in | |
der Pflicht. „Es ist Aufgabe des Eigentümers, das Hausrecht durchzusetzen | |
und eine Maskenpflicht zu verordnen.“ Eine ältere Mieterin habe sich | |
kürzlich bei ihm beschwert, dass sich in ihrem Haus häufig größere | |
Menschengruppen im Eingang oder im Aufzug aufhalten würden, allesamt ohne | |
Maske. Speziell in den Eingängen der Hochhäuser mit mehren Hundert | |
Bewohner*innen sollte die Gewoba entsprechende Schilder anbringen und | |
die Einhaltung überwachen. In Einkaufszentren würden private | |
Sicherheitsdienste dafür sorgen, warum nicht auch in Wohnhäusern? | |
## Dichte Bebauung führte zu hohen Fallzahlen | |
Tatsächlich seien Wohn- und Mietshäuser anders zu beurteilen als Nahverkehr | |
oder Einzelhandel, sagt der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Lukas | |
Fuhrmann. Es handele sich schließlich nicht um öffentlichen Raum. Eine | |
Maskenpflicht zu verordnen, sei rechtlich schwieriger. Daher seien die | |
Vermieter*innen gefordert, über die Hausordnung solche Regelungen | |
vorzuschreiben. | |
Fuhrmann bestätigt, dass die Fallzahlen im November in Stadtteilen mit | |
dichter Bebauung auffällig hoch waren. Ein Zusammenhang sei nicht bewiesen, | |
liege jedoch nahe. Allerdings seien die Fallzahlen in allen Stadtteilen | |
inzwischen deutlich gesunken, betont er. Ausreißer nach oben gebe es nicht | |
mehr. | |
Brebau, die zweitgrößte Wohnungsgesellschaft Bremens, setzt ebenfalls auf | |
Hinweisschilder und die Eigenverantwortung der Mieter*innen. In allen | |
Häusern gebe es sie in den Hauseingängen, in den Fahrstuhlbereichen sowie | |
in den Büros der Hauswarte, teilt Sprecherin Sabine Dorn mit. Aufzüge seien | |
ausreichend durchlüftet und alle Treppenhäuser würden über Fenster | |
verfügen. | |
5 Feb 2021 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Krüger | |
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