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# taz.de -- Währungsreform in Kuba: Kuba schafft doppelten Peso ab
> Mit der Abschaffung seiner doppelten Währung will der Inselstaat die
> Binnenökonomie ankurbeln. Experten fordern weitere Neuerungen.
Bild: Straßenhändler in Havanna
Hamburg taz | Lange angekündigt, wird die Währungsreform in Kuba nun
Realität. Der CUC, Kubas konvertible Peso, der nie international
konvertibel war, ist damit Geschichte. Das Ende der Kunstwährung, 1994 mit
dem Ziel eingeführt, zirkulierende US-Dollar auf der Insel schnell
abzuschöpfen, ist überaus positiv, so Pavel Vidal. „Die Architekten der
Währungsreform haben das Beste für die kubanische Ökonomie unter den
derzeitigen Bedingungen herausgeholt“, so der kubanische Finanzexperte mit
Lehrauftrag im kolumbianischen Cali.
Lange war unter kubanischen Experten über einen Wechselkurs von 5, 7 oder 9
Peso nacional pro US-Dollar diskutiert worden. Nun lautet das
Austauschverhältnis 24:1. De facto eine historische Abwertung, schließlich
lautete der Wechselkurs für Kubas Staatsunternehmen 1 Peso pro Dollar. Doch
das hatte die Inselökonomie lange Jahre gehemmt, [1][die Produktion sinken,
die Exporte einbrechen lassen und Importe begünstigt]. Das wird ab dem 1.
Januar enden.
Doch die Architekten der Währungsreform um den obersten
Reformverantwortlichen der Insel, Marino Murillo, haben Leitplanken
gesetzt. Sie versuchen, die Währungsreform zu regulieren. Dazu gehört eine
Übergangsfrist für die oft ineffizient operierenden staatlichen
Unternehmen, aber auch Höchstpreise für wichtige Produkte und ein neues
Lohnmodell. Das soll die Währungsreform abfedern, die viele Unternehmen in
die roten Zahlen treiben wird.
Das Grundproblem sei, so Murillo, die exorbitant hohen Subventionen
herunterzufahren und die Einnahmen neu und gerecht zu verteilen. Dabei gilt
fortan auch für die Unternehmen der neue Wechselkurs von 1 zu 24, der für
die Privatpersonen seit Jahren gilt. Nun müssen sie mit steigenden Preisen
für viele Produkte rechnen.
## Neues Lohnsystem begleitet Reform
Doch nur in einer bestimmten Marge, und die haben die Architekten der
Reform für etliche Produkte minutiös vorgegeben und ihnen auch die Löhne
angepasst. Pavel Vidal hält das für sinnvoll, für ihn hat das neue
Lohnsystem Hand und Fuß. Doch vieles hängt davon ab, wie schnell die
Umstellung greift und ob sich Angebot und Nachfrage einpendeln. Das ist
derzeit in Havanna oft nicht der Fall, so Omar Everleny Pérez, freier
Analyst und ehemaliger Direktor des Studienzentrums der kubanischen
Ökonomie (CEEC).
„Heute Morgen habe ich auf den Märkten kaum Gemüse gesehen. Das Angebot an
Agrarprodukten ist rar, obwohl die Anbauflächen erweitert werden. Doch das
dauert“, so der Ökonom. Ein knappes Angebot kann aber das von den
Reformarchitekten vorgegebene Preiskorsett zum Platzen bringen. Eine
steigende Inflation ist daher für viele Analysten das größte Risiko für die
historische Währungsreform.
Anders als andere Volkswirtschaften kann Kuba nämlich kaum Angebotsdefizite
durch Importe aus dem Ausland kompensieren. Dafür fehlt Havanna das Geld:
abfedernde Kredite von internationalen Finanzinstituten stehen nicht zur
Verfügung. Dass die Währungsreform mitten in der Pandemie erfolgt, zeugt
von Mut, aber auch von mangelnden Alternativen.
Die Abhängigkeit von Importen soll gesenkt, die Binnenökonomie angekurbelt
werden, [2][denn der Tourismus] sowie der Export von Agrarprodukten und
medizinischen Dienstleistungen sorgen derzeit für zu wenig Devisen. Deshalb
sollten der Währungsreform, 2011 zum ersten Mal angekündigt, weitere
folgen, so die beiden Ökonomen Pérez und Vidal. Dabei denken sie vor allem
an die im Juli von Wirtschaftsminister Alejandro Gil angekündigten Reformen
für kleine und mittlere Betriebe sowie Genossenschaften.
Die lassen auf sich warten. Zum einen hat die Regierung in Havanna alle
Hände voll zu tun, um bei laufender Tourismussaison die Pandemie unter
Kontrolle zu halte. Hinzu kommt der chronische Mangel an Devisen, der durch
die harten Sanktionen der USA verstärkt, sich mittlerweile auch im Fehlen
von Medikamenten auf der Insel bemerkbar macht.
Folgerichtig hat die Regierung in Havanna noch einmal um Investitionen
geworben und dabei auch explizit Mehrheitsbeteiligungen in
Gemeinschaftsunternehmen angeboten. In den letzten Monaten wurden die
ersten Exporte von Früchten sowie Importe von Produktionsmitteln von
Kleinbauern und Genossenschaften erfolgreich abgewickelt. Dieser Schritt
zeigt, in welche Richtung es gehen könnte.
28 Dec 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Knut Henkel
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Schwerpunkt Coronavirus
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