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# taz.de -- Rat bewilligt Schweinezuchtanlage: Dicke Luft in Dahlenburg
> Eine Schweinezuchtanlage bei Dahlenburg soll von 1.000 auf 6.000 Tiere
> vergrößert werden. Der Rat ist dafür, die Anwohner*innen sind gespalten.
Bild: Eingepfercht zur Reproduktion: In solchen Ställen landen BHZP-Schweine a…
Bremen taz | Dem Plan des gigantischen privaten Schweinezuchtunternehmens
„Bundes Hybrid Zucht Programm“ (BHZP) steht von Seiten der Behörden jetzt
nichts mehr entgegen. Am Mittwochabend stimmte der [1][Fleckenrat
Dahlenburg] mit acht zu vier Stimmen für den veränderten Bauplan des
Unternehmens, das seinen Hauptsitz in Ellringen hat und eine große
Zuchtanlage bei Dahlenburg errichten will.
Die alten Pläne, mit denen aus der bestehenden Zucht mit gut 1.000
Schweinen eine Anlage für 6.000 Tiere gemacht werden sollte, waren bereits
vor zwei Jahren [2][vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg kassiert] worden.
Der damals schon begonnene Bau wurde gestoppt.
Das Gericht hatte diverse Formfehler gefunden, zudem sei aus den Plänen
nicht hervorgegangen, wie eine Zufahrtsstraße und die Gülleleitung hätten
realisiert werden können. Eine Beschwerde gegen den Baustopp von der
Gemeinde und der BHZP wies das Bundesverwaltungsgericht im Januar ab.
[3][Inzwischen gibt es neue Pläne], in denen unter anderem erklärt wird,
dass die Gülleleitung nun unterirdisch und doppelwandig gebohrt werden
würde.
Gegen den Ausbau hatte Gerda Schmischke mit Unterstützung der
Bürgerinitiative Region Dahlenburg geklagt. Schmischke wohnt 800 Meter von
der Anlage der BHZP entfernt, die am Waldrand, inmitten gesetzlich
geschützter Biotope entstehen soll. Sie habe Angst vor noch mehr Belastung
durch Gerüche, Lärm, dem Abfallen des Grundwasserspiegels und der
antibiotikaverseuchten Gülle auf dem Acker, der unmittelbar an ihr Haus
grenzt. Ihrer Meinung nach wurde das Gülleaufkommen „falsch berechnet“; wie
viel Wasser verbraucht werden würde, sei auch unklar.
„Diese Art von Tierhaltung ist unerträglich“, findet sie zudem. Viele
Menschen teilten ihre Sorgen, sagt Schmischke. Einige aber auch nicht:
Gegner*innen der Anlage hätten im Dorf schon viele Anfeindungen erlebt,
Schmischke selbst habe aufgrund des Streits mit ihrem Nachbarn gebrochen:
„Er hat uns das Wegerecht nach 32 Jahren entzogen.“
Am Mittwochabend, während der Fleckenrat tagte, demonstrierte die
Anwohnerin mit rund 100 anderen Menschen vor dem Rathaus. Trotz der
Pandemie wollten sie laut sein. Erhofft habe sie sich von der Demo – die
sich unerwartet einer Gegendemo aus Landwirten gegenüber sah – allerdings
nichts. Das Ergebnis stand schon vorher fest, eine Bauausschusssitzung
hatte bereits den Weg für die Abstimmung bereitet. Denn die CDU stellt die
stärkste Fraktion im Rat – und ist für die Anlage.
Man sei von der Firma BHZP überzeugt, sagt der Fraktionsvorsitzende Thomas
Meyn (CDU), denn sie schaue bei der Zucht auch auf die Ansprüche der
Verbraucher*innen – zur Haltung und Gesundheit zum Beispiel – und biete so
„trotz der Veränderungen beim Thema Massentierhaltungen“ passende Lösunge…
„Die [4][Zuchtlinie Klara] eignet sich so auch für für die ökologische
Schweinehaltung“, sagt Meyn.
In Ellringen werden die Tiere zwar konventionell gehalten, aber die
Boxengröße entspreche den „speziellen Bedürfnissen des neuen
Schweinetypus“. Meyn sieht auch die „negativen Seiten“ – aber wenn scho…
eine Anlage, dann wie es die BHZP mache, so der Ratsherr. Das Unternehmen
gehöre zudem zu der landwirtschaftlich geprägten Region.
Die SPD ist in der Debatte gespalten: Zwei der vier SPDler*innen stimmten
mit den zwei Grünen im Rat gegen den Plan. Sabine Kamp (SPD) [5][sagte der
taz bereits im März], dass sie die Anlage für nicht zeitgemäß halte. Für
Thomas Behr (Grüne), Ratsmitglied und Vorstand der Bürgerinitiative Region
Dahlenburg, ist der Neubau ein „Unsinn sondergleichen“. Solche Anlagen
könne man aus Klimaschutzgründen und auch mit Blick auf die Coronapandemie
und die [6][Debatte um resistente Keime] „nicht mehr reinen Gewissens
bauen“.
Behr bemängelt, dass viele Ratsmitglieder am Mittwoch keine kritischen
Fragen gestellt hätten. „Das ist typisch“, sagt er – sie setzten sich ni…
ausreichend mit dem Thema auseinander. Behr selbst habe gefragt, wie sich
die BHZP die nötige Verbreiterung der Zufahrtsstraße vorstelle, die links
und rechts von alten Bäumen gesäumt ist. „Da wurde nur rumgeeiert“, sagt
Behr. Und ein überregionaler Radweg tauche in den Plänen plötzlich nicht
mehr auf.
## „Fuck You Greta“ soll auf ihrem Auto gestanden haben
Schmischke fühlt sich mit ihrer Kritik nicht wahrgenommen. „Alle
Einwendungen zu Umwelt, Trinkwasser- und Naturschutz wurden als nicht
relevant abgetan“, sagt sie. Das ist nicht verwunderlich: Laut den
Ausbau-Gegner*innen klebte auf dem Auto, mit dem die Vertreter*innen von
BHZP und dem Planungsbüro zu der Bauausschusssitzung vor wenigen Wochen
erschienen seien, ein Aufkleber mit der Aufschrift „Fuck You Greta“. Der
taz liegt ein entsprechendes Foto vor.
Die Zucht-Gegner*innen wollen wieder klagen. Samtgemeindebürgermeister
Christoph Maltzahn hofft, dass die Pläne einem Gericht standhalten. Nach
dem Ratsbeschluss werde die Gemeinde die Pläne nun veröffentlichen. Dann
stünde einer erneuten Erteilung der Baugenehmigung durch den Landkreis
Lüneburg nichts mehr im Weg. Wie es konkret mit dem Bau weitergeht, könne
aber nur die BHZP sagen.
Aber das Unternehmen reagierte, wie auch Planer Christian Pogoda, auf
taz-Anfragen bis Redaktionsschluss nicht. Ob sie ihre Pläne für
gerichtsfest halten, warum der erst bedachte Radweg nicht mehr Teil der
Planung ist und was sie für den Umweltschutz tun, bleibt ungeklärt.
18 Dec 2020
## LINKS
[1] https://www.dahlenburg.de/home/ihre-samtgemeinde/rathaus/politikinformation…
[2] http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=…
[3] https://www.dahlenburg.de/home/bauen-umwelt-wirtschaft/bauen-und-wohnen/bet…
[4] https://www.bhzp.de/dbzucht/sauen/dbklara/
[5] /Dahlenburger-Rat-ist-fuer-Schweinezucht/!5666583
[6] /Forscher-ueber-Virenuebertragung/!5693870
## AUTOREN
Alina Götz
## TAGS
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2018 gestoppt hatte, wird nun ein veränderter Bebauungsplan diskutiert.
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