# taz.de -- Gesetzesentwurf im generischen Femininum: „Gläubigerin“ und �… | |
> Ein Gesetzentwurf zum Insolvenzrecht treibt Seehofers Innenministerium | |
> auf die Barrikaden. Denn der Text ist im generischen Femininum verfasst. | |
Bild: Justizministerin Lambrecht und Innenminister Seehofer bei einer Pressekon… | |
Karlsruhe taz | Das Innenministerium hat einen Gesetzentwurf des | |
Justizministeriums beanstandet, in dem fast durchgängig weibliche | |
Sprachformen benutzt wurden. Anders als die Verwendung ausschließlich | |
männlicher Formen sei dies unzulässig. | |
Konkret geht es um den 247-seitigen „Entwurf eines Gesetzes zur | |
Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts“, mit dem eine | |
EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden soll. Der Entwurf liegt | |
bereits seit dem 19. September vor, wird aber erst seit dem Wochenende | |
außerhalb von Fachkreisen diskutiert. | |
Bekanntheit erlangte der Entwurf erst seit das Redaktionsnetzwerk | |
Deutschland (RND) berichtet hat, dass der Gesetzentwurf fast durchgängig | |
weibliche Bezeichnungen verwende. Mehr als 600 Mal heiße es „Gläubigerin“, | |
„Schuldnerin“ oder „Geschäftsleiterin“, hat RND nachgezählt. | |
Das Justizministerium begründete dies damit, dass es im Insolvenzrecht vor | |
allem um Unternehmen gehe, die in der deutschen Sprache überwiegend | |
weiblichen Geschlechts sind, etwa die Aktiengesellschaft oder die | |
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Allerdings sind im | |
Gesetzentwurf auch Menschen wie „Verbraucherinnen“ erwähnt, die ein reales | |
Geschlecht haben und nicht nur ein grammatikalisches Geschlecht. | |
## Orientierungshilfe von 2008 | |
Das Bundesinnenministerium hat inzwischen gegen den Gesetzentwurf | |
Widerspruch eingelegt. Bei rein männlichen Sprachformen – dem generischen | |
Maskulinum – sei anerkannt, dass sie für Menschen von männlichem und | |
weiblichem Geschlecht gelten. Dagegen sei [1][das generische Femininum] zur | |
Verwendung für weibliche und männliche Personen „bislang | |
sprachwissenschaftlich nicht anerkannt“. | |
Dies habe dann zur Folge, dass „bei formaler Betrachtung“ das Gesetz zum | |
Insolvenzrecht „nur für Frauen oder für Menschen weiblichen Geschlechts“ | |
gelten würde. Es wäre „damit höchstwahrscheinlich verfassungswidrig“, so | |
das Bundesinnenministerium. | |
Das Justizministerium von [2][Christine Lambrecht] (SPD) hat auf diesen | |
Widerspruch bisher nur sehr zurückhaltend reagiert. Zu Vorgängen im Rahmen | |
der Ressortabstimmung über kommende Gesetzentwurfe nehme man grundsätzlich | |
nicht Stellung. Allerdings sei die Rechts- und Sprachprüfung, die das | |
Justizministerium für alle Gesetzentwürfe der Bundesregierung vornimmt, bei | |
diesem Entwurf des eigenen Hauses noch nicht abgeschlossen. Der Entwurf | |
werde noch einmal überarbeitet, bevor er dem Kabinett zur Beschlussfassung | |
zugeleitet wird. | |
Bisher orientiert sich die Rechtsprache von Gesetzen am „Handbuch der | |
Rechtsförmlichkeit“. Dort heißt es, dass Männer und Frauen nach Möglichke… | |
direkt anzusprechen sind, um deutlich zu machen, dass beide Geschlechter | |
gemeint sind. Das generische Maskulinum sei vor allem dann noch angemessen, | |
wenn auch Unternehmen mitgemeint sind. Vom generischen Feminum ist dort | |
nicht die Rede. Allerdings stammt das Handbuch von 2008 und soll schon | |
länger modernisiert werden. | |
13 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Kolumne-Luft-und-Liebe/!5065518 | |
[2] /Justizministerin-Lambrecht-ueber-NetzDG/!5689014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Gendern | |
Christine Lambrecht | |
Innenministerium | |
Gendergerechte Sprache | |
Gesetzentwurf | |
Justizministerin | |
Kolumne Die Woche | |
Linguistik | |
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
Gendern | |
Gendergerechte Sprache | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Corona, Trump und Klimaaktivismus: Im Verordnungshagel | |
Der Föderalismus macht den Durchblick schwer, Nena macht zu viel Wind und | |
die Jugendwörter waren früher stärker. | |
Debatte über das Gendern: Ästhetisch einwandfrei | |
Ein Gesetzentwurf probte das generische Femininum. Doch die Männer aus dem | |
Innenministerium fühlen sich nicht mitgemeint. | |
Sprache, Sex und Gender: Hey, was ist dein Geschlecht? | |
Seit mindestens einem halben Jahrhundert wird im deutschsprachigen Raum | |
debattiert, was Geschlecht ist. Ein Überblick. | |
Barrierefreie Kommunikation im Netz: Linke will aufs Gendern verzichten | |
Sonderzeichen machen vielen Menschen mit Behinderung im Internet zu | |
schaffen. Deshalb will die Linkspartei sie ab jetzt nicht mehr verwenden. | |
Gendern lernen für JournalistInnen: Mehr als nur Sternchen | |
Gendergerechte Sprache in Wort, Bild und Video? Der Journalistinnenbund | |
will mit dem Angebot genderleicht.de dafür sensibilisieren. |