# taz.de -- Gesetzesentwurf Abstammungsrecht: Mutter, Mutter, Kind | |
> Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) plant eine Reform des | |
> Abstammungsrechts: Lesbische Paare sollen ohne Adoption Mütter werden | |
> können. | |
Bild: Forderung nach Gleichberechtigung und Toleranz: Christopher Street Day im… | |
BERLIN taz | Lesbische Paare sollen bei der Geburt eines Kindes | |
gleichgestellt werden: In einem Gesetzesentwurf des | |
Bundesjustizministeriums, der der taz vorliegt, soll unter anderem das | |
Abstammungsrecht reformiert und Mutterschaft neu definiert werden. Geplant | |
ist, dass der Paragraf 1591 des Bürgerlichen Gesetzbuches einen zweiten | |
Absatz bekommt: „Mutter eines Kindes ist neben der Mutter nach Absatz 1 | |
auch die Frau, die zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter nach Absatz 1 | |
verheiratet ist oder die die Mutterschaft anerkannt hat.“ Bisher heißt es | |
nur in Absatz 1: „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“ | |
Mit der geplanten Änderung könnten zwei Frauen automatisch gemeinsam Eltern | |
werden – egal ob sie verheiratet sind oder nicht. Das, was für | |
heterosexuelle Paare eine Selbstverständlichkeit ist, ist für [1][lesbische | |
Paare derzeit nicht möglich]. | |
Bislang wird nach einer Geburt nur die Frau, die das Kind geboren hat, als | |
Mutter anerkannt, während der Partnerin nichts anderes übrig bleibt, als | |
das gemeinsame Kind zu adoptieren. Die Adoption kann allerdings erst nach | |
der Geburt beantragt werden, was zu einer vorübergehenden | |
Rechtsunsicherheit des Kindes führt. | |
Nach der Einführung der [2][„Ehe für alle“ im Jahr 2017], wäre diese | |
Änderung ein weiterer Schritt, gesetzliche Diskriminierung von | |
gleichgeschlechtlichen Paaren abzuschaffen. Der Entwurf beinhaltet aber | |
keine ähnliche Regelung für schwule Paare. Zudem wird am | |
Zwei-Eltern-Prinzip des Abstammungsrechts festgehalten. | |
Markus Ulrich vom Lesben- und Schwulenverband freut sich zwar über | |
„Bewegung in Sachen Abstammungsrecht“. Aber er betonte: „Wir wollen, dass | |
Regenbogenfamilien in ihren vielfältigen Konstellationen rechtlich | |
abgesichert werden. Alles andere schadet dem Kindeswohl. Wir fordern die | |
rechtliche Anerkennung von Mehrelternschaft und die Anerkennung von trans- | |
und intergeschlechtlicher Elternschaft.“ | |
## Vorschlag von den Grünen im Februar abgelehnt | |
Ulle Schauws, frauen- und queerpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion | |
Bündnis 90/Die Grünen, begrüßte das Vorhaben, bezeichnete es aber als lange | |
überfällig. „Lesbische Paare warten seit Jahren darauf, dass ihre | |
Diskriminierung seit Einführung der Ehe für alle endlich endet. | |
Bedauerlich ist, dass die Regierung sich nicht bereits der abschließenden | |
Abstimmung zum Grünen Gesetzentwurf (aus 2018) im Februar angeschlossen | |
hat, der von Union und SPD abgelehnt wurde. Eine weitere zeitliche | |
Verzögerung ist jetzt nicht mehr hinnehmbar. Wir sind auf die Details des | |
Gesetzesvorschlages gespannt und werden diesen sehr konstruktiv begleiten“, | |
sagte sie der taz. | |
Auch die queerpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Doris Achelwilm | |
bezeichnete es als „absolut überfällig, die Diskriminierung von | |
Zwei-Mütter-Familien zu beenden.“ Sie lobte aber, dass die Regelung „auch | |
für unverheiratete lesbische Paare gilt und dass auf hierarchische Begriffe | |
zwischen den Müttern verzichtet wird.“ | |
Laut Gesetzesentwurf sollen bei lesbischen Eltern beide Elternteile als | |
„Mutter“ bezeichnet werden; auf den Begriff „Mit-Mutter“ wurde verzicht… | |
Achelwilm kündigte zudem an zu prüfen, „ob bei den gleichzustellenden | |
Regenbogenfamilien die Regelungen für das Kind, die Mütter und die | |
samenspendende Person passen“. Auch die Dokumente für trans* und | |
intergeschlechtliche Eltern müssten diskriminierungsfrei geregelt sein. | |
21 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Benachteiligung-bei-der-Ehe-fuer-alle/!5425730 | |
[2] /Ehe-fuer-alle-in-Deutschland/!5451467 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
## TAGS | |
Homosexualität | |
lesbisch | |
Ehe für alle | |
Gleichstellung | |
Familienrecht | |
[tazze]IG | |
Adoptionsrecht | |
Familienpolitik | |
Schwerpunkt LGBTQIA-Community | |
Abstammung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Elternschaft lesbischer Paare: Familie ist, wer Familie sein will | |
Ein Gericht in Celle fordert eine Regelung der Mutterschaft bei | |
gleichgeschlechtlichen Paaren. Für eine moderne Gesellschaft wäre sie | |
überfällig. | |
Adoptionsrecht für lesbische Paare: Ganz kleiner Fortschritt | |
Lesbische Mütter sind noch immer zur Stiefkindadoption gezwungen. | |
Wenigstens sollen sie jetzt nicht mehr zu einer Zwangsberatung verpflichtet | |
werden. | |
Aufwachsen in Regenbogenfamilien: „Wir sind kein Experiment“ | |
Es gibt immer mehr Kinder mit gleichgeschlechtlichen Eltern. Wie lebt es | |
sich als Regenbogenfamilie? Drei Kinder und ihre Eltern erzählen. | |
Ungleichbehandlung durch geltendes Abstammungsrecht: Queere Mütter klagen | |
Mit der Iniative „nodoption“ machen queere Mütter darauf aufmerksam, dass | |
sie ihre eigenen Kinder adoptieren müssen. Jetzt gehen sie vor Gericht. | |
Statistik über Adoptionen in Deutschland: Familienbild wird flexibler | |
Die Zahl der Adoptionen in Deutschland sinkt seit Jahren stetig. Eine | |
bestimmte Form der Adoption hingegen nimmt zu. | |
Familien mit mehr als zwei Eltern: Alles andere als kompliziert | |
Statt lesbische Mütter gleichzustellen, wird ihnen eine Beratung | |
aufgedrückt. Besser wäre es, endlich Mehrelternschaft anzuerkennen. | |
Wenn zwei Lesben ein Kind erwarten: Mutter mit Malus | |
Gesa Teichert-Akkermann und Verena Akkermann können nach deutschem Recht | |
nicht beide Mütter sein. Dagegen will das Paar klagen. |