Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bidens Politik nach Amtsantritt: Volldampf in die Politikwende
> „Back to normal“ heißt große Veränderung: Joe Biden beginnt seine
> Amtszeit als US-Präsident mit 17 Dekreten zu Klima und Einwanderung.
Bild: Alles wie immer: Beamte des Secret Service begleiten die Fahrt des Präsi…
Gerade noch hatte Joe Biden auf der Westfront des Kapitols seinen Amtseid
abgelegt. Genau choreografiert, hatte sein Team eine Amtseinführungsfeier
vorbereitet, die eines zeigen sollte: Man kann einen Überschwang an
pompösem Patriotismus demonstrieren, ohne in jenen scheinrevolutionären
weißen Ethnonationalismus zu verfallen, der schon Donald Trumps
Antrittsrede vor vier Jahren charakterisiert und letztlich seine gesamte
Präsidentschaft geprägt hatte. Es gibt eine andere Definition von diesem
„Amerika“ als die der Rechten.
Ohne konkreter auf einzelne Politikfelder einzugehen und ohne den Namen
Trump ein einziges Mal zu erwähnen, hat Biden in seiner Rede skizziert, in
welchen Abgrund Spaltung und Hassrede das Land gestürzt haben. Sein Angebot
zur Reparatur: Einheit, unity, das meistbenutzte Wort seiner Rede. Und
Respekt.
Dennoch waren [1][das Wichtigste an der Veranstaltung nicht die
Besonderheiten]. Nicht die Vereidigung von Kamala Harris als der ersten,
noch dazu Schwarzen Frau als Vizepräsidentin durch die erste
Hispano-Richterin des Supreme Court, nicht das beeindruckende Gedicht der
jungen Schwarzen Poetin Amanda Gorman, nicht die „This Land Is Your
Land“-Version von Jennifer Lopez, gemixt mit „America, America“ und auf
Spanisch ausgerufenem Treueschwur auf die USA („y justicia para todos!“),
nicht Lady Gagas Vortrag der Nationalhymne. All das wärmte viele Seelen und
ließ Tränchen in die Augen steigen.
Aber das Wichtige war die Selbstverständlichkeit, mit der die
Militärkapelle aufspielte, wie immer alle vier Jahre am 20. Januar. Das
Wichtige war die Selbstverständlichkeit, mit der republikanische und
demokratische Honoratioren gemeinsam auf der Tribüne saßen, wie immer alle
vier Jahre am 20. Januar. Der Fahnenaufmarsch. Die Secret-Service-Beamten.
Der Besuch auf dem Militärfriedhof in Airlington. Die Salutschüsse. Das für
Biden vorbereitete Oval Office im Weißen Haus. Die Punkt 12 Uhr auf Biden
umgestellte Whitehouse.gov-Seite, der neue Twitter-Account. Alles wie immer
alle vier Jahre am 20. Januar. Trotz Pandemie. Und vor allem: trotz Trump.
Die USA funktionieren noch, trotz allem.
## Biden hat es doppelt schwer
Aber das [2][alles war mittags], und die Botschaft, die US-Amerikaner*innen
mögen bitte nicht über politische Meinungsverschiedenheiten einander an die
Gurgel gehen, war gesendet. Biden verlor keine Zeit, eine Politikwende
einzuleiten. 17 Präsidialdekrete unterzeichnete er bei seinem ersten
Aufenthalt im Oval Office. Das erste: eine Maskenpflicht in allen
Bundesgebäuden im ganzen Land.
Außerdem: Die USA kehren [3][zurück in das Pariser Klimaabkommen] und die
Weltgesundheitsorganisation, die von Trump verhängten Einreiseverbote für
Bürger*innen bestimmter muslimischer Länder sind aufgehoben, die
Keystone XL Pipeline von Kanada in die USA ist gestoppt, Ölbohrungen in
Nationalparks von Alaska sind vorerst wieder untersagt, für Trumps Mauerbau
an der Südgrenze zu Mexiko gibt es kein Geld mehr.
Und gleich am Abend gab Bidens neue Pressesprecherin Jen Psaki das erste
von nunmehr wieder täglichen Pressebriefings für die akkreditierten
White-House-Journalist*innen. In der Bedeutungsschwere dieses Tages hieß
auch das: [4][Back to normal,] aber mit Volldampf in die Politikwende.
Dabei hat es Biden doppelt schwer: Durch Trumps Weigerung, den normalen
Übergangsprozess von einer Regierung zur nächsten zuzulassen, hinkt Biden
bei den Anhörungen und Bestätigungen seiner nominierten Kabinettsmitglieder
hoffnungslos hinterher: Mit Geheimdienstdirektorin Avril Haines ist bislang
erst ein einziger Führungsposten bestätigt – mit so wenig Personal an Tag 1
musste zuletzt Ronald Reagan 1981 antreten.
Am Donnerstag sollten die nächsten zehn Dekrete folgen, alle rund um die
Bekämpfung der Coronapandemie. Und so wird es auch die nächsten Tage
weitergehen: Für jeden Tag hat sich Biden ein anderes Thema vorgenommen,
Klima, Migration, Gleichheit … Wer Trumps Politik toll fand, wird Bidens
verabscheuen, Versöhnungsrhetorik hin oder her.
Wer aber den letzten Tag der Trump-Regierung nicht erwarten konnte, kann
mit Bidens Start zufrieden sein.
21 Jan 2021
## LINKS
[1] /Amtseinfuehrung-des-US-Praesidenten/!5745776
[2] /Amtseinfuehrung-von-US-Praesident-Biden/!5742163
[3] /US-Praesident-Biden-startet-durch/!5745708
[4] /Biden-als-Praesident-vereidigt/!5745703
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
US-Wahl 2024
Joe Biden
Schwerpunkt Klimawandel
Pariser Abkommen
USA
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Donald Trump
US-Wahl 2024
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Joe Biden
US-Wahl 2024
US-Wahl 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nominierung von Haushaltsdirektorin: Dämpfer für Biden
Der US-Präsident zieht die Nominierung von Neera Tanden für das Amt der
Haushaltsdirektorin im Weißen Haus zurück. Damit reagiert er auf Widerstand
im Senat.
Nach Aus für US-Pipeline: Zwischen Jubel und Frust
Der Stopp der Keystone XL-Pipeline bringt US-Präsident Biden Pluspunkte bei
Indigenen und AktivistInnen. Für manche kommt er aber zu spät.
Länderranking zu Extremwetterlagen: Ungerechte Klimakrise
Vor allem Entwickungsstaaten litten 2019 unter extremem Wetter wie Stürmen
oder Dürren. Das zeigt eine Übersicht der Umweltorganisation Germanwatch.
Machtwechsel in Washington: Kampf der Traumatisierten
Nicht der Effekt ihres Handelns, sondern die emotionale Genugtuung treibt
die Anhänger Trumps an. Was zählt, ist die Gruppenzugehörigkeit.
Amtsenthebungsverfahren gegen Trump: Beginn in zweiter Februarwoche
Im US-Senat startet das Impeachment doch früher als von den Republikanern
gewünscht. Mit Ex-General Austin ist nun der erste Schwarze Pentagon-Chef
vereidigt worden.
Bidens Einfluss auf den Nahostkonflikt: Kleiner Trost
Joe Biden wird die Not der PalästinenserInnen lindern und eingefrorene
Zahlungen aktivieren. An der Lage der Menschen wird das nur wenig ändern.
Stars bei der Amtseinführung Joe Bidens: Die richtige Dosis Pathos
Die Show für Joe Biden am Kapitol zeigte Sinn für Repräsentation. Für echte
Aufbruchsstimmung aber sorgte die junge Dichterin Amanda Gorman.
Joe Bidens Versöhnungsrhetorik: Es liegt nicht in Bidens Hand
Für das Trump-Lager bedeutet Bidens Programm nicht Heilung, sondern
Angriff. Das Land wird er nicht heilen können, wenn die Spalter es nicht
wollen.
Amtseinführung des US-Präsidenten: Freiheit auf Spanisch
Kitsch ist schön und gut. Aber kaum eine Inaugurationsfeier in den USA war
so versöhnlich und inklusiv wie die von Joe Biden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.