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# taz.de -- Studie zu globaler Corona-Infektionsrate: Die Dunkelziffer
> Über eine halbe Milliarde Menschen könnten mit Sars-CoV-2 infiziert
> worden sein. Eine Herdenimmunität ohne Impfung ist aber nicht in Sicht.
Bild: Mit Blut gefüllte Röhrchen für einen Corona-Antikörper-Test
Berlin taz | Die globalen Infektionszahlen mit Sars-CoV-2 könnten erheblich
höher liegen, als die WHO bislang angenommen hatte. Eine am Mittwoch
veröffentlichte [1][kanadische Metastudie] der University of Toronto
beziffert die Zahl der bis zum 17. November mit dem Coronavirus infizierten
Personen auf 643 Millionen gegenüber den [2][von der WHO geschätzten 54
Millionen]. Die Studie ist eine zusammenfassende Analyse von 338 teilweise
unveröffentlichten Studienberichten mit über zwei Millionen Proband*innen
aus 50 Ländern.
Statt bestätigte Infektionen zu zählen, hatten die Studien die Verbreitung
spezifischer Antikörper in der Bevölkerung ermittelt, die sich als
Immunreaktion auf eine Infektion mit dem Coronavirus bilden. So können auch
diejenigen ermittelt werden, die bereits eine Infektion durchgemacht haben,
aber sich nicht testen ließen oder deren Krankheit asymptomatisch verlaufen
war.
„Wir haben die bis dato größte Sammlung von Antikörperstudien
zusammengestellt und kuratiert“, schreibt Co-Autor Niklas Bobrovitz der
taz. Zudem sei sie die bislang einzige Studie, die die relativ hohe
Ungenauigkeit der Antikörpertests mit einbezieht. Auch das
Robert-Koch-Institut hatte am 1. Oktober eine [3][groß angelegte
Antikörperstudie] gestartet.
Ziel der Metastudie war es, demografische Unterschiede in der Verbreitung
von Sars-CoV-2 finden, um Hochrisikogruppen zu identifizieren und
Informationen für die Gesundheitspolitik bereitzustellen. Die Studie geht
insgesamt davon aus, dass sich bislang gut 3 Prozent der Weltbevölkerung
infiziert haben. International gibt es aber deutliche Unterschiede. So
schwanke die Durchseuchung in Ländern mit niedrigem oder hohem
Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen 1 und knapp 19 Prozent.
## Marginalisierte Gruppen besonders gefährdet
Darüber hinaus konnte die Studie feststellen, dass besonders Menschen, die
in vielen Ländern marginalisiert sind, ein höheres Risiko haben, am
Coronavirus zu erkranken und auch daran zu sterben. So tragen schwarze
Menschen durchschnittlich ein doppelt so hohes Risiko, während Indigene
sogar ein mehr als viermal so hohes Infektionsrisiko haben. Das liege der
Studie zufolge vermutlich an struktureller Ungleichheit, deretwegen
Angehörige dieser Bevölkerungsgruppen vor allem in schlecht bezahlten, aber
exponierten Berufen arbeiten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam jüngst eine
hochrangige [4][Studie der Stanford University].
Auch Menschen, die in der Gesundheitsversorgung oder der Pflege arbeiten,
sowie vorerkrankte und ältere Menschen seien stärker gefährdet. Bei den
Geschlechtern konnte die Studie hingegen keine Unterschiede feststellen.
Gleichzeitig kritisieren die Forscher*innen aber, dass nur wenige Studien
zur Situation in Ländern mit niedrigem BIP vorliegen. Auch mangele es an
Studien, die sich mit Wohnungslosen oder Pflegepersonal auseinandersetzen.
Gleichwohl geben die Forscher*innen zu bedenken, dass gut ein Drittel der
untersuchten Studien nur bedingt vergleichbar sei. Dennoch könnten Sie die
Zahl der tatsächlichen Infektionen sogar unterschätzt haben, da etwa
Menschen untersucht worden sein könnten, bevor diese Antikörper gebildet
hatten. Auch ist anzumerken, dass es sich bei der Studie um einen Preprint
handelt, das heißt, dass sie noch nicht von anderen Forscher*innen kritisch
überprüft worden ist.
„Der Großteil der Bevölkerung bleibt anfällig für eine Infektion“,
konstatiert Studienautor Bobrovitz. Die gesundheitspolitischen Maßnahmen
müssten verbessert werden, „vor allem um Gruppen zu schützen, die
überproportional von Sars-CoV-2 betroffen sind“. Zudem müsse international
die Testkapazität ausgebaut sowie der Zugang zu Tests erleichtert werden.
Einer Durchseuchung ohne Impfstoff erteilt die Studie eine Absage. Denn die
sei nicht ohne hohe Todeszahlen zu bekommen.
20 Nov 2020
## LINKS
[1] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.11.17.20233460v2?ct=
[2] https://covid19.who.int/
[3] https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2020/08_202…
[4] /Studie-zu-Corona-in-der-Gastronomie/!5728258
## AUTOREN
Maximilian Berkenheide
## TAGS
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