Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Trotz Nawalny und Klimakrise: EU-Hilfe für russisches Gas?
> In Sibirien soll ein riesiges Terminal für Flüssiggas entstehen –
> eventuell mit deutscher Hilfe: Die Regierung prüft offenbar eine
> Kreditgarantie
Bild: In der Nähe soll mit EU-Hilfe das neue Terminal entstehen: Yamal-Flüssi…
Es ist ein Plan, der nicht so richtig in die Zeit passt: Während Europa
wegen der Vergiftung des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny intensiv
über [1][neue Sanktionen gegen Russland] diskutiert und
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen [2][Klimaneutralität bis
spätestens 2050] versprochen hat, wollen europäische Konzerne sich am Bau
eines neuen Flüssiggasterminals in Sibirien beteiligen. Und nicht nur das:
Für die Finanzierung des Vorhabens setzen sie auf massive Unterstützung
durch mehrere EU-Staaten, darunter auch Deutschland. Das geht aus einem
vertraulichen Dokument der französischen Exportkreditagentur bpifrance
hervor, das der taz vorliegt.
Das geplante Terminal namens Arctic LNG 2 in der Mündung des Flusses Ob im
nördlichen Sibirien soll von 2023 an jährlich rund 20 Millionen Tonnen
Erdgas verflüssigen und verschiffen. 80 Prozent davon sollen nach Asien
gehen, 20 Prozent nach Europa. Wichtigster europäischer Projektpartner ist
der französische Konzern Total, der mit 10 Prozent direkt und mit weiteren
12 Prozent indirekt am Vorhaben beteiligt ist. Aus Deutschland ist laut dem
Dokument Industriegase-Spezialist Linde dabei.
Die Investitionen in Höhe von 21 Milliarden Dollar sollen zur Hälfte
mithilfe von staatlichen Banken und Kreditgarantien aufgebracht werden,
darunter 1 Milliarde über die italienische Kreditagentur SACE, 700
Millionen über die franzöische bpifrance und 300 Millionen vom
Kreditversicherer Euler Hermes, für dessen Exportkreditgarantien die
Bundesregierung bürgt.
Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium teilte auf Anfrage mit, dass
Arctic II dort „bekannt“ sei, äußerte sich aber nicht zu einer möglichen
Kreditgarantie: „Nach deutschem Recht sind jedoch alle Aspekte möglicher
etwaiger Antragsverfahren vertraulich zu behandeln“, teilte ein Sprecher
mit. Eine Entscheidung ist nach Informationen aus Regierungskreisen aber
noch nicht gefallen.
Die Umweltorganisation Urgewald kritisierte die mögliche öffentliche
Förderung für das Projekt. Angesichts der Nawalny-Vergiftung sollten neben
Nord Stream 2 weitere „fossile Projekte auf den Prüfstand, vor allem, wenn
sie sich in einem so frühen Stadium befinden wie Arctic LNG 2“, erklärte
Urgewald-Campaignerin Regine Richter. Zudem widerspreche das Projekt der
Argumentation, dass Europa durch Flüssiggas unabhängiger von russischem
Erdgas würde.
## Abhängigkeit von Russland würde bleiben
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat einem Zeit-Bericht zufolge als
Reaktion auf die US-Kritik an Nord Stream 2 jüngst angeboten, zwei geplante
deutsche Flüssiggasterminals mit 1 Milliarde Euro zu unterstützen. Wenn
dort nun russisches Erdgas anlanden würde, wäre dieser Effekt hinfällig.
[3][Umweltverbände kritisieren zudem], dass jede neue Investition in
fossile Brennstoffe dem EU-Plan widerspricht, bis 2050 klimaneutral zu
sein.
18 Sep 2020
## LINKS
[1] /Diskussion-um-Nord-Stream-2/!5712755
[2] /Klimaschutz-in-Europa/!5709709
[3] /Naturschutzexperte-ueber-Nord-Stream-2/!5713367
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Erdgas
LNG
Russland Heute
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Gasförderung
Alexei Nawalny
Energie
Nordstream
North-Stream-Pipeline
## ARTIKEL ZUM THEMA
Russischer Autor Vertlib: „Das Trauma der Diktatur“
Der Leningrader Vladimir Vertlib spricht über seinen Roman „Zebra im
Krieg“, Verheerungen der Stalinzeit und den Konflikt Russlands mit der
Ukraine.
Kritik an staatlichen Bürgschaften: Deutsche Hilfe für arktisches Gas
Bundesregierung sichert Miliardenkredite für fossile Infrastruktur im
Ausland ab. Umweltgruppen sehen darin eine Verletzung des Paris-Abkommens.
EU-Außenminister für Sanktionen: Minsk und Moskau im Visier
Die Europäische Union plant neue Sanktionen. Sie richten sich gegen den
belarussischen Diktator Lukaschenko und gegen russische
Nawalny-Tatverdächtige.
Flüssiggasterminal in der Arktis: Kreditgarantie wird geprüft
Die Bundesregierung bestätigt einen Antrag auf Kreditbürgschaft für ein
Flüssiggasprojekt in Russland. Grünen-Chefin Baerbock kritisiert das.
Vergifteter russischer Oppositioneller: Nawalny aus Klinik entlassen
Der Oppositionelle hat die Charité verlassen. Eine Genesung sei möglich,
sagen Ärzt:innen. Zu möglichen Langzeitfolgen der Vergiftung können sie
noch nichts sagen.
Streit über Nord Stream 2: Klimakiller aus der Röhre
Beim Streit über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 wird gern mit dem
Klimaschutz argumentiert. Dabei ist Gas alles andere als ein Klimaretter.
Zukunft von Nord Stream 2: Das Ende der Petropolitik
Ein Stopp der Gaspipeline Nord Stream 2 ist ökonomisch und ökologisch
witzlos. Aber politisch wäre das ein mächtiges Symbol.
US-Handel mit Erdgas: Kauft! Unser! Gas!
Die USA schwimmen in flüssigem Erdgas. Gut und günstig soll es sein. Und es
muss weg. Droht eine neue Energiekrise durch ein Zuviel an Energie?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.