Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Initiative für neue ARD-Sendung: Klima zur Primetime
> Eine Gruppe von Aktivisten kritisiert die Klimaberichte der ARD – und
> will es besser machen. Dafür haben sie 20.000 Euro gesammelt.
Bild: Waldbrände in Fresno, Kalifornien
Wer regelmäßig die ARD-„Tagesschau“ guckt und ein paar Minuten zu früh
einschaltet, der kennt ihr Gesicht: Anja Kohl, die Börsenexpertin, erklärt
in „Börse vor acht“, wie es dem Deutschen Aktienindex geht. „Der DAX
klettert oder fällt, die Anleger sind begeistert“ – Anja Kohl ordnet für
den Kleinanleger in seinem Reihenhäuschen die Finanznachrichten des Tages
ein.
Eine Gruppe von KlimaaktivistInnen macht Anja Kohl nun ihren Sendeplatz
streitig. Zumindest symbolisch. Sie wollen [1][„Klima vor acht“] statt
„Börse vor acht“ – eine bessere, verständlichere Klimaberichterstattung…
den Öffentlich-Rechtlichen.
Damit es nicht bei der reinen Forderung bleibt, hat die Gruppe in der
vergangenen Woche ein Crowdfunding gestartet: Bis Ende September wollten
sie 20.000 Euro sammeln, um selbst ein entsprechendes Fernsehformat zu
entwickeln. Nach weniger als vier Stunden war das Geld am Donnerstagabend
bereits zusammen.
Damit hatte Norman Schumann, Mathematiker aus Bochum und Mitinitiator des
Projekts, nicht gerechnet. „Das zeigt ja, dass sich offenbar viele Menschen
mehr Klimaberichterstattung wünschen.“ Schumann und seine MitstreiterInnen
finden, dass die Klimakrise in den Öffentlich-Rechtlichen zu wenig
vorkommt. „Es gibt dort durchaus gute Dokumentationen, aber die werden im
Spätprogramm versteckt.
Es fehlt an einfachen, verständlichen Formaten zur Primetime, die deutlich
machen, dass die Klimakrise die alles dominierende ist.“ Es gehe ihm nicht
darum, Anja Kohl aus dem Programm zu drängen. „Aber nur jeder sechste
Deutsche besitzt Aktien – die Klimakrise geht uns alle an. Wieso hat ein
Format, was sich an so wenige richtet, einen so prominenten Sendeplatz und
das Klima kommt nur am Rande vor?“
Die Gruppe um „Klima vor acht“ will mit dem gesammelten Geld sechs Folgen
einer eigenen Sendung produzieren, die bei Youtube zu sehen sein wird: drei
bis fünf Minuten mit Hintergründen und Analysen zu aktuellen Klimathemen,
im Stil von „Börse vor acht“. Die Sendung soll wissenschaftlich aufklären
und Lösungen aufzeigen, ohne dabei zu moralisieren. Niemand solle zum
veganen Fahrradfahrer erzogen werden, sagt Schumann.
Produziert wird die Sendung in einem professionellen Fernsehstudio,
entwickelt werden die Themen von den „Klima vor acht“-Mitgliedern. Sie sind
Menschen zwischen 20 und 50 Jahren aus Wissenschaft, Medien und Kultur, die
in der Klimabewegung aktiv sind.
## Eine Frage der Haltung
Die ARD-Redaktion reagierte zunächst abweisend. Über den offiziellen
Twitter-Account der ARD hieß es Anfang September, ein Format wie „Klima vor
acht“ sei derzeit nicht geplant. Auf taz-Nachfrage sagt eine Sprecherin,
das Thema Klimaschutz komme in vielen Formaten bereits vor, auch in „Börse
vor acht“ wenn es zum Beispiel um die Zusammenhänge zwischen Ökonomie und
Ökologie gehe, oder in der Sendung „Wissen vor acht“. „Wir sind überzeu…
dass wir durch Behandlung der Thematik in diesen etablierten Formaten
direkt vor der,Tagesschau' eine größtmögliche Zahl an Menschen erreichen“,
so Agnes Toellner aus der Programmdirektion des Ersten.
Norman Schumann reicht das nicht. Gute Klimaberichterstattung, sagt er, sei
nicht nur eine Sache des Sendeplatzes, sondern auch der generellen Haltung
zum Thema. Er verweist auf den britischen Guardian. Der hat seine
Klimaberichterstattung stark ausgebaut und dabei unter anderem auch das
eigene Framing geändert. [2][Statt von Klimawandel] schreiben die
Guardian-JournalistInnen jetzt von Klimanotstand oder -krise, statt von
globaler Erwärmung von globaler Erhitzung. In Berichten über Lebewesen soll
sprachlich mehr das Lebendige betont werden, so heißt [3][es im Guardian
jetzt häufiger „Wildlife“ statt Biodiversität].
Daran wollen sich auch die „Klima vor acht“-Leute orientieren. Im Herbst
sollen ihre ersten Videos online gehen.
7 Sep 2020
## LINKS
[1] https://klimavoracht.de/
[2] /Neue-Empfehlungen-fuer-die-taz/!5708300
[3] https://www.theguardian.com/environment/2019/may/17/why-the-guardian-is-cha…
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
Klima
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Berichterstattung
Schwerpunkt Klimawandel
klimataz
öffentlich-rechtliches Fernsehen
Kolumne Flimmern und Rauschen
António Guterres
Schwerpunkt Klimawandel
Wir retten die Welt
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Programmreform bei der ARD: Raus aus'm „Formatknast“
Die ARD setzt ihre Programmreform um. Sie ist umstritten – auch, weil
erfolgreiche und beliebte Formate wie „Die Story im Ersten“ eingestampft
werden.
Neues ARD-Format vor der „Tagesschau“: Lieber Sprüche
Statt eine Sendung über das Klima, startet die ARD das Format „Sprüche um
acht“, in dem Redewendungen erklärt werden.
UN-Bericht zu Klimawandel und Corona: 1,5 Grad Erwärmung bald erreicht
Es wird heißer und gefährlicher, bestätigt ein neuer UN-Bericht. Die
Coronapandemie erzeuge Datenlücken und erschwere so den Klimaschutz.
Neue Empfehlungen für die taz: Besser übers Klima schreiben
Als erstes Medienhaus in Deutschland gibt sich die taz eine klimagerechte
Sprache. Denn das Sein bestimmt auch das Klimabewusstsein.
Macht der Gewohnheit: Gestern Skandal, heute normal
Das „neue Normal“ sieht so aus: Maske tragen und Horrormeldungen zur Umwelt
ignorieren. Vielleicht hilft dagegen ja „Klima vor acht“.
Klimaschutz vor Gericht: Jugendliche verklagen 33 Staaten
Sechs junge Portugies:innen wollen die europäischen Regierungen zur
Bewahrung des Planeten zwingen. Sie sehen ihre Menschenrechte in Gefahr.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.