Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Impfen gegen Corona: Hoffen auf guten Stoff
> Drei Impfstoffe stehen kurz vor der Zulassung. Wie sie wirken, was sie
> kosten, wer sie kriegt.
Bild: Medizintechnikerin mit einer Dosis des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca
So sehr der Corona-November aufs Gemüt schlägt – bei der
Impfstoffentwicklung gibt es gute Nachrichten. Nachdem das Mainzer
Unternehmen Biontech und das US-Unternehmen Moderna bereits in den letzten
zwei Wochen vielversprechende Ergebnisse präsentiert haben, legte am Montag
auch [1][der britisch-schwedisch Pharmakonzern AstraZeneca positive Daten
zu einem Corona-Impfstoff] vor.
Experten rechnen, dass in einigen reichen Ländern Impfungen noch in diesem
Jahr beginnen können. In den USA will die Arzneimittelbehörde FDA am 10.
Dezember über einen Eilantrag auf Zulassung der Mittel von Biontech und
Moderna entscheiden. Binnen 24 Stunden nach der Zulassung könnten die
Impfzentren beginnen, sagte der [2][Leiter der Impfstoff-Arbeitsgruppe der
US-Regierung, Moncef Slaoui, dem Sender CNN].
In Europa haben die drei Konzerne bei der Europäischen Arzneimittelagentur
Daten eingereicht. Sollte sie grünes Licht geben, könnte das Impfen auch in
Europa bereits im Dezember starten.
Bundesgesundheitsminister [3][Jens Spahn (CDU) kündigte an], bundesweit
würden die Impfzentren bereitstehen. Das heiße nicht, dass die Vergabe
sofort starte, betonte er. „Wir wollen aber auf alle Fälle vorbereitet
sein.“ Bis dann in Deutschland die für einen Sieg über das Virus nötigen 60
bis 70 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, wird es jedoch sechs bis acht
Monate dauern. Für Weihnachten 2021 wird es also reichen.
## Der Günstige: AstraZeneca
Wirkung: Beim Vakzin des schwedischen Pharmakonzerns AstraZeneca und der
Oxford University handelt es sich um einen Vektorimpfstoff. Das heißt, dass
ein anderes Virus die Erbinformation von Stücken des Coronavirus in
menschliche Zellen hineinträgt.
Diese Viren selbst lösen keine Krankheit aus, alarmieren aber das
Immunsystem. [4][AstraZeneca vermeldete aus laufenden Studien eine
Effektivität von 70,4 Prozent]. Nach einer halben und einer ganzen Dosis im
Abstand von einem Monat erreiche der Wert sogar 90 Prozent.
Vorteile: Dieser Impfstoff lässt sich schnell herstellen. Die Anwendung von
Vektorimpfstoffen ist zudem bereits seit Jahrzehnten erprobt. Die Viren
lassen sich in Bioreaktoren kostengünstig vermehren. Sie müssen außerdem
nicht so gründlich tiefgekühlt werden. Die Impfung könnte also in jeder
Arztpraxis stattfinden. Zudem kostet eine Impfdosis etwa 2,50 Dollar und
ist somit wesentlich günstiger als die anderen beiden.
Nachteile: Weil nach der Impfung eben doch ein Virus im Körper
herumschwirrt, reagiert das Immunsystem des Impflings in einigen Fällen mit
Entzündungen und anderen deutlichen Reaktionen. Die Zahl der Nebenwirkungen
wird also vermutlich höher sein als beim mRNA-Verfahren.
Verfügbarkeit: Im kommenden Jahr sollen 3 Milliarden Impfdosen ausgeliefert
werden. Rund 700 Millionen davon haben sich die EU und die USA bereits
gesichert.
## Der Neuartige: Biontech
Wirkung: Das Verfahren des Mainzer Start-ups Biontech ist neu. Anders als
bei klassischen Impfstoffprojekten sind hier keine Viren im Spiel, sondern
die Wissenschaftler*innen lassen den eigentlichen Impfstoff in den
Körperzellen des Impflings herstellen.
Dazu nutzen sie die biochemische Maschinerie der Zellen. [5][Diese wird von
Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) programmiert]. Im Kern der Impfung liegt ein
Strang mRNA, der die Stachel auf der Oberfläche des Coronavirus beschreibt.
Darauf reagiert das Immunsystem, der Impfling entwickelt Abwehrkräfte. Die
Wirksamkeitsrate liegt bei rund 95 Prozent.
Vorteile: Es lassen sich große Mengen in kurzer Zeit produzieren. Weil
keine echten Viren in den Körper gelangen, gibt es auch kaum
Nebenwirkungen.
Nachteile: Die Substanz von Biontech ist nur bei minus 70 Grad stabil, kann
also nur bei tiefen Minustemperaturen aufbewahrt und transportiert werden.
Nebenbei ist der Impfstoff mit etwa 20 Dollar relativ teuer. Außerdem sind
die praktischen Auswirkungen der Anwendung auf große Gruppen von Menschen
bislang nicht erprobt.
Verfügbarkeit: Zusammen mit seinem US-Partner Pfizer verspricht Biontech im
kommenden Jahr eine Produktionskapazität von 1,3 Milliarden Dosen. [6][Die
EU und etwa ein Dutzend der reichsten Länder haben jedoch bereits
Lieferungen von etwa 1,2 Milliarden Dosen mit Biontech/Pfizer vereinbart.]
Der größte Teil ist also verplant.
## Der Reisefreundliche: Moderna
Wirkung: Nur eine Woche nach Biontech hat vergangene Woche auch
US-Konkurrent Moderna einen Erfolg mit seinem Corona-Impfstoff vermeldet.
[7][Er habe eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent, teilte das Unternehmen mit].
Dabei setzt Moderna wie Biontech auf das völlig neue mRNA-Verfahren.
Vorteile: Anders als Biontech ist es Moderna gelungen, den Impfstoff bei
normalen Kühlschranktemperaturen transportieren und lagern zu können. Das
könnte bei der Vergabe besonders in armen Ländern von Vorteil sein. Zudem
gab Moderna Auskunft über die sehr wichtige Frage, ob der Impfstoff nicht
nur leichte, sondern auch schwere Covid-19-Erkrankungen verhindern kann.
„Kann er“, versichert Firmenchef Stéphane Bancel.
Nachteile: Moderna berichtet von leichten bis mittelschweren
Nebenwirkungen, etwa Müdigkeit, Muskel-, Gelenk- oder Kopfschmerzen, und
Schmerzen bei der Einstichstelle. Alle seien aber nur von „kurzer Dauer“
gewesen.
Verfügbarkeit: Bis zu einer Milliarde Dosen könnten im ersten Jahr
hergestellt werden. Preis: 15 bis 20 Dollar pro Dosis. Den USA hat Moderna
bereits 100 Millionen Dosen fest zugesagt plus 400 Millionen Dosen
optional. Weitere etwa 100 Millionen haben sich Kanada, Japan, Katar,
Großbritannien, Israel und die Schweiz gesichert. [8][Die EU verhandelt
derzeit mit Moderna] über bis zu 160 Millionen Dosen. Sollte der Vertrag
zustande kommen, wäre der größte Teil der Jahresproduktion verbucht.
23 Nov 2020
## LINKS
[1] /Auch-Astrazeneca-entwickelt-Impfstoff/!5730404
[2] https://edition.cnn.com/videos/health/2020/11/22/moncef-slaoui-vaccine-coro…
[3] https://twitter.com/ARD_BaB/status/1330844595912134656?s=20
[4] https://www.astrazeneca.com/media-centre/press-releases/2020/azd1222hlr.html
[5] /Durchbruch-beim-Corona-Impfstoff/!5723984
[6] /Impfstoff-zunaechst-nur-fuer-reiche-Laender/!5729876
[7] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/118453/Moderna-warnt-Europaeer-vor-V…
[8] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_1513
## AUTOREN
Felix Lee
Finn Mayer-Kuckuk
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Biotechnologie
Schwerpunkt Coronavirus
Schlagloch
Bremen
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Impfung
Blutspende
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rechte an Corona-Impfstoffen: Patentierter Massenmord
Impfstoffpatente gehören Pharmakonzernen. Ohne sie könnten
Produktionsstätten weltweit größere Mengen herstellen.
Bremens Corona-Impfpläne: Warten auf die Impfung
Das Bremer Corona-Impfzentrum in der Messehalle 7 wird vorerst vor allem
Startpunkt von sieben mobilen Impfteams der Johanniter-Unfallhilfe.
Coronavakzin im Vereinigten Königreich zugelassen: Briten können losimpfen
Als erstes Land hat Großbritannien den Corona-Impfstoff von Biontech und
Pfizer zugelassen. Im Königreich kann jetzt die Immunisierung beginnen.
Zulassung von Corona-Impfstoffen: Zu Neujahr Impfstoff auf Trockeneis
Pünktlich zum Jahreswechsel kommt der erste Corona-Impfstoff. Die
klitzekleine Möglichkeit, dass er nicht genehmigt wird, besteht aber noch.
Impfstoff und Verteilungsgerechtigkeit: You first, me second
Wer bekommt den Impfstoff gegen Covid-19 zuerst? Impf-Prioritäten müssen an
universelle Menschenrechte gekoppelt sein.
Vakzine im Rekordtempo: Die Impfung der Willigen
Schon bis Mitte Dezember könnten die ersten Corona-Impfungen beginnen. Was
steht uns damit bevor? Fragen und Antworten.
Blutspenden während der Pandemie: Einfach Leben retten
In Zeiten von Corona wächst die Sorge vor einem Engpass an Blutpräparaten.
Auch weil es an der Bereitschaft mangelt, Blut zu spenden.
Coronaregeln für die Feiertage: Gans für maximal 10 Leute
Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich auf mögliche Sonderregeln für
Weihnachten und Silvester geeinigt. Die finale Entscheidung fällt am
Mittwoch.
Biochemiker über Sicherheit von Corona-Impfstoffen: „Die Daten müssen valid…
Das Paul-Ehrlich-Institut prüft, ob Covid-19-Impfstoffe wirken und sicher
sind. Präsident Klaus Cichutek beteuert: Dafür tue man alles Erdenkliche.
Corona-Impfstoff mit Bedenken: Grummeln im Bauch
Milliardengeschäft und Behörden unter Zeitdruck: Kann doch gar nicht sein,
dass eine Impfung gegen Corona sicher ist.
Impfstoff zunächst nur für reiche Länder: Gleiches Recht für alle?
Reiche Länder sichern sich Corona-Impfstoffe – arme Länder könnten
benachteiligt sein. Dabei wäre eine global gleichmäßige Verteilung viel
sinnvoller.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.