# taz.de -- Rechtsextremismus bei der Polizei: Offensive Aufklärung schützt | |
> Zu viele PolizistInnen greifen nicht ein, wenn ihnen rassistische | |
> Tendenzen auffallen. Sie müssen es können, ohne gebrandmarkt zu werden. | |
Bild: Die Kultur innerhalb der Polizei muss sich dringend ändern | |
Vielleicht denkt der NRW-Innenminister jetzt um. Er habe sich die Dimension | |
an Abscheulichkeit nicht vorstellen können, sagte Herbert Reul sichtlich | |
geschockt [1][über den Rechtsextremismus-Skandal in seiner Polizei]. Man | |
kann nun fragen, wie das angesichts von mit NSU 2.0 unterzeichneten | |
Drohbriefen, für die Adressen aus hessischen Polizeicomputern abgefragt | |
wurden, und den vielen anderen Polizeiskandalen, die zuletzt bekannt | |
wurden, der Fall sein kann. | |
Lässt man das aber außen vor, kann man hoffen, dass Reul und mit ihm viele | |
andere Innenminister, Polizeichefs und Gewerkschaftsfunktionäre bundesweit | |
jetzt endlich ihre Sichtweise ändern[2][. Dass sie mit dem Kleinreden des | |
Problems aufhören] und auch damit, jede Forderung nach weitergehenden | |
Maßnahmen als unzulässigen Generalverdacht gegen die Polizei abzutun. | |
Das wäre nicht nur im Sinne der Demokratie und derer, die von | |
rechtsextremen und rassistischen Attacken aus der Polizei direkt betroffen | |
sind. Es wäre auch im Interesse der BeamtInnen selbst. Denn es ist doch | |
letztlich die Wahrnehmung, dass das Problem von den Verantwortlichen – sei | |
es auf der politischen oder der polizeilichen Ebene – nicht ernst genommen, | |
ignoriert oder gar gedeckt wird, die dann einen Generalverdacht gegen die | |
Polizei stärkt. | |
Notwendig sind deshalb nicht nur Untersuchungen und wissenschaftliche | |
Studien, die endlich das Ausmaß des Problems erforschen und Gegenmaßnahmen | |
erarbeiten, dazu externe, möglicherweise auch anonyme Anlaufstellen für | |
PolizistInnen, die Vorfälle melden wollen. Zentral ist es auch, diejenigen | |
BeamtInnen zu stärken, die für eine demokratische Polizei stehen. Sie | |
müssen motiviert und dazu befähigt werden, dafür im KollegInnenkreis auch | |
einzutreten. | |
Viel zu viele PolizistInnen greifen eben nicht ein, wenn ihnen rassistische | |
oder rechtsextreme Tendenzen unter KollegInnen auffallen. Anders ist nicht | |
zu erklären, dass die Chatgruppen in NRW nur zufällig aufgeflogen sind. Ein | |
Teil der BeamtInnen soll die [3][Nachrichten mit Hitler, Hakenkreuz] und | |
einem Geflüchteten in der Gaskammer „nur“ passiv empfangen haben. | |
Es ist schwer, Radikalisierungen in der Polizei zu verhindern. Umso | |
wichtiger ist es, ein Umfeld zu schaffen, das ihnen entgegenwirkt. Das | |
nicht schweigend zu- oder wegschaut. Sondern das bei Äußerungen | |
widerspricht und bei Verdacht einschreitet – und dann nicht befürchten | |
muss, dafür als „Kollegenschwein“ gebrandmarkt zu werden. | |
Dazu muss sich die Kultur innerhalb der Polizei verändern. Ein Schritt auf | |
diesem Weg wäre, wenn die politisch Verantwortlichen endlich offensiv | |
benennen, was ist. | |
17 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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Marco Wanderwitz | |
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