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# taz.de -- Emissionen der G20-Staaten: Klima-Fortschritte auf der Kippe
> Die G20-Staaten sind bei der Verringerung der Emission von Treibhausgasen
> 2019 vorangekommen. Das könnte sich bald wieder erledigt haben.
Bild: Ein Schritt vor, zwei zurück – so könnte es beim Klimaschutz der G20 …
Berlin taz | Ein Trippelschritt fürs Klima: 0,1 Prozent weniger
Treibhausgase als 2018 haben die 20 größten Volkswirtschaften der Welt im
vergangenen Jahr mit ihrer Stromerzeugung in die Atmosphäre entlassen. Das
zeigt der Climate Transparency Report, eine Studie, die 14
Forschungsorganisationen und NGOs gemeinsam durchgeführt haben.
Was nach einem verschwindend kleinen Effekt klingt, wird zu einem zumindest
kleinen Erfolg, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Emissionen im Jahr
davor noch um 1,8 Prozent gestiegen waren.
Laut den Studienautor:innen ist der leichte Rückgang der Emissionen auch
tatsächlich auf energiepolitische Steuerung zurückzuführen – und nicht etwa
darauf, dass die Wirtschaftskraft zurückging und die Unternehmen deswegen
weniger Strom brauchten: Konkret wurde 2019 zum Beispiel 2 Prozent weniger
Kohle verfeuert.
Und der Boom der Erneuerbaren dauerte an. Im Schnitt ist der
Ökostrom-Anteil in der Stromerzeugung der G20-Staaten in den vergangenen
fünf Jahren laut Report um knapp ein Fünftel auf nun fast 28 Prozent
gewachsen.
## Coronahilfen gefährden kleine Erfolge
In Deutschland trugen die erneuerbaren Energien mit 43 Prozent zur
Stromproduktion bei. Kritisch sehen die Autor:innen, dass der Ausbau von
Windrädern hierzulande [1][zuletzt eingebrochen ist] – und dass der
Kohleausstieg noch länger dauern soll als bei vielen anderen EU-Staaten.
[2][Spätestens 2038 muss in Deutschland] nach aktuellem Stand das letzte
Kohlekraftwerk abgestellt werden.
Für dieses Jahr geht die Studie davon aus, dass die Emissionen deutlich
stärker zurückgehen als 2019, nämlich um 7,5 Prozent. Das wäre dann
größtenteils auf die Wirtschaftskrise infolge der Coronapandemie
zurückzuführen.
Die Autor:innen warnen jedoch davor, dass der Fortschritt durch die Folgen
der Konjunkturpakete wieder aufgefressen werden kann. Letztlich könnten die
Emissionen dadurch sogar wieder steigen, heißt es. „Bisher müssen wir
feststellen: Fossile Energien gehören in vielen Ländern zu den Profiteuren
der billionenstarken Konjunkturprogramme“, sagt Jan Burck von der Umwelt-
und Entwicklungsorganisation Germanwatch, der an der Studie mitgeschrieben
hat.
Zwar bänden „die EU und Deutschland zumindest Teile ihrer Konjunkturhilfen
an Klimakriterien“. Es sei aber nicht sichergestellt, dass die restlichen
Maßnahmen dem Klimaschutz nicht im Weg stehen.
In anderen Sektoren als der Stromerzeugung war zudem auch 2019 nicht mal
ein leichter Rückgang der Emissionen zu verzeichnen. Im Verkehrswesen sind
sie beispielsweise weiter in die Höhe geschossen.
## Fossile Subventionen weiter hoch
Auch jenseits der aktuellen Coronahilfen sind die Geldflüsse aus den
öffentlichen Haushalten bei Weitem noch nicht klimafreundlich ausgerichtet.
Mit insgesamt 130 Milliarden US-Dollar haben die G20-Staaten im vergangenen
Jahr Öl, Gas und Kohle subventioniert.
Eigentlich hatte sich die G20 schon vor elf Jahren auf ihrem damaligen
Gipfeltreffen im US-amerikanischen Pittsburgh dazu verpflichtet, solche
staatlichen Hilfen auslaufen zu lassen.
In der vergangenen Woche waren die drei Denkfabriken International
Institute for Sustainable Development, Overseas Development Institute und
Oil Change International sogar [3][auf einen noch höheren Wert gekommen].
Sie haben nicht nur direkte Subventionen, sondern auch andere
Förderprogramme für die fossilen Industrien zusammengerechnet. Demnach
stecken die Länder der G20 zurzeit sogar 584 Milliarden US-Dollar pro Jahr
in die Förderung und Nutzung von Öl, Gas und Kohle. Diese Summe entspricht
dem Durchschnitt von 2017 bis 2020. Im Vergleich zu der Dreijahresspanne
davor sei das immerhin ein Rückgang um 9 Prozent, heißt es in der Studie.
„Die Regierungen der G20 waren auch vor Covid-19 schon auf keinem guten
Weg, um die öffentliche Unterstützung für fossile Kraftstoffe zu beenden
und ihre Pflichten aus dem Pariser Weltklimaabkommen zu erfüllen“, sagt
Leitautorin Anna Geddes. „Umso enttäuschender ist es, dass sie sich nun
sogar in die entgegengesetzte Richtung bewegen.“
In diesem Fall schneidet Deutschland in der Rangfolge der G20-Länder am
besten ab. Das liegt aber vor allem daran, dass die Wissenschaftler:innen
nicht nur die tatsächliche Subventionshöhe berücksichtigt haben, sondern
etwa auch die Transparenz der öffentlichen Geldflüsse und die politischen
Ziele.
„Deutschland schneidet im Ranking aus formalen Gründen gut ab“,
kommentierte Carolin Schenuit, Chefin des Forums Ökologisch-Soziale
Marktwirtschaft (FÖS), die Ergebnisse. „Wir haben gesetzlich festgelegte
Klimaziele und einen Subventionsbericht.“ Wenn man sich aber anschaue, wie
nahe man den Zielen komme, sehe es auch hierzulande schlecht aus.
Am schlechtesten schneiden im Subventionsranking Großbritannien und die
Türkei sowie Mexiko ab.
18 Nov 2020
## LINKS
[1] /Ausbau-erneuerbarer-Energien/!5722440
[2] /Kohleausstieg-2038/!5565604
[3] https://www.iisd.org/publications/g20-scorecard
## AUTOREN
Susanne Schwarz
## TAGS
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