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# taz.de -- Energiestratege über Trumps Amtszeit: „Klimapolitik nur verzöge…
> Der US-Präsident wollte mehr Kohle, mehr Öl, weniger Regulierung. Hat er
> das geschafftt? Der kalifornische Stratege Terry Tamminen findet: kaum.
Bild: Machten die Klimakrise diesen Sommer hautnah erfahrbar: Waldbrände in Ka…
taz: Herr Tamminen, Sie sitzen in Santa Monica an der Küste Kaliforniens.
Dort haben in diesem Jahr [1][die schlimmsten Brände seit Menschengedenken]
gewütet. Wie haben die Feuer das Land verändert?
Terry Tamminen: Die letzten vier, fünf Jahre waren es jeden Sommer die
schlimmsten Brände und ein Jahr später war es nochmals schlimmer.
Katastrophale Brände sind fast das neue Normal. Wir in Kalifornien wissen,
was der Klimawandel ist, wir tun seit Jahrzehnten etwas dagegen. Die Feuer
treiben uns in einen noch krasseren Widerspruch zu Donald Trump.
Hat er es geschafft, die Klimapolitik der USA zu zerstören?
Es gab vor seiner Wahl ein echtes Momentum: Bundesstaaten, die erneuerbare
Energien oder Energieeffizienz voranbringen wollten, Automobilkonzerne, die
endlich sauberere Autos liefern wollten. Das konnte er nicht stoppen, nur
verzögern. Aber wir hatten eigentlich keine Zeit, vier Jahre zu verlieren.
Und weil die USA sagen, sie machen nichts mehr, haben auch andere Länder
wie Brasilien oder Indien eine Entschuldigung fürs Nichtstun.
Aber es gab doch Rückschritte: Obama wollte sparsamere Autos, Trump hat die
CO2-Grenzwerte wieder kassiert.
Der Markt ist international, wer Autos verkaufen will, muss Fortschritte
machen und sparsamere Autos anbieten. Das ändert niemand, nur weil Trump
für vier Jahre an der Macht ist. Außerdem ist der größte Markt in den USA
Kalifornien. Und wir haben das Recht, eigene CO2-Grenzwerte zu erlassen –
denen folgen in der Regel 15 bis 20 Bundesstaaten. Als Trump die nationalen
Grenzwerte für Autos aufgehoben hat, hat das wenig bewirkt, [2][weil
Kalifornien de facto die nationalen Standards bestimmt].
Trump hat aber die Regeln für CO2-ärmere Kraftwerke kassiert.
Das stimmt, da haben wir in Kalifornien keine Handhabe dagegen. Das hatte
aber kaum einen Effekt. Die meisten Kohlekraftwerke sind durch billigere
Erdgaskraftwerke ersetzt worden. Andere waren ohnehin nicht mehr
konkurrenzfähig und wurden durch erneuerbare Energien ersetzt. Trump hat
einen Zug aufzuhalten versucht, der schon losgefahren ist.
Wie ist es Trump denn mit seinem Plan ergangen, die Kohleindustrie
wiederzubeleben?
Damit ist er komplett gescheitert. Unter seiner Ägide ist die Nachfrage
nach Kohle weiter gesunken, es gibt auch weniger Beschäftigte in dem
Sektor. Zwar wurde Kohle weiter exportiert, aber die Nachfrage in den USA
ist dramatisch eingebrochen. Peabody Energy, der weltgrößte private
Kohlekonzern, war zwischenzeitlich insolvent.
Aber die Ölindustrie darf jetzt in der Arktis bohren, oder?
Wenn du Bohrlizenzen bekommst, dann leg los, das ist deren Strategie. Aber
was das Naturschutzgebiet Arctic National Wildlife Refuge angeht, das wird
seit 40 Jahren geschützt. Die Ölindustrie zeigt bisher kein Interesse, da
zu bohren, auch wenn Trump das ermöglichen will. [3][Öl ist in der
Coronakrise abgestürzt], wir hatten teilweise negative Preise. Jetzt sind
wir bei 40 Dollar das Barrel – es lohnt sich nicht, da in so abgelegene
Plätze zu investieren. Besonders, weil es dort keine Infrastruktur gibt,
keine Pipelines, keine Häfen für Tanker.
Im Jahr 2007 hat das Oberste Gericht der USA, der Supreme Court,
entschieden, dass CO2 ein Luftschadstoff ist. Was hat das mit der
Klimapolitik gemacht?
Wir in Kalifornien haben das zusammen mit 13 Bundesstaaten gegen die
Bush-Administration erstritten. Das hatte große Konsequenzen, als Barack
Obama 2009 Präsident wurde. Damals wollten Umweltgruppen unbedingt ein
nationales Klimagesetz in den USA, so wie in Kalifornien. Obama hat mich
damals gefragt, was ich davon halte. Ich sagte ihm, dass er dafür die
Stimmen im Kongress nicht bekommt. Und selbst wenn, dann würden die
Republikaner und Ölkonzerne das Gesetz auf Jahre mit Klagen aufhalten. Ich
empfahl ihm, besser auf das Gesetz zur Luftreinhaltung zurückzugreifen –
das ist zwar 50 Jahre alt, aber der Supreme Court hatte eben entschieden,
dass man mit dem Gesetz CO2 per Präsidialdekret regulieren darf. Das hat
Obama dann auch so gemacht.
Und war das schlau?
Ich sage ungern, dass ich recht hatte, aber es war so: Obama hatte zwar
zwei Jahre lang eine demokratische Mehrheit im Kongress, aber es gab kein
Klimagesetz.
Wenn jetzt die konservative Amy Coney Barrett in den Supreme Court
einzieht, könnte das bedeuten, dass Kalifornien die Möglichkeit verliert,
eigene CO2-Standards für Fahrzeuge festzulegen?
Kaum, aber sag niemals nie. Die Republikaner haben immer versucht, uns
dieses Recht streitig zu machen. Aber es ist gesetzlich klar geregelt. Und
das eine gute Ding konservativer Richter ist, dass sie den Gesetzen folgen
und sie nicht machen.
Gibt es andere Fälle, bei denen ein konservativer Supreme Court ein Problem
für den Klimaschutz wäre?
Ölkonzerne und andere haben gute Anwälte, die finden immer wieder
Kleinigkeiten, mit denen man ganze Gesetze kippen kann. Nur ein Beispiel:
Im Wasserschutzgesetz gibt es eine Definition, die festlegt, was ein
Gewässer der Vereinigten Staaten ist, das damit geschützt ist. Sie besagt,
Gewässer seien schiffbar. Nun gab es Konzerne, die sagten, Grundwasser ist
nicht schiffbar, also darf man das verschmutzen. Und diese haben vor dem
Supreme Court teilweise gewonnen. Aber vergessen Sie nicht: Es war auch ein
konservativer Supreme Court, der 2007 CO2 zu einem Luftschadstoff erklärt
hat. Auch Konservative haben sich damals an wissenschaftlichen
Erkenntnissen zum Klimawandel orientiert.
Also ist der konservative Supreme Court kein Problem für die
Klimagesetzgebung?
Konservative Richter werden vielleicht Gesetze akzeptieren, können sie aber
unterminieren. Nehmen Sie das Beispiel Abtreibung. Da gibt es Regeln in
Bundesstaaten, die besagen: Eine Abtreibungsklinik darf nicht in einem
Radius von 10 Meilen um eine Schule sein. Das als Supreme Court zu
akzeptieren, bedeutet, Abtreibungsrechte zu unterminieren. So etwas
Ähnliches könnte auch beim Klimaschutz passieren.
Was machen Sie, falls Joe Biden die Wahl klar gewinnen sollte? Feiern?
Dann würde wohl die ganze Welt feiern. Trump war nicht nur für die USA ein
Desaster. Natürlich würden wir alle die Luft anhalten, was er noch für
Schaden anrichtet, bis am 20. Januar Biden vereidigt würde. Ich bin auch in
dem Team, das Biden dazu berät, was er in den ersten 100 Tagen nach seinem
Amtsantritt machen sollte. Er plant ein großes Arbeitsbeschaffungsprogramm,
ähnlich wie Franklin D. Roosevelt nach der Großen Depression in den 30er
Jahren. Wenn die Demokraten auch eine Mehrheit im Senat gewinnen, dann
kommt das. Die Idee grüner Infrastruktur zieht sich durch das gesamte
Programm durch – damit könnten die USA wieder Vorreiter im Klimaschutz
werden.
15 Oct 2020
## LINKS
[1] /Waldbraende-in-den-USA/!5709775&s=kalifornien/
[2] /Kalifornien-verbietet-Verbrennungsmotor/!5716406&s=kalifornien/
[3] /Umweltdesaster-in-USA/!5702587&s=%C3%B6lpreis/
## AUTOREN
Ingo Arzt
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