# taz.de -- Impfstoff zunächst nur für reiche Länder: Gleiches Recht für al… | |
> Reiche Länder sichern sich Corona-Impfstoffe – arme Länder könnten | |
> benachteiligt sein. Dabei wäre eine global gleichmäßige Verteilung viel | |
> sinnvoller. | |
Bild: Die WHO warnt davor, arme Länder bei der Impfstoffvergabe zu benachteili… | |
BERLIN taz | Die Nachricht über erste erfolgsversprechende Impfstoffe zum | |
Schutz vor Covid-19 macht Hoffnung auf ein absehbares Ende der Coronakrise. | |
Doch diese Hoffnung dürfte nicht überall auf der Welt gleich stark | |
ausgeprägt sein. | |
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt seit Wochen, dass | |
Entwicklungsländer aus finanziellen und logistischen Gründen bei der | |
Verteilung von Impfstoffen benachteiligt sein könnten. Um zu diskutieren, | |
wie eine faire Verteilung national und international aussehen könnte, | |
trafen sich am Mittwochabend Vertreter*innen des Deutschen Ethikrats, der | |
WHO und der European Group on Ethics in Science and New Technologies (EGE) | |
zu einer Onlinekonferenz. | |
„Die Lage ist ziemlich eindeutig: Es wird nicht möglich sein, wirksame | |
Impfstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen, um sofort alle | |
zu impfen, die geimpft werden wollen“, sagte die Vorsitzende des Deutschen | |
Ethikrats, Alena Buyx, zu Beginn des Meetings. Deshalb sei es notwendig, | |
festzulegen, wer zuerst Zugang zum Impfstoff haben soll, und dies fair und | |
transparent zu regeln. | |
Wie das gelingen kann, ist bereits auf nationaler Ebene schwer zu | |
beantworten. Klar sei: Die Medizin allein wird die Antwort nicht liefern | |
können. Vielmehr müssten auch rechtliche und ethische Kriterien bei der | |
Verteilung beachtet werden. Es dürfe nicht entscheidend sein, wer am | |
meisten zahlen kann oder einen bestimmten Versicherungsstatus habe, so | |
Buyx. | |
## Deutschland sollte Impfstoff mit ärmeren Ländern teilen | |
International wird die Verteilung voraussichtlich noch schwieriger. | |
Reichere Länder haben sich bereits gigantische Mengen an Impfstoffdosen | |
gesichert. In einem Gastbeitrag im [1][Tagesspiegel ] schrieb | |
Bundespräsident Steinmeier: „Deutschland und Europa sollten jetzt ein | |
politisches Signal geben, dass sie bereit sind, von Beginn an einen Teil | |
dieser Kontingente abzugeben, um etwa Gesundheitspersonal auch in ärmeren | |
Ländern der Welt so rasch wie möglich zu schützen.“ Dabei gehe es nicht nur | |
um Solidarität. Solange das Virus anderswo auf der Welt weiter existiere, | |
bestünde die Gefahr von Mutationen, die dann wiederum eine neue Gefahr auch | |
für Deutschland darstellen könnten. | |
Mariângela Simão von der WHO nannte am Mittwochabend das Ziel, bis Ende | |
2021 die Akutphase der Pandemie zu stoppen. Dafür sollten alle Länder, die | |
dies wollten, in einer ersten Phase zunächst Impfdosen für bis zu 20 | |
Prozent der Bevölkerung erhalten. Sobald alle diesen Deckungsgrad erreicht | |
hätten, würden in einer zweiten Phase so schnell wie möglich weitere | |
Impfdosen verteilt. Länder mit einem höheren Risiko sollten dabei die | |
benötigten Dosen schneller erhalten. | |
## Global gleichmäßige Verteilung ist sinnvoller | |
Dass eine global gleichmäßigere Verteilung der zunächst begrenzten | |
Impfstoffdosen sinnvoller ist, als wenn einige Länder große Teile ihrer | |
Bevölkerung immunisieren und andere Länder kaum Zugang zu Impfungen haben, | |
zeigten auch Modellrechnungen von Wissenschaftler*innen der Northeastern | |
University in Boston. Sie ergaben, dass bei einer Verteilung der ersten | |
zwei Milliarden Dosen eines Corona-Impfstoffs ausschließlich an 50 reiche | |
Länder die Zahl der weltweiten Coronatoten um 33 Prozent verringert würde. | |
Bei einer breiten Verteilung der Impfdosen einzig auf Grundlage der | |
Bevölkerungszahl von Ländern würde die Zahl der Coronatoten hingegen um 61 | |
Prozent verringert. | |
Allerdings: Selbst wenn die Finanzierung der Impfstoffe für alle Länder | |
gesichert wäre, ist eine gerechte globale Verteilung nicht unbedingt | |
möglich. Der aktuell vielversprechende Impfstoff der Mainzer Firma Biontech | |
und des US-Pharmaunternehmens Pfizer muss bei minus 70 Grad gelagert | |
werden. Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden. | |
Besonders für Länder ohne moderne medizinische Infrastruktur ist das eine | |
Herausforderung. Hoffnung macht, dass Moderna verkündete, dass sein | |
Corona-Impfstoffkandidat leichter zu lagern sei. Die nächsten zwei, drei | |
Monate würden zeigen, welche Impfstoffe tatsächlich auf den Markt kommen, | |
vermutet Simão. Was man dann brauche, sei eine globale Lösung, die die | |
Bedürfnisse aller Länder berücksichtigt. | |
19 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesspiegel.de/politik/vorschlag-von-bundespraesident-steinmei… | |
## AUTOREN | |
Lena Wrba | |
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