| # taz.de -- Elliot Page outet sich als trans: That’s not my name | |
| > Schauspieler Elliot Page („Juno“) macht öffentlich, dass er trans ist. | |
| > Die Reaktionen legen Wissenslücken und diskriminierende Strukturen offen. | |
| Bild: Der 33-Jährige ist für seine Rollen in „Juno“ und „The Umbrella A… | |
| „Hallo Freunde, ich wollte euch mitteilen, dass ich trans bin. Meine | |
| Pronomen sind „he/they“ und mein Name ist Elliot.“ Mit diesen Worten | |
| beginnt [1][das schriftliche Coming-out] des kanadischen Schauspielers | |
| Elliot Page, bekannt aus „Juno“ oder „The Umbrella Academy“, das er am | |
| Dienstag mit seinen knapp vier Millionen Follower:innen bei Instagram | |
| teilt. Die eigene Geschlechtsidentität ist eine intime Angelegenheit, doch | |
| ein Coming-out von Prominenten birgt auch politische Wirkkraft. | |
| Auch heutzutage gilt, wer heterosexuell und cis ist, sich also mit dem | |
| Geschlecht identifiziert, das einem bei der Geburt zugewiesen wurde, als | |
| „normal“. Alle andere Formen von Sexualität und Geschlechtsidentitäten | |
| werden als „anders“ markiert. Wer von der Norm abweicht, erfährt | |
| Diskriminierung. Und während wir als Gesellschaft zwar in bestimmten | |
| Aspekten Fortschritte verzeichnen können, ist die strukturelle | |
| Diskriminierung von trans Personen noch immer gewaltig. | |
| Diese schlägt sich [2][in der medizinischen Behandlung], in der | |
| Gesetzgebung und im öffentlichen Umgang nieder. Trans Personen werden | |
| ausgegrenzt, beleidigt, bedroht, sind Gewalt ausgesetzt oder werden | |
| getötet. Aufgrund von Hassverbrechen und Suiziden ist die Lebenserwartung | |
| von trans Menschen deutlich niedriger als von cis Personen – und das | |
| weltweit. | |
| Page richtet sich in seinem Statement auch an diejenigen, die Verantwortung | |
| dafür tragen. An alle Politiker:innen, die der trans Community die nötige | |
| Gesundheitsversorgung verweigerten, und an alle, die mit ihrer Reichweite | |
| weiterhin Hass gegen trans Menschen verbreiteten, schreibt er: „Ihr habt | |
| Blut an euren Händen.“ | |
| ## Wenig sensibilisierte Redaktionen | |
| Schuld sind [3][nicht nur einzelne mächtige Personen]. Es sind ihre | |
| Befürworter:innen und diejenigen, die nicht widersprechen. Es sind | |
| Feminist:innen, die die Rechte von trans Personen als Gefahr für den | |
| Feminismus sehen. Es ist die Mehrheitsgesellschaft, die die Existenz von | |
| trans Personen immer wieder infrage stellt. Es sind die Medien – auch die | |
| taz – mit ihrer unsensiblen, exotisierenden und stereotypen | |
| Berichterstattung. Sie alle tragen zu einem transfeindlichen Klima bei. | |
| Das Coming-out von Elliot Page legt nun wieder einmal die Wissenslücken und | |
| diskriminierende Ansichten von Medien und Gesellschaft offen. Medien | |
| weltweit berichteten über sein Coming-out. | |
| Gerade deutsche Medien zeigten, wie wenig sensibilisiert ihre Redaktionen | |
| sind. Ob beim ZDF, dem Spiegel, n-tv oder RND, in fast allen Texten wurden | |
| falsche Pronomen, in diesem Fall also weibliche, und der Deadname, also der | |
| vorher bekannte Name der Person, genutzt. Das kann unabsichtlich passieren, | |
| ist aber auch ein Machtinstrument, um einer Person die Identität | |
| abzusprechen. | |
| Wie es besser gehen kann, haben internationale Medien gezeigt. So titelte | |
| der Guardian: „Elliot Page: star of X-Men and Juno announces he is | |
| transgender“. Ähnliche Formulierungen gab es auch bei der New York Times, | |
| der BBC oder der Washington Post. Der Streamingdienst Netflix entfernte | |
| zügig bei allen Filmen und Serien den Deadname. Nach Kritik bei Twitter | |
| veröffentlichte die Nachrichtenagentur dpa eine aktualisierte Nachricht von | |
| Dienstag. Dort werden zwar nur noch männliche Pronomen genutzt, doch Pages | |
| Deadname kommt noch vor. | |
| Elliot Page ist nicht die erste prominente trans Person, doch jede Person, | |
| die trotz der möglichen beruflichen Schwierigkeiten und einer nicht | |
| unwahrscheinlichen Bedrohungslage ein Coming-out wagt, birgt Hoffnung. | |
| Denn mit ihrer öffentlichen Reichweite können sie jahrzehntelange Kämpfe | |
| von Aktivist:innen sichtbarer machen, Medien können aus ihren Fehlern | |
| lernen, die Gesellschaft kann Wissenslücken schließen und die trans | |
| Community Unterstützung erfahren. Das will auch Page tun. „Ich biete jede | |
| Unterstützung an, die ich leisten kann, für eine Gesellschaft mit mehr | |
| Liebe und Gleichberechtigung“, schreibt er. Und wofür? „Um alles zu tun, um | |
| die Welt besser zu machen.“ | |
| 2 Dec 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.instagram.com/p/CIQ1QFBhNFg/?utm_source=ig_web_copy_link | |
| [2] /Hormonbehandlung-fuer-trans-Jugendliche/!5696002 | |
| [3] /J-K-Rowlings-transfeindliche-Tweets/!5687871 | |
| ## AUTOREN | |
| Carolina Schwarz | |
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