| # taz.de -- Blockierte EU-Haushaltsverhandlungen: Auch Merkels Fehler | |
| > Die EU muss gegenüber Ungarn und Polen klare Kante zeigen. Für die | |
| > Eskalation ist aber auch die passive Rolle der Kanzlerin im Sommer | |
| > verantwortlich. | |
| Bild: Lieber wegducken? Angela Merkel war bei der Blockade von Ungarn und Polen… | |
| Ach Europa, wie tief bist Du gesunken! Mitten in der schlimmsten Krise seit | |
| Gründung der EU [1][blockieren Ungarn und Polen] das neue | |
| Gemeinschaftsbudget und den Corona-Aufbaufonds. Ungarns Ministerpräsident | |
| Viktor Orbán und sein polnischer Kollege Mateusz Morawiecki nehmen die | |
| Union in Geiselhaft, um ihre eigenen, hausgemachten Probleme mit | |
| Rechtsstaat und Demokratie zu kaschieren. | |
| Das darf die EU nicht hinnehmen. Schließlich hat sie schon viel zu lange | |
| zugesehen, wie Orbán die Opposition knebelt und Morawiecki die Justiz an | |
| die Leine legt. Damit muss nun endlich Schluss sein. Brüssel darf es auch | |
| nicht länger hinnehmen, dass sich Orbán und seine Familie und andere | |
| Regierungschefs mithilfe von EU-Geldern bereichern. | |
| Die EU-Politiker müssen daher hart bleiben – auch wenn dies die | |
| Verabschiedung des neuen Gemeinschaftshaushalts und den Start des | |
| Corona-Aufbaufonds verzögert. Der Fonds kann ohnehin erst im zweiten | |
| Halbjahr des nächsten Jahres starten; das war schon vor der Budgetkrise | |
| abzusehen. Daher kommt es auf ein paar Wochen mehr oder weniger auch nicht | |
| mehr an. | |
| Es wäre jedoch zu einfach, die Schuld allein bei Orbán und Morawiecki zu | |
| suchen. Sie haben ihr Veto gegen das EU-Finanzpaket lange und laut genug | |
| angekündigt. Kanzlerin Angela Merkel und der deutsche EU-Vorsitz wussten, | |
| was auf sie zukommt – doch sie haben die Drohungen als „Bluff“ abgetan. D… | |
| war ein Fehler. | |
| Merkel hat sich aber noch einen weiteren, schweren Patzer geleistet. Beim | |
| entscheidenden EU-Gipfel im Juli, bei dem das Finanzpaket ausgehandelt | |
| wurde, hat sie den Rechtsstaat hintangestellt. Tagelang wurde um das Geld | |
| gefeilscht, erst ganz am Ende ging es um das Recht. Doch der | |
| Gipfelbeschluss zum Rechtsstaat war windelweich. | |
| ## Merkels Appeasement | |
| Auch der Vorschlag des deutschen EU-Vorsitzes, der erst Wochen später kam, | |
| bot keinen ausreichenden Schutz. Erst das Europaparlament hat den | |
| Rechtsstaatsmechanismus nachgebessert und scharf gestellt. Die Kanzlerin | |
| hat sich herausgehalten, so als ginge sie der Streit nichts an. | |
| Das rächt sich nun. Merkel hat nicht Führung gezeigt, sondern Appeasement | |
| betrieben. Doch es könnte noch doller kommen. Nun könnte die Kanzlerin auch | |
| noch versuchen, den Schwarzen Peter dem Parlament zuzuschieben und zum | |
| alten, zahnlosen Vorschlag des deutschen EU-Vorsitzes zurückzukehren – um | |
| des lieben Friedens willen. | |
| Das darf nicht geschehen. Merkel muss Farbe bekennen und für den | |
| Rechtsstaat kämpfen. Beim EU-Videogipfel am Donnerstag hat sie dazu eine | |
| erste gute Gelegenheit. Bei aller berechtigten Wut auf Orbán und | |
| Morawiecki: Diese Krise ist auch Merkels Krise. Sie zeigt, was passiert, | |
| wenn man ernste Probleme zu lange vor sich herschiebt. | |
| 17 Nov 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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