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# taz.de -- Mitbestimmung für Ausländer*innen: Ohne Pass kein Kreuz
> Hamburger*innen ohne deutschen Pass dürfen bei Volksinitiativen nicht
> abstimmen. Die Linke will das ändern.
Bild: Abstimmungszettel für Volksentscheide einwerfen dürfen in Hamburg nur D…
Hamburg taz | 150.000 Hamburger*innen sollen nicht länger außen vor
bleiben. Dass auch Erwachsene, die keinen deutschen Pass haben, in Zukunft
an Volks- und Bürgerentscheiden teilnehmen dürfen, will die Linke. Sie
bringt am Mittwoch in der Bürgerschaft den Antrag ein, der Senat möge
„einen rechtssicheren Weg“ finden, allen Hamburger*innen, deren
Abstimmungsrecht „allein an ihrer Staatsbürgerschaft scheitert und die seit
fünf oder mehr Jahren in Deutschland leben, ein entsprechendes Wahlrecht zu
ermöglichen“.
Hamburger*innen ohne deutschen Pass „müssen ebenso wie alle anderen
Hamburger*innen in der Politik der Stadt repräsentiert werden“, fordert die
Linke. Für viele von ihnen sei „die Einbürgerung, welche häufig als einzige
Lösung deklariert wird, keine Option“.
Bei den einen sei ein Einbürgerungsantrag „in der Vergangenheit bereits
gescheitert“, andere hätten „persönliche Gründe“, die sie „an ihre
bisherige Staatsbürgerschaft binden“. Es sei „zeitgemäß“, meint der
Linken-Abgeordnete Metin Kaya, „juristische Möglichkeiten für eine
Anpassung des Wahlrechts zu finden“.
Doch das ist so einfach nicht. Das Grundgesetz schließt die Teilnahme von
Ausländer*innen an Wahlen in Bund, Ländern und Kommunen grundsätzlich aus.
Seit 1992 ist hier allerdings das Recht zur Teilnahme an Kommunalwahlen für
Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der
Europäischen Gemeinschaft haben, verbrieft. Sämtliche Initiativen in
einzelnen Bundesländern, allen [1][ständig in der Bundesrepublik lebenden
Menschen ohne deutschen Pass] zumindest ein kommunales Wahlrecht zu geben,
scheiterten aber bislang.
Deshalb gilt dem verfassungspolitischen Sprecher der SPD, Olaf Steinbiß,
die Linken-Initiative als „typischer Showantrag“, der nicht umsetzbar sei.
Dabei haben SPD und Grüne selber in ihren Koalitionsvertrag geschrieben,
sie würden sich bemühen, „einen rechtssicheren zu Weg finden, der das
Wahlrecht auf kommunaler Ebene für Nicht-Deutsche möglich macht“. Doch
diese Passage stammt aus der [2][Koalitionsvereinbarung von 2015] und
findet sich im aktuellen Koalitionsvertrag nicht wieder. „Da kommen wir
nicht weiter“, klagt Steinbiß, der das Anliegen der Linken inhaltlich
durchaus teilt.
Auch Filiz Demirel, Sprecherin für Migration der Grünen-Fraktion, betont,
es sei zwar das Ziel ihrer Partei, „dass sich alle Menschen, die dauerhaft
in unserer Stadt leben, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft an den
demokratischen Entscheidungen über unser Gemeinwesen beteiligen dürfen“,
doch das sei rechtlich nicht zu wuppen.
„Aus der Diskussion über ein kommunales Wahlrecht für Hamburger*innen ohne
EU-Staatsbürgerschaft wissen wir, dass ein solches Wahlrecht wohl nicht
ohne eine Änderung des Grundgesetzes möglich ist. Das Gleiche gilt für
Volksentscheide“, klagt Demirel. Deshalb werde man den Antrag der Linken
ablehnen.
Das plant auch die CDU, aber auch aus inhaltlichen Gründen: Dass die
Staatsgewalt nur von Menschen mit deutschem Pass ausgeht, findet
Bürgerschaftsvizepräsident André Trepoll richtig. „Es ist wie in einem
Verein: Wer Mitglied wird, darf mitbestimmen“, [3][koppelt der
CDU-Politiker das Abstimmungsrecht an die Staatsbürgerschaft]. Es trage zur
Integration nichts bei, wenn Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft
nicht erwerben wollten, das Wahlrecht bekämen.
28 Oct 2020
## LINKS
[1] /Auslaenderwahlrecht-erwuenscht/!5216278
[2] https://www.spd-fraktion-hamburg.de/uploads/tx_wfpresse/koalitionsvertrag_d…
[3] https://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/57665/geplantes-wahlrecht-…
## AUTOREN
Marco Carini
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