| # taz.de -- Pop-up-Radstreifen in Berlin: Totgesagte leben länger | |
| > Die „Pop-up-Bikelanes“ können nach OVG-Urteil vorerst bleiben. Das ist | |
| > gut so. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie auch langfristig bleiben. | |
| Bild: Nicht totzukriegen: Pop-Up-Bikelane in Kreuzberg | |
| So richtig überraschend war der Beschluss des Oberwaltungsgerichts (OVG) | |
| Berlin-Brandenburg vom Dienstag eigentlich nicht. In der Sache | |
| „Pop-up-Radwege“, die ein autoverliebter AfD-Abgeordneter wegklagen will, | |
| gab es dem Verlangen des Senats nach Aufschub nach: Die seit April auf | |
| etlichen Straßen quasi über Nacht erschienenen, provisorisch markierten | |
| Fahrstreifen – die später alle „verstetigt“ werden sollen – dürfen er… | |
| bleiben. Zumindest so lange, bis die RichterInnen an der Hardenbergstraße | |
| über die Beschwerde der Landesregierung gegen den Spruch des Berliner | |
| Verwaltungsgerichts entschieden haben. | |
| So zackig, wie sich das der AfDler Frank Scholtysek vorgestellt hatte, geht | |
| es dann eben doch nicht – er hatte, gleich nachdem die Erstinstanz ihm | |
| recht gegeben hatte, getwittert, er werde nun regelmäßig auf den Strecken | |
| nachsehen, ob die gelben Streifen und Warnbaken noch da seien. | |
| Und nicht nur, dass viele ExpertInnen dem erstinstanzlichen Spruch wenig | |
| Substanz beimaßen: Die Senatsverkehrsverwaltung hat auch ein paar | |
| Hausaufgaben gemacht. Sie lieferte ausführliche Begründungen nach, weshalb | |
| die neuen geschützten Radstreifen ganz konkret für die Sicherheit auf den | |
| jeweiligen Straßen notwendig sind. | |
| Diesen Nachweis nämlich verlange die deutsche Straßenverkehrsordnung | |
| (StVO), hatte das Verwaltungsgericht entschieden – wobei eine andere Lesart | |
| der Paragrafen nahelegt, dass dies für die Anlage von Radstreifen nicht | |
| gilt. | |
| ## Öffentliche Belange überwiegen AfD-Interesse | |
| Wie dem auch sei, unter Berücksichtigung der nachgereichten Unterlagen sei | |
| die Entscheidung des Verwaltungsgerichts „mit überwiegender | |
| Wahrscheinlichkeit im Ergebnis fehlerhaft“, befand das OVG nun und strich | |
| Scholtysek auch noch Folgendes mit aufs Brot: Die öffentlichen Belange | |
| überwögen hier die privaten Interessen des Antragstellers. Dessen „nicht | |
| näher belegte Einschränkung“ sei „nicht schwerwiegend“, die Fahrtzeiten | |
| verlängerten sich nur „minimal“. | |
| Von der endgültigen Entscheidung wird in jedem Fall eine Menge abhängen. | |
| Denn es schien sich eine verhängnisvolle Lücke aufgetan zu haben zwischen | |
| dem, was das Berliner Mobilitätsgesetz fordert – sichere Radverkehrsanlagen | |
| auf allen Hauptstraßen –, und dem, was die StVO überhaupt zulässt. | |
| In Friedrichshain-Kreuzberg, wo die Pop-up-Wege erfunden wurden und wo es | |
| die meisten davon gibt, ist man heilfroh über die Richtung, welche die | |
| Justiz nun offenbar einschlägt. Immerhin ist in der Kreuzberger | |
| Lindenstraße schon der nächste temporäre Radstreifen in Arbeit, und auch | |
| für das kommende Jahr hat Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) | |
| nicht weniger als zehn Kilometer neue Radverkehrsanlagen angekündigt. | |
| Aber auch der Bezirk sollte seine Hausaufgaben machen. So richtig klar ist | |
| in etlichen Fällen nämlich noch nicht, wie Anlieferungen und ähnlichen | |
| Vorhaben stattfinden können, wenn bei der Anlage eines geschützten | |
| Radstreifen kein Platz mehr für einen Parkstreifen ist. Nach Auskunft des | |
| Bezirksamts werden hier individuelle Konzepte geprüft. | |
| Konkret kann es aber auch für ganz normale AnwohnerInnen ungemütlich | |
| werden, etwa wenn sie mit dem Umzugswagen vorfahren wollen. Für Umzüge sei | |
| „wie auch jetzt schon eine verkehrsrechtliche Anordnung zu stellen“, teilt | |
| das Bezirksamt mit. Bei vorhandenem Parkstreifen beschränkt die sich | |
| allerdings auf ein temporäres Halteverbot. Jetzt müssten „die | |
| Antragssteller*innen vorlegen, wie der Radverkehr während des Umzugs zu | |
| führen ist“, heißt es. Was bei Weitem nicht so lapidar ist, wie es klingt. | |
| 9 Oct 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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