# taz.de -- Schulbetrieb in Hamburg: Eltern in Sorge | |
> Hamburgs Elternkammer fordert eine andere Raumnutzung, um den | |
> Präsenzunterricht zu erhalten. Der Schulsenator misst Grenzwerten keine | |
> Bedeutung zu. | |
Bild: Wie war das mit den Abständen? Ties Rabe am Donnerstag beim Start des Pr… | |
HAMBURG taz | Hamburg ist jetzt Corona-Risikogebiet. Am Sonntagabend, als | |
bekannt wurde, dass der Wochenwert auf über 50 Infektionen pro 100.000 | |
Einwohner steigt, gab die [1][Hamburger Elternkammer] eine Pressemitteilung | |
heraus und forderte „flexibles Reagieren“ in zwei Szenarien: Hamburg könne | |
entweder die Präsenzpflicht in den Schulen aufheben oder die Klassen | |
halbieren. | |
Allerdings seien Hamburgs Eltern in dieser Frage „nicht einer Meinung“, wie | |
der Vorsitzende Marc Keynejad sagt. „Wir erhielten viele kritische | |
Reaktionen.“ Eine Umfrage der Kammer im Frühjahr ergab zudem, dass 70 | |
Prozent der Eltern mit Homeschooling nicht zurecht kamen und dorthin nicht | |
zurück wollen. | |
Ziel der Mitteilung sei gewesen, dass die Schulbehörde ein Konzept | |
erstellt, damit die 1,5-Meter-Abstand-Regel auch in den Klassen eingehalten | |
werden kann, sagt Keynejad. „Senator Rabe hat uns gesagt, es gebe 30 | |
Prozent ungenutzer Räume.“ Würden nun Klassen geteilt, könnten sie parallel | |
in zwei Räumen „Unterricht in Echtzeit“ erleben. Im zweiten Raum könnten | |
die Schüler über ein Smartboard der Lehrkraft folgen, die Aufsicht könnte | |
eine Honorarkraft führen. | |
Was die Elternkammer aber eigentlich nicht wolle, wie Keynejad betont, sei, | |
die Präsenzpflicht auszusetzen. „Die Option, Zuhause zu lernen, kann aber | |
für die Familien sinnvoll sein, die in unserer Umfrage nicht sagten, das | |
Homeschooling bei ihnen nicht funktioniert“, sagt der Kammervorsitzende. | |
## Schulbehörde soll zusätzliche Räume anmieten | |
Die Forderung wurde aber offenbar so verstanden. Bürgermeister Peter | |
Tschentscher (SPD) kommentierte sie, als er auf der Landespressekonferenz | |
darauf angesprochen wurde, mit den Worten: „Meines Wissens gibt es kein | |
einziges Bundesland, das jetzt die Schulpflicht außer Kraft setzt. Ich | |
finde das einen sehr ungewöhnlichen Vorschlag.“ Man möge hierzu aber die | |
Schulbehörde fragen. | |
[2][Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte zum Start des Schuljahrs am 4. | |
August] gesagt, die Schulen könnten in den Regelbetrieb gehen und innerhalb | |
der Klassen auf die 1,5 Meter Abstand verzichten. Er bezog sich dabei auf | |
die Stellungsnahme der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin | |
(DAKJ) und weiterer Fachgesellschaften, die Empfehlungen für den sicheren | |
Schulbetrieb verschickt hatten. Im Anhang des Dokuments fand sich aber eine | |
Tabelle, laut der zwar noch nicht ab einem Inzidenzwert von unter 50, wohl | |
aber ab dem Wochenwert von über 50 „geteilte Klassen, ergänzt durch | |
Online-Unterricht“, empfohlen werden. | |
Danach gefragt, erklärt Rabes Sprecher Peter Albrecht: „Es darf keinen | |
Automatismus für alle Schulen beim Erreichen bestimmter Inzidenzwerte | |
geben.“ Denn die Schulen seien am Infektionsgeschehen „nicht maßgeblich | |
beteiligt“. | |
In den Tagen [3][seit Ende der Herbstferien] wurden laut Albrecht 70 | |
Schüler und 18 Beschäftigte positiv auf Corona getestet. Insgesamt waren | |
seit den Sommerferien 477 Schüler und 95 Beschäftigte an 190 Schulen | |
betroffen. Doch nur an vier Schulen hätten sich Personen auch in der Schule | |
angesteckt. Diese Zahlen zeigten, „dass Schulen ein sicherer Ort sind, an | |
dem es nur äußerst selten zu einer Übertragung der Krankheit kommt“. | |
Die Elterninitiative „Sichere Bildung in Hamburg“ betrachtet die Zahlen | |
anders. Bezogen auf die Zeit vor den Herbstferien seien Schulangehörige | |
häufiger als die übrige Bevölkerung erkrankt. Die Initiative fordert die | |
Schulbehörde auf, zügig Kleingruppen im Wechsel mit digitalen Angeboten | |
anzuordnen, so wie es in Frühjahr gewesen sei. | |
Auch Keynejad sagt, es müsse „zügig ein Plan B erstellt“ werden. Dafür | |
könnte die Stadt leere Räume anmieten, zum Beispiel bei Sportvereinen oder | |
in Jugendherbergen. Bei allen Überlegungen ginge es darum, den Unterricht | |
in der Schule aufrecht zu erhalten, „auch wenn uns die Pandemie noch härter | |
trifft“. Man sei „mit der Schulbehörde im Gespräch“. | |
Die taz sprach auch mit Hans-Iko Huppertz, dem Generalsekretär der DAKJ. | |
Der sagt, man empfehle keinen rein virtuellen Unterricht. „Wichtig ist, | |
dass die Kinder in der Schule präsent sind und nicht zu Hause vor dem | |
Computer Schule machen.“ Die in der Stellungnahme der medizinischen | |
Fachgesellschaften enthaltene Tabelle habe weiterhin Gültigkeit. Huppertz: | |
„Wenn Sie alles empfohlene umsetzen, können Sie auch bei einem Inzidenzwert | |
von 100 auf 100.000 Einwohner in der Schule Präsenzunterricht durchführen“. | |
Doch alle Maßnahmen könnten nicht zu hundert Prozent verhindern, dass | |
Infektionen auftreten. | |
Denkbar wäre, so der Jugendmediziner, dass die Klassen bei sehr hohen | |
Inzidenzen geteilt werden und je vormittags und nachmittags Unterricht | |
haben. Doch wichtig sei eben die Präsenz der Kinder, Online-Angebote | |
sollten nur ergänzend stattfinden. Zum Schutz vor Infektionen sei es am | |
wichtigsten, dass die Lehrer Masken tragen, sowohl in der Klasse als auch | |
im Lehrerzimmer, und dass die Schüler feste Kohorten bilden, die sich nicht | |
mischen. „Und Schüler ab zehn Jahren“, so Huppertz, „können sinnvoll ei… | |
Maske tragen.“ | |
23 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://elternkammer-hamburg.de/ | |
[2] /Hamburger-Konzept-fuer-Schulbetrieb/!5700072/ | |
[3] /Corona-Schutz-an-Hamburgs-Schulen/!5713109/ | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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