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# taz.de -- Nukleare Müllabfuhr: In Hölle, Leck oder Kothausen?
> Wo soll der deutsche Atommüll sein Endlager bekommen? Vielleicht an
> Orten, die allein schon durch ihre Namen genug gestraft sind?
Bild: Wohin denn nun mit dem Atommüll?
Ich besuche meine Eltern wirklich gern. Sie wohnen in Lichtenrade, ganz im
sonnigen Süden Berlins, wo auch Kevin Kühnert herkommt und zu meiner
Jugendzeit in drei Himmelsrichtungen Osten war (nur nach Norden keine
Mauer).
Aber seit zwei Wochen habe ich so meine Zweifel. Denn jetzt weiß ich: Tief
unter meiner Heimatscholle liegt – im Gegensatz zu meinem Wahlheimatbezirk
Schöneberg – prätertiäres Tongestein. Die Erde meiner Jugend ist damit
theoretisch geeignet für ein atomares Endlager. Und das suchen ja jetzt
alle.
Ob Sie bei sich zu Hause an dieser Suche teilnehmen können, können Sie
selbst nachprüfen, wenn Sie auf die [1][Website der „Bundesanstalt für
Endlagerung“] (BGE) gehen. Postleitzahl eingeben und – „zoooom!“ – sc…
sehen Sie, ob Sie noch schnell im Garten hinter den Sonnenblumen nach einem
schlummernden Vulkan suchen sollten. Finden Sie einen, könnte das in der
Abwägung der unterschiedlichen Kriterien bei der Endlagersuche ein
wichtiger Hinweis sein: hier vielleicht nicht!
Völlig klar: Auch wenn wir das Zeug immer bekämpft haben, jetzt ist es da
und muss irgendwohin, möglichst sicher und im möglichst großen Konsens. Da
werden wir nicht vermeiden können, irgendwann über Standorte zu
diskutieren. Aber wie überzeugt man Menschen, dass sie für eine Million
Jahre tief unter ihren Füßen Atommüll lagern lassen?
## Eine Deutschlandkarte mit verdächtigen Namen
Mitten in dieser Debatte fiel mir eine Ausgabe des „Gäuboten“ in die Händ…
der Tageszeitung im Kreis Böblingen (wo übrigens laut BGE-Karte
Kristallingestein im Boden liegt, also auch ein potenziell möglicher
Endlager-Standort). Die KollegInnen druckten eine Karte, die die Debatte
noch mal auf eine andere Ebene heben kann und uns deshalb vielleicht
wirklich weiterbringt. Denn: Sie zeigt unter anderem Gegenden, die schon
von ihrem Namen her signalisieren, dass ein atomares Endlager an diesen
Orten vielleicht ganz gut passen würde.
Wie wäre es zum Beispiel mit Ekel in Nordrhein-Westfalen? Auch Sargleben in
Brandenburg käme infrage oder Grab bei Schwäbisch-Hall (Slogan: „In diese
Steine können Sie bauen!“). Interessant wegen seiner Warnfunktion auch
etwas südlich davon: Killer.
Sachsen-Anhalt hat gleich zwei Regionen, die in der namentlichen Abwägung
ganz vorn lägen: Oberkaka/Unterkaka und die Grenzregion zu Niedersachsen
mit Elend/Sorge. Auf der Westseite der Grenze liegen mit Krätze und Sack
linguistisch eher nachrangige Gebiete.
Allerdings: Nomen est omen. An Standorten wie Himmelpforten an der Elbe
oder Leck und Luschendorf in Schleswig-Holstein sollten wir die gefährliche
Fracht besser nicht abladen.
Schwierig auch: In Motzen und Ohnewitz in Brandenburg wird es wohl gleich
Proteste geben. Sachsen ist mit Oberhäslich im Boot, Thüringen liegt mit
Hölle weit vorn. Und NRW hat mit der Region Husten/Halbhusten/Faulebutter
einen starken Kandidaten im Rennen.
Sommerloch in Rheinland-Pfalz scheidet dagegen schon vom Untergrund her
aus, ebenso wie Pups in Oberbayern. Heimliche Favoriten: Kothausen an der
niederländischen Grenze oder Meinkot bei Wolfsburg, nicht weit von –
Gorleben. Das schon immer allein aus sprachlichen Gründen ungeeignet war.
Nur Markus Söder muss jetzt ganz tapfer sein. Denn die namenstechnisch
besten Orte liegen eindeutig in seinem Königreich: etwa Knochenmühle,
Prügel und Einöde. Da hilft auch der aktuelle Koalitionsvertrag zwischen
CSU und Freien Wählern nicht, in dem extra steht, dass ganz Bayern nun
wirklich aber so was von ungeeignet sei.
Vor allem die Entsorgungsregion Kotzendorf/Großkotzenreuth/Kleinkotzenreuth
in Franken scheint praktisch ideal für ein Endlager. Aber halt! Suche
einstellen! Wir haben einen Sieger für die nächste Million Jahre, direkt an
der Grenze zu Österreich: ein paar Häuser namens: Ewigkeit.
9 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.bge.de/de/endlagersuche/zwischenbericht-teilgebiete/
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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