# taz.de -- Stefanie Hubig über Corona an Schulen: „Masken sind akzeptiert“ | |
> Stefanie Hubig, Chefin der Kultusministerkonferenz, erklärt, wie | |
> Unterricht in der Coronakrise funktioniert – und warum Luftfilter oft | |
> nicht helfen | |
Bild: Maskenpflicht an weiterführenden Schulen schon ab der fünften Klasse | |
taz: Frau Hubig, viele Bundesländer haben mittlerweile auf [1][die | |
steigenden Coronazahlen] reagiert und die Hygieneregeln an Schulen | |
verschärft. Am Montag müssen in Hessen beispielsweise feste Lerngruppen | |
gebildet werden, im Saarland ab sofort auch Fünftklässler:innen Masken | |
tragen. Was haben Sie für Rheinland-Pfalz beschlossen? | |
Stefanie Hubig: Auch bei uns müssen ab dieser Woche feste [2][Lerngruppen] | |
an unseren Grundschulen gebildet werden. Bereits seit vergangenem Montag | |
gilt in Rheinland-Pfalz die Maskenpflicht an den weiterführenden Schulen | |
schon ab der fünften Klasse. Das sind die Maßnahmen, die wir zum jetzigen | |
Zeitpunkt für notwendig und erforderlich halten. | |
Das Robert-Koch-Institut empfiehlt bei den momentanen Infektionszahlen | |
geteilte Klassen und Wechselbetrieb. Die Länder lehnen das jedoch strikt | |
ab. Vor wenigen Tagen hat das Schulministerium von Nordrhein-Westfalen der | |
Gemeinde Solingen sogar verboten, in den Schichtbetrieb zu wechseln. Halten | |
Sie das für den richtigen Weg? | |
Zunächst muss man sagen, dass die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts | |
keinen Automatismus nach sich ziehen, sondern auf Schwellenwerte und | |
Indikatoren – und damit auf individuelle Lösungen – setzen. Unsere | |
Entscheidungen können wir aber nicht allein hierauf stützen. Wir müssen | |
aber als Bildungspolitiker:innen auch andere Faktoren berücksichtigen. Im | |
vergangenen Schuljahr haben wir stellenweise keine guten Erfahrungen mit | |
dem Wechselunterricht gemacht. Viele Lehrer haben uns rückgemeldet, dass | |
sie beziehungsweise das gesamte Kollegium überlastet gewesen seien. | |
Von Kinderärzten und Kinderpsychologen wissen wir, wie wichtig | |
Präsenzunterricht und eine feste Struktur für Kinder und Jugendliche sind. | |
Deshalb wollen wir den Regelunterricht überall dort aufrecht erhalten, wo | |
es möglich ist. Natürlich beobachten wir aber weiterhin die | |
Infektionszahlen sehr genau und entscheiden dann vor Ort und auch unter | |
Einbeziehung der RKI-Empfehlungen, welche Maßnahmen bei hohen | |
Infektionszahlen sinnvoll und umsetzbar sind. Das reicht von der Ausweitung | |
der Maskenpflicht bis hin zum Wechselunterricht oder auch zur | |
vorübergehenden Schulschließung. Und genau das machen wir im Moment. | |
Die Bildungsgewerkschaft GEW, aber auch Eltern- und | |
Schüler:innenverbände, halten volle Klassen derzeit für | |
verantwortungslos. Der Vorwurf: Die Länder wollen die Schulen auf Teufel | |
komm raus offen halten. Ist die Kritik überzogen? | |
Wir zeigen seit acht Monaten, dass wir verantwortungsvoll mit der Situation | |
umgehen. Wir reagieren sehr schnell auf das jeweilige Infektionsgeschehen | |
und korrigieren, wenn sich die Lage ändert, auch vorherige Entscheidungen. | |
Es gibt aber nun mal keine Blaupause für diese außergewöhnliche Zeit. Wir | |
machen uns die Entscheidungen auch nicht leicht. Wir müssen sehr genau | |
abwägen zwischen den verschiedenen Rechten, dem Recht auf Gesundheits- und | |
Infektionsschutz und dem Recht auf Bildung. | |
Lässt sich dieser Konflikt überhaupt auflösen? | |
Wir müssen es versuchen, aber einfach ist das nicht. Die Experten, die uns | |
zu diesen Fragen beraten, halten das Tragen von Masken im Unterricht für | |
den wirksamsten Schutz. Deshalb haben wir diese Maßnahme verschärft und | |
sind zuversichtlich, dass sie nur vorübergehend notwendig sein wird. Ich | |
denke, Masken sind mittlerweile auch an den Schulen weitgehend akzeptiert. | |
Aber natürlich müssen wir uns auch darauf einstellen, mit gewissen | |
Einschränkungen länger zu leben. Wir müssen uns an das Leben mit dem Virus | |
gewöhnen. | |
Wie lange, schätzen Sie, werden Schüler:innen im Unterricht eine Maske | |
tragen müssen? | |
Zumindest bis Ende November, bis der Lockdown endet. Dann müssen wir anhand | |
der Infektionszahlen entscheiden, wie es weitergeht. Die aktuell | |
festgestellten Infektionen stammen ja noch von der Zeit, als viele Schüler | |
keine Maske im Unterricht getragen haben. | |
Für Unmut sorgt aktuell ein Bericht von „Monitor“, wonach einige Länder d… | |
Anschaffung von [3][Luftfiltern] an Schulen als zu teuer ablehnen, ihre | |
Ministerien aber damit ausstatten. Entsteht da nicht der Eindruck, | |
Schüler:innen seien weniger schützenswert? | |
Unsere Schülerinnen und Schüler wie unsere Lehrkräfte, ihr Recht auf | |
Bildung und der Infektionsschutz haben Priorität für uns. Und die | |
Begründung für das Lüften ist eine andere: Die Experten des | |
Umweltbundesamtes sagen ganz klar: Regelmäßiges Stoßlüften für 3 bis 5 | |
Minuten ist das A und O. Nicht nur wegen der Aerosole, sondern auch wegen | |
der Frischluft. | |
Luftfilter machen ergänzend Sinn, wenn man Räume nicht ordentlich belüften | |
kann, sie aber für den Unterricht braucht. In Rheinland-Pfalz stellen wir | |
dafür jetzt 6 Millionen Euro zur Verfügung. An einer Mainzer Gesamtschule | |
erproben wir zusammen mit dem Max-Planck-Institut auch eine | |
kostengünstigere Variante, die Aerosole aus der Luft zieht. | |
Wissenschaftler:innen der Uni Frankfurt haben einen Hepa-Filter empfohlen, | |
der günstig ist und dennoch in kurzer Zeit mehr als 90 Prozent der Aerosole | |
aus der Luft filtern kann. Warum statten Sie die Schulen nicht | |
flächendeckend mit diesen Geräten aus? | |
Wir nehmen diese Empfehlungen wahr und auch ernst. Der entscheidende Punkt | |
ist, dass wir wissen, welche Bedeutung das Lüften für die Eindämmung der | |
Pandemie hat. Das ist ähnlich wie beim Händewaschen – auch hier bezweifelt | |
heute niemand mehr, wie wichtig das ist. Mobile Luftfilteranlagen machen | |
dort Sinn, wo nicht richtig gelüftet werden kann. Uns sagen die Fachleute, | |
dass es dabei wichtig ist, sie fachgerecht aufzustellen. Sonst bestehe die | |
Gefahr, das Gegenteil dessen zu erreichen, was man sich erhofft. | |
Diesen Winter heißt es an deutschen Schulen also: frieren statt filtern? | |
Nein, niemand muss frieren. Wenn alle 20 Minuten gelüftet wird, sinkt die | |
Temperatur kurz um wenige Grad. Wegen der Körperwärme steigt sie aber | |
gleich wieder. Die Schüler müssen nicht bei 10 Grad lernen. | |
Andere Kultusminister:innen empfehlen, sich warm einzupacken, der | |
Philologenverband rät sogar zu Schal und Decken. Sie auch? | |
Nein, ich empfehle nicht, mit Wolldecke in die Schule zu kommen. Ein Schal | |
kann sinnvoll sein, ich trage jedenfalls in meinem Büro jetzt auch öfter | |
einen, weil bei uns im Ministerium auch regelmäßig gelüftet wird – ohne | |
Luftfilteranlagen. | |
9 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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