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# taz.de -- Öffnung der Schulen in Hamburg: Gefährlicher Mief
> An Hamburgs Schulen gilt nun doch eine Maskenpflicht außerhalb der
> Klassenzimmer. Das kommt Kritikern entgegen – aber nur ein bisschen.
Bild: Alle auf zum Unterricht: Ab Donnerstag sind auf dem Weg ins Klassenzimmer…
Hamburg taz | An Hamburgs Schulen soll es nun doch eine Maskenpflicht
geben. Das kündigte Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Montag Morgen an. Die
Pflicht gelte auf dem Schulgelände bis zum Sitzplatz. Das habe er in
Rücksprache mit Verbänden entschieden. Im Unterricht selber seien Masken
nicht sinnvoll, so der Senator im [1][Interview auf dem Sender NDR 90,3].
Auch Grundschulkinder sind von der Pflicht ausgenommen.
In den Tagen zuvor hatte die von Rabe [2][angekündigte Form der Öffnung der
Schulen] auch Kritik hervor gerufen. Die [3][Hamburger Elternkammer]
befürchtete, dass die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) zur
Eindämmung der Coronapandemie „nicht ausreichend berücksichtigt werden“.
Dazu gehörten Abstandhalten und eben auch Maske tragen. Eine Elterngruppe
fordert gar geteilte Klassen und Unterricht in Kleingruppen – wie es das
RKI im Mai empfohlen hatte.
Doch genau diesen Weg geht Hamburg nicht und verständigte sich über die
Kultusministerkonferenz mit den anderen Ländern auf das Kohortenprinzip.
Das heißt: Kinder verschiedener Klassen oder Jahrgänge bleiben als Einheit
unter sich und sollen sich nicht mischen, in der Klasse selber fällt dafür
die 1,5-Meter-Abstandsregel weg. So können dort wieder bis zu 27 Kinder in
einem Klassenraum lernen, immer zwei an einem Tisch. Der Vorteil: Es gibt
wieder den ganzen Stundenplan als Präsenzunterricht. Rabe argumentiert
sozialpolitisch, eine [4][Verlängerung des Fernunterrichts würde die
„Spaltung im Bildungssystem“] verstärken.
Doch zeitgleich mit Rabes Ankündigung trat am Dienstag in Berlin RKI-Leiter
Lothar Wieler vor die Presse und warnte eindringlich, dass wir uns weltweit
mitten in der Pandemie mit steigenden Infektionszahlen befänden. Er
forderte dazu auf, Abstandsregel und Maskenpflicht einzuhalten.
„Ich kann nicht verstehen, wieso da der Hamburger Schulsenator bekannt
gibt, dass im Klassenraum auf beides verzichtet werden soll“, kritisierte
Heike Habbe, Vater zweier Schulkinder. Er frage sich, ob der Schulsenator
die Corona-Ausbrüche an Schulen in anderen Ländern wie Israel und
Australien nicht kenne, und auch neuere Studien, die belegten, dass auch
Kinder und Jugendliche einander und Erwachsene anstecken können.
Habbe hatte seine Bedenken vergangene Woche in einem breit gestreuten
Leserbrief formuliert und Mitstreiter gefunden, die einen Offenen Brief an
den Senator planten. Die Eltern wenden sich gegen eine Schulöffnung nach
dem Motto „Augen zu und durch“, denn das Kohortenprinzip sei zur Vorsorge
ungeeignet. „Warum können wir nicht mit geteilten Klassen und halbem
Stundenplan beginnen?“, fragt Mutter Ines Moegling.
Ganz soweit geht die Elternkammer nicht. Die Eltern hielten kein
Homeschooling mehr durch, hört man aus dem Vorstand. Doch auch sie fordert
eine „flexible Stundentafel“ und spricht dazu noch ein praktisches Problem
an: den sprichwörtlichen „Schulmief“. Regelmäßiges Lüften sei „schwie…
bis unmöglich“, weil sich in vielen Klassen die Fenster nicht öffnen ließen
oder es sich nur „um kleine Luftschlitze handelt“.
Das Virus verbreitet sich durch Aerosole, doch so sei der zu
Ansteckungsminderung nötige Luftaustausch erschwert. Die Schulbehörde
Hamburg müsse unverzüglich für eine ausreichende Durchlüftung in allen
Räumen sorgen. „Lüftung ist ein Knackpunkt. Das Problem muss man schnell
mit Handwerkern an allen 403 Schulen lösen“, sagt die Mutter Nadja Frenz.
Die Zeit werde knapp.
Die Schulbehörde erklärt, sie habe ein Konzept vorgelegt, um den
Präsenzunterricht sicher zu gestalten, dazu gehöre das regelmäßige und
richtige Lüften. Aus Sicherheitsgründen geschlossene Fenster müssten dafür
von Lehrern geöffnet werden. Könne aus baulichen Gegebenheiten nicht
ausreichend gelüftet werden, „müssen im Einzelfall individuelle Lösungen
gefunden werden“, sagt Sprecher Peter Albrecht.
## Behörde: Misch-Modell nicht realistisch
Sollte das Infektionsgeschehen zunehmen, seien selbstverständlich
Alternativkonzepte vorbereitet. Ein dauerhaftes Misch-Modell aus Präsenz-
und Fernunterricht mit halben Lerngruppen stelle die „Eltern vor massive
Betreuungsprobleme“ und sei pädagogisch weniger sinnvoll. Zudem wären dafür
mehr Lehrkräfte nötig.
Deutliche Kritik gab es eben beim Punkt Masken. Neben der Hamburger
CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver hatte auch die Bundesbildungsministerin
Anja Karliczek (CDU) am Wochenende gefordert, das Tragen des
Mund-Nasen-Schutzes zur Pflicht zu machen. Und im Nachbarland
Schleswig-Holstein möchte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) die Masken
in den ersten 14 Tagen nach Ferienende nicht nur auf dem Schulhof, sondern
auch im Unterricht sehen. Allerdings ist die Rede von einer „dringenden
Empfehlung“, und nicht von einer Pflicht. Auch gilt diese nicht für die
Klassen eins bis sechs.
Senator Rabe spricht für Hamburg nun von einer „Maskenpflicht“, die
allerdings nicht im Unterricht gelten soll, „weil man im Unterricht
natürlich miteinander reden muss“, und die Maske das Erkennen von Mimik
erschwere. Sein Sprecher Albrecht wies übrigens gegenüber der taz bereits
am Freitag vorsorglich darauf hin, dass sich – abhängig vom
Infektionsgeschehen – einzelne Planungen sogar bis Donnerstag noch ändern
könnten.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde im letzten und vorletzten
Absatz aktualisiert. In einer früheren Fassung war von einer
„Maskenpflicht“ für den Unterricht in Schleswig-Holsteins Schulen die Rede.
3 Aug 2020
## LINKS
[1] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/coronavirus/Schulstart-in-Hamburg-Ma…
[2] /Schulbeginn-in-Hamburg/!5699279/
[3] https://elternkammer-hamburg.de/
[4] /Hamburgs-Schulsenator-zum-Schulbetrieb/!5689324/
## AUTOREN
Kaija Kutter
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