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# taz.de -- Streit um Schutzmaßnahmen gegen Corona: Die Schule als Kampfplatz
> Maskengegner*innen bedrohen den Vorsitzenden des Landeselternbeirats in
> Schleswig-Holstein. Grund ist eine Umfrage zur Maskenpflicht in Schulen.
Bild: Hart umkämpft: Mund-Nasen-Schutz in der Schule
Neumünster taz | Der Streit um Schutzmaßnahmen gegen eine Ausbreitung des
Coronavirus eskaliert inzwischen nicht mehr nur im politischen Raum,
sondern auch rund um Schulen. In Schleswig-Holstein haben Gegner*innen der
Maskenpflicht eine Umfrage zum Scheitern gebracht, in der es um die Frage
ging, ob Maskentragen in der Schule sinnvoll sei.
„Ich werde Sie bis ins Nirvana verklagen, bis Sie vernichtet sind!“ Mails
und Posts dieser Art – Rechtschreibfehler hat die Redaktion entfernt –
erhält Thorsten Muschinski zurzeit viele. Der Vorsitzende im
Landeselternbeirat der Gemeinschaftsschulen in Schleswig-Holstein hatte
eine Online-Umfrage unter Eltern gestartet, um zu erfahren, wie sie zu
einer Maskenpflicht in den Schulen stehen. Wer wollte, konnte sich auch
äußern, wie lang so eine Maßnahme gegebenenfalls dauern sollte und wann das
Infektionsgeschehen eine erneute Schließung der Schulen verlange. „Es ging
mir um ein Stimmungsbild“, sagt Muschinski.
Das Ergebnis wollte er dem Kieler Bildungsministerium zur Verfügung
stellen. Auch Ministerin Karin Prien (CDU) sei daran interessiert gewesen,
berichtet Muschinski. Daraus wurde nichts: „Mich erreichten Infos, dass in
Foren dafür geworben wurde, die Umfrage zu manipulieren.“ Weil so kein
klares Stimmungsbild entstehen konnte, hat er die Aktion gestoppt. Denn von
einer Reihe von IP-Adressen ist mehrfach abgestimmt worden, „zehn, 20 oder
30 Mal“, sagt Muschinski. Schade, findet er, und auch aus Sicht der
Maskengegner*innen nicht zielführend: „Es wäre sehr interessant gewesen,
das echte Ergebnis zu sehen.“
Der Landeselternbeirat hatte die Umfrage über einen Newsletter, seine
Homepage und Facebook verbreitet und Eltern darum gebeten, sie
weiterzuleiten. Ein erster Zwischenstand habe gezeigt, dass eine Mehrheit
der Eltern dafür sei, dass die Kinder in Klassen- und Pausenräumen einen
Mund-Nasen-Schutz tragen, sagt Muschinski.
## Anrufer droht mit tätlichen Angriffen
Dann aber häuften sich die Gegenstimmen und es hagelte Proteste. Dem
ehrenamtlichen Elternvertreter wird unterstellt, er selbst habe eine
„Anordnung zur Maskenpflicht“ erteilt, für die er „haftbar“ gemacht we…
solle, es wurde gedroht, „Ihren Namen in jeglichen Foren zu
veröffentlichen“. Ein anonymer Anrufer drohte gar mit tätlichen Angriffen:
„Irgendwann stehen wir hinter dir. Wir wissen, wo du und deine Familie
wohnen.“
Er wolle sich nicht einschüchtern lassen, betont Muschinski, der gegen die
anonymen Drohungen Anzeige erstattet. Aber ihn beunruhigt, „dass die
Verrohung immer extremer und massiver wird“. Seit 15 Jahren ist er als
Elternvertreter tätig: „Damals gab es vielleicht mal einen Streit in der
Klasse, heute werde ich für ein Ehrenamt, das ich unbezahlt in meiner
Freizeit mache, massiv bedroht und beleidigt.“
Rückhalt erhielt er von Bildungsministerin Prien: „Die Landeselternbeiräte
sind ein demokratisch gewähltes Gremium, das die Eltern an unseren Schulen
vertritt. Ihre Arbeit ist wichtig, gerade in Zeiten großer
Herausforderungen für die Schulgemeinschaft“, sagte die CDU-Politikerin zu
dem Vorfall.
Beleidigungen und verbale Angriffe gegen einen
Landeselternbeiratsvorsitzenden, der durch eine Online-Umfrage zur
Meinungsbildung beitragen wollte, „sind absolut inakzeptabel“. Die
versuchte Manipulation der Umfrage zeige, welch „aggressive Minderheit
gegen die Alltagsmasken agitiert und dass es den so genannten
Maskengegner*innen nicht um Erkenntnisse, sondern um Durchsetzung ihrer
Ideologie geht“.
Auch Mitglieder der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) seien mit
Maskengegner*innen konfrontiert, berichtet Landesgeschäftsführer Bernd
Schauer: „An den Schulen kursieren Schreiben, in denen Lehrkräften
rechtliche Schritte angedroht werden, wenn sie die Maskenpflicht
durchsetzen wollen.“ Das Hauptproblem sieht er darin, dass „Kinder
instrumentalisiert und verunsichert werden“.
Der Protest findet aber nicht nur im Netz, sondern auch auf der Straße
statt. In Eckernförde kam es am ersten Schultag nach den Herbstferien zu
einer Demonstration von Eltern gegen die Maskenpflicht. Die Initiative
„Aufstehen für die Freiheit“ warnte davor, dass Kinder unter der Maske
ohnmächtig werden könnten. Die Demonstrant*innen stellten infrage, ob es
überhaupt eine Pandemie gäbe. Die Demo endete nach einer Viertelstunde.
Und auch in anderen Teilen des Landes sind Maskengegner*innen aktiv, etwa
von der Gruppe „Eltern stehen auf“, die vor Schulhöfen Flugblätter an
Kinder und Jugendliche verteilen, berichtet Muschinski.
Nachdem Muschinski die Umfrage gestoppt hatte, erreichten ihn wieder
zahlreiche Reaktionen. „Die meisten waren positiv, viele Leute haben mir
den Rücken gestärkt“, sagt er. Aber es gab auch Mails von Gegner*innen.
Einige können offenbar nicht begreifen, was mit „Manipulation“ gemeint ist.
So heißt es in einem Schreiben: „Von Manipulation kann bestimmt nicht
pauschal ausgegangen werden! Na klar habe ich fünfmal abgestimmt, aber nur,
weil es unverantwortlich ist, was man mit unseren Kindern macht.“
27 Oct 2020
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
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