# taz.de -- US-Kongress muss Wahlergebnis bestätigen: Showdown in Washington | |
> Republikanische Senator*innen und Abgeordnete wollen gegen den Wahlsieg | |
> von Joe Biden vorgehen. Trump ruft zur Großdemonstration in die | |
> Hauptstadt. | |
Bild: Bereit für Trumps letztes Gefecht: das Kongressgebäude in Washington | |
BERLIN taz | Wenn am Mittwoch der neu gewählte US-Kongress zu einer | |
gemeinsamen Sitzung zusammentritt, dann ist das normalerweise ein sehr | |
formaler Termin mit bestenfalls symbolischer Bedeutung, der nach einer | |
guten Stunde auch schon wieder zu Ende ist. Der amtierende Vizepräsident, | |
der gleichzeitig immer auch Senatschef ist, leitet die Sitzung, öffnet | |
einen nach dem anderen die Umschläge, in denen die US-Bundesstaaten | |
vermerkt haben, für welchen Präsidentschaftskandidaten ihre Wahlleute | |
abgestimmt haben. Das Ergebnis, das längst alle kennen, wird pro forma | |
zusammengerechnet und verkündet, fertig. | |
Nicht so diesmal. Über 100 republikanische Abgeordnete des | |
Repräsentantenhauses und mindestens elf Senator*innen unter Führung von Ted | |
Cruz haben angekündigt, Bedenken gegen die Wahlergebnisse in den sechs | |
[1][Bundesstaaten] vorzubringen, deren Gewinn Joe Biden die Mehrheit im | |
Electoral College und damit den Wahlsieg gebracht hat: Arizona, Georgia, | |
Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin. | |
Nach rund 70 von den Anwälten des amtierenden Präsidenten Donald Trump | |
angestrengten Verfahren, bei denen Gerichte die Vorwürfe des Wahlbetrugs in | |
diesen Staaten als haltlos zurückwiesen, wollen die Senator*innen jetzt | |
verlangen, dass eine Untersuchungskommission des Kongresses binnen zehn | |
Tagen zu allen Vorwürfe ermittelt und den betreffenden Staaten ihre | |
Ergebnisse mitteilt, sodass die gegebenenfalls reagieren können. | |
Das ist nun allerdings so weder in der Verfassung noch in einem | |
entsprechenden [2][Ausführungsgesetz] vorgesehen. Die Antragsteller berufen | |
sich auf einen Präzedenzfall im Jahr 1877 – doch Rechtsexperten scheinen | |
sich sehr einig, dass die Fälle nicht im Ansatz vergleichbar sind. | |
## Die Mehrheiten sind klar: Die Einsprüche haben keine Chance | |
Der republikanische Senatschef Mitch McConnell hat bereits erklärt, der | |
Bestätigung Joe Bidens als kommendem Präsidenten nicht im Wege zu stehen. | |
Auch der republikanische Senator Patrick J. Toomey, der Pennsylvania | |
vertritt, lehnt Cruz’ Plan ab: „Ich werde unsere Form der Regierung | |
vehement verteidigen und mich diesem Versuch entgegenstellen, Millionen von | |
Wählern in meinem und anderen Staaten zu entrechten“, sagte Toomey. | |
Vizepräsident Mike Pence hingegen begrüßte die Initiative der Trump-loyalen | |
Republikaner*innen. | |
Im Ergebnis heißt das vermutlich, dass die Sitzung, die am Mittwoch um 13 | |
Uhr Washingtoner Zeit beginnt, nicht eine, sondern womöglich 24 Stunden | |
dauert. Denn wenn mindestens ein*e Abgeordnete*r und ein*e Senator*in einen | |
Widerspruch gegen die Legitimität des Verfahrens in einem Bundesstaat | |
vorbringen, müssen sich beide Kongresskammern getrennt zurückziehen und | |
darüber beraten und abstimmen. Pro Bundesstaat könnte das gesamte Verfahren | |
rund vier Stunden in Anspruch nehmen – dann wäre die Sitzung vermutlich am | |
frühen Donnerstagnachmittag beendet. | |
Die Mehrheiten sind dabei klar: Die Einsprüche haben keinerlei Chance, | |
Biden wird Präsident. | |
Aber parallel zum Showdown im Kapitol werden in der US-Hauptstadt Tausende | |
Trump-Anhänger*innen protestieren: Seit Tagen rufen sie, unterstützt von | |
Trumps Worten „[3][Be there, will be wild]“ (Seid dort, es wird wild) zu | |
einer Demonstration gegen die „gestohlene Wahl“ auf. | |
Erwartet werden nicht nur friedliche Trump-Fans, sondern auch bewaffnete | |
Milizen und Gruppierungen wie die „Proud Boys“, die von den | |
Sicherheitsbehörden als potenziell militant und gefährlich eingestuft | |
werden. Bei einer [4][ähnlichen Veranstaltung] am 12. Dezember kam es zu | |
Messerstechereien. Rechte Demonstranten in paramilitärischer Kleidung | |
rissen „Black Lives Matter“-Plakate von einigen Schwarzen Kirchen und | |
verbrannten sie. | |
Der US-Präsident selbst heizt die Stimmung mit immer neuen Tweets weiter | |
an. Schon befürchten einige Analysten, Trump könnte Unruhen in der | |
Hauptstadt nutzen, um Antiaufstandsgesetze anzuwenden und das Militär auf | |
die Straße zu schicken. „Trump ruft seine Anhänger nicht zum Spaß nach | |
Washington oder um die Kongressmitglieder nervös zu machen oder die | |
Nachrichten zu bestimmen. Er will die Wahlergebnisse umdrehen und sich am | |
20. Januar vereidigen lassen“, warnt der Kommentator Colbert I. King in der | |
[5][Washington Post]. | |
3 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-das-US-Wahlergebnis/!5730175 | |
[2] https://www.law.cornell.edu/uscode/text/3/15 | |
[3] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1340185773220515840 | |
[4] /Nach-Trumps-Wahlniederlage/!5737715 | |
[5] https://www.washingtonpost.com/opinions/fourteen-days-that-will-test-our-de… | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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