# taz.de -- Corona-Gefahr im Schulbus: Keine Chance auf Mindestabstand | |
> Eltern und Busunternehmen fordern Konzepte für den Infektionsschutz beim | |
> Schüler*innen-Transport. Aber die Länder wollen kein Geld in die Hand | |
> nehmen. | |
Bild: In Corona-Zeiten ein schwieriges Thema: zu enge Schulbusse wie hier in Sa… | |
HAMBURG taz | Die Schulen haben den Regelbetrieb wieder aufgenommen – je | |
nach Bundesland mit unterschiedlichen Hygienekonzepten. Für ein Problem | |
hat jedoch noch kein Land eine Lösung gefunden: den Weg zur Schule. Denn | |
zur Stoßzeit können viele Schüler*innen den Mindestabstand nicht einmal | |
ansatzweise einhalten. | |
Dass die Beförderung an ihre Grenzen stoßen würde, war vorauszusehen. Doch | |
Joachim Schack, Geschäftsführer des Omnibusverbandes Nord e. V. sagt: „Man | |
tut so, als hätte es Corona nie gegeben.“ | |
Schack hatte der Landesregierung bereits um Ostern herum angeboten, die | |
wegen abgesagter Klassenfahrten zur Verfügung stehenden Reisebusse | |
einzusetzen. Sein Vorschlag sei mit der Begründung abgetan worden, das sei | |
nicht notwendig, solange kleine Lerngruppen nur abwechselnd in die Schule | |
gingen. | |
Doch nun findet der Schulbetrieb wieder in normaler Klassenstärke statt – | |
und zieht die Corona-Schutzmaßnahmen damit ins Absurde: Bevor in der Schule | |
alle darauf achten, den vorgeschriebenen Abstand möglichst einzuhalten, | |
stehen die Schüler*innen dicht gedrängt im Bus. „Diesen Widerspruch deckt | |
jedes Kind auf. Die Schüler werden praktisch zur Missachtung der Regeln | |
gezwungen“, so Schack. | |
Eine Sprecherin des Kieler Bildungsministeriums sagte, derzeit seien die | |
Infektionszahlen in Schleswig-Holstein sehr niedrig. Seit Schulbeginn vor | |
dreieinhalb Wochen sei es durch die Schüler*innenbeförderung nicht zu | |
weiteren Erkrankungen gekommen. In Vorbereitung auf den Herbst und Winter | |
seien Bildungs- und Verkehrsministerium mit den Kommunen im Gespräch. Über | |
eine mögliche Entzerrung durch einen gestaffelten Schulbeginn, wie ihn der | |
Omnibusverband vorgeschlagen hatte, seien die Schulen in stetem Austausch | |
mit Schulträgern und Beförderungsunternehmen vor Ort. | |
Bus-Funktionär Schack fordert mehr Ehrlichkeit von der Landesregierung. Er | |
betont: „Es handelt sich nicht um ein Fahrzeugbeschaffungsproblem, sondern | |
um ein Organisations- und Finanzierungsproblem. Die Frage ist: Wie viel ist | |
dem Land ein sicherer Infektionsschutz wert?“ | |
In Niedersachsen hätten die Träger der Schülerbeförderung soweit möglich | |
zusätzliche Busse eingesetzt, heißt es vom dortigen Landkreistag. „Eine | |
weitere Verbesserung der Situation halten einige Landkreise bei einer | |
deutlichen Staffelung der Unterrichtszeiten für möglich“, sagt der | |
Vorsitzende Hubert Meyer. „Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Träger | |
der Schülerbeförderung wirksam Einfluss auf die Organisation des | |
Schulbeginns in ihrem Einzugsgebiet erhalten.“ Die vereinzelt ebenfalls | |
diskutierte Forderung, auf Reisebusse zur Verstärkung besonders belasteter | |
Linien zurückzugreifen, setze „die Bereitschaft des Landes voraus, | |
zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen“. | |
Niedersachsen habe bis heute kein Konzept für die Schüler*innenbeförderung, | |
kritisiert die Vorsitzende des Landeselternrats, Cindy-Patricia Heine. | |
Dabei habe sie das schon vor Monaten gefordert. In überfüllten Bussen sei | |
der Infektionsschutz nicht mehr gewährleistet. „Die Sorge der Elternschaft | |
ist natürlich groß, es gibt hier einfach eine riesige Diskrepanz.“ Daran | |
könnten auch verstärkte Kontrollen zur Einhaltung der Maskenpflicht nichts | |
ändern. | |
Der Landkreis Peine hat selbst die Initiative ergriffen und bietet | |
besorgten Eltern eine Pauschale von 30 Cent pro gefahrenem Kilometer im | |
„Elterntaxi“ an. „Die Kilometerpauschale ist vor allem als finanzielle | |
Entschädigung für Eltern gedacht, die ihre Kinder aus Angst vor einer | |
Corona-Infektion nicht mit dem Bus fahren lassen möchten“, sagt | |
Kreissprecher Fabian Laaß. Die Testphase solle jedoch keine Kinder, die | |
derzeit zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule kommen, zum Umstieg aufs | |
Auto bewegen. Ganz im Gegenteil: Für Kinder, die die Schülersammelzeitkarte | |
im Sekretariat abgeben, gebe es eine Fahrradprämie von monatlich 10 Euro. | |
4 Sep 2020 | |
## AUTOREN | |
Lena Toschke | |
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