Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wohnungslosigkeit und Corona: Von der Straße ins Hotel
> Wegen Corona gibt es kaum Tagesangebote für Menschen ohne Obdach. Berlins
> Sozialsenatorin möchte, dass die Bezirke nun Hotels anmieten.
Bild: Im leerstehenden Haus in der Habersaathstraße durften Wohnungslose Aktiv…
BERLIN taz | Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) hat am Donnerstag im
Sozialausschuss einen neuen Vorschlag zur Unterbringung Obdachloser in
diesem Corona-Winter gemacht. Die Bezirke, sagte sie laut dem Bericht von
Fatoş Topaç, der sozialpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion, sollten
Obdachlose möglichst nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz
(ASOG) unterbringen. „Das bedeutet, dass obdachlose Menschen in einem
bezirklichen Wohnheim oder in einem durch das Sozialamt angemieteten Hotel
untergebracht werden“, kommentierte dies Topaç zustimmend. Dies sei gerade
in diesem Winter wichtig, da viele Tagesangebote für Obdachlose aufgrund
der Pandemie wegfallen.
Zur Frage der Kosten sagte Breitenbach im Ausschuss laut Topaç nichts.
Gegenüber der taz hatte die Senatorin am Mittwoch auf die Frage nach den
fehlenden Tagesangeboten gesagt: „Ich werbe immer wieder dafür, dass die
Bezirke obdachlose Menschen dauerhaft unterbringen, etwa in Übergangsheimen
und anderen Unterkünften. Alles ist dabei möglich, finanziell gibt es keine
Obergrenze, denn der Staat hat die Verantwortung und die Pflicht,
obdachlose Menschen unterzubringen.“ Dies könnte man so interpretieren,
dass das Land die zusätzlichen Kosten übernimmt. Seit Beginn der Pandemie
im Frühjahr gibt es immer wieder die Forderung, leere Hotels für Obdachlose
zur Verfügung zu stellen. Bei nicht-deutschen Obdachlosen müsste zuvor
allerdings geprüft werden, ob sie überhaupt Rechtsanspruch auf eine
ASOG-Unterbringung haben.
Anfang November war die Kältehilfe auf 1.000 Plätze hochgefahren. Die
Notübernachtungen – von Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Verbänden
organisiert – werden von den Bezirken bezahlt. Diese wiederum bekommen das
Geld vom Land erstattet. Wegen Corona und den Abstands- und Hygieneregeln
konnten die Träger aber weniger Plätze bereitstellen – daher haben drei
Bezirke Verträge mit Hotels abgeschlossen, um das Minus von rund 200
Plätzen auszugleichen (taz berichtete). Die Mehrkosten für Bezirke und
Träger – deren Kosten bleiben ja aufgrund des Personalaufwands gleich –
übernimmt das Land.
## Kaum noch warme Aufenthaltsplätze
Für die fehlenden Tagesangebote gibt es nach wie vor keine Lösung, auch sie
bräuchten andere, größere Räume, zudem mehr Personal. Breitenbach sieht das
Versagen hier klar bei den Bezirken, die gesetzlich für die Versorgung von
Obdachlosen zuständig sind: „Wir haben in den Bezirken wegen der
Tagesangebote nachgefragt, aber keine umfassenden Antworten erhalten“,
sagte sie der taz. Ohne „belastbare Aussagen“ aber könne die
Senatsverwaltung keine finanzielle Hilfe anbieten.
Das Problem ist dramatisch: Man gehe von „mindestens 50 bis zu 75 Prozent
weniger warmen Aufenthaltsplätzen aus“, hatte Jens Aldag von der
Koordinierungsstelle Kältehilfe Anfang der Woche der taz gesagt. Viele
Tagesstätten (oft mit angeschlossener Beratung, Kleiderkammer,
Waschräumen), sowie Cafés, Suppenküchen und Ambulanzen mussten ihr Angebot
reduzieren oder nach draußen verlegen. „Wo soll man sich dann im Winter
tagsüber aufwärmen?“, fragt Aldag. Denn die Notübernachtungen schließen am
Morgen.
In Friedrichshain-Kreuzberg sieht man das Problem. Die Regelangebote des
Bezirks in Tagesstätten könnten nur „eingeschränkt“ weiterlaufen, zudem
seien viele ehrenamtliche Angebote wie Suppenküchen oder Cafés
weggebrochen, heißt es von der Bezirkssprecherin auf Anfrage. In Mitte
dagegen „sind keine Tagesangebote für obdachlose Menschen coronabedingt
weggefallen“, sagt die Pressestelle des Bezirks.
12 Nov 2020
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Wohnungslose
Schwerpunkt Coronavirus
Berlin
Obdachlosigkeit
Wohnungslosigkeit
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Elke Breitenbach
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Wohnungslose
Obdachlosigkeit in Hamburg
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Habersaathstraße in Berlin-Mitte: Aktion gegen Abriss
Wohnungslose kämpfen um ein Haus in der Habersaathstraße. Der Abriss
scheint unausweichlich, bis dahin könnten Pandemiewohnungen entstehen.
Obdachlose in Berlin: Zahl der Corona-Infektionen steigt
Obdachlose leiden besonders unter der Pandemie. Sozialsenatorin Elke
Breitenbach (Linke) lobt die Hilfsbereitschaft in der Stadt.
Obdachlosigkeit in Berlin: Tiersorge ist auch Selbstfürsorge
Jeanette Klemmt versorgt Tiere von wohnungslosen Menschen. Wer einen Termin
möchte, muss aber bereit sein, auch für sich selbst Hilfe anzunehmen.
Kältehilfe in Coronazeiten: Auch tagsüber ist es kalt
Ein Impfstoff ist in Sicht und Berlin hat auf die Schnelle alles top
generalstabsmäßig vorbereitet. Doch bei der Kältehilfe sieht das ganz
anders aus.
Kältehilfe in Pandemiezeiten: Corona lässt frösteln
Die Pandemie erschwert die Bedingungen in der Kältehilfe: Die Zahl der
Schlafplätze ist dabei weniger das Problem als fehlende Angebote tagsüber.
Hotelzimmer für Obdachlose gefordert: Ungewöhnliche Allianz
In Hamburg wollen Linke und CDU eine Einzelunterbringung für Obdachlose.
Das Winternotprogramm müsse ausgeweitet werden.
Maßnahmen für Obdachlose: „Sie brauchen ein eigenes Zimmer“
Jörg Richert, Vorstand der Karuna Sozialgenossenschaft, erklärt, warum
seine Organisation in der Coronakrise Hotelzimmer für Obdachlose fordert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.