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# taz.de -- Social Gaming in der Hafencity: Odyssee durchs Elphie-Archipel
> Ganz Hamburg steht im Spiel „Botboot“ unter Wasser. Wer mitspielt, lernt,
> wie man sich gemeinsam an die neuen Bedingungen anpassen kann.
Bild: Unterstützung bei der Navigation durch die untergegangene Stadt: Botboot…
Hamburg taz | Ganz Hamburg steht unter Wasser, nur einzelne Inseln stechen
noch aus der Weite des Meeres hervor. Manche von ihnen sind noch als
Dachterrasse eines Hochhauses zu erkennen. Auf Booten – mal eine
Luxus-Yacht, mal nur eine Luftmatratze – bewegen sich Menschen fort –
allein auf dem Meer. Das zumindest ist die dystopische Zukunftsvision auf
der Webseite [1][botboot.de]. Entwickelt hat die Web-App der Spieledesigner
[2][Sebastian Quack] mit einem Team im Rahmen des Kulturprogramms
„[3][Imagine The City]“ der Hafencity-Kuratorin Ellen Blumenstein und des
[4][Sommerfestivals von Kampnagel].
Mit der Web-App können Spieler*innen kostenlos und ohne Anmeldung mit dem
Smartphone die Stadt Hamburg erkunden und sich dabei auf die Spuren der
griechischen Mythologie begeben. Vier Kapitel oder Level mit
unterschiedlichen Aufgaben müssen sie bewältigen, um ein fünftes Kapitel
freizuschalten, das sie ans Ziel bringt: „Dryland“.
Begleitet werden sie dabei von ihrem technischen Gefährten Botboot, der
über einen Chat mit ihnen kommuniziert. Zwei der Kapitel führen zu
unterschiedlichen Orten in der Hafencity, die zwei anderen können an jedem
beliebigen Ort der Welt gespielt werden.
Im Kapitel „Odyssee in Hafencity“ will Botboot verstehen, wie es ist,
Odysseus zu sein. Die Mitspielenden werden sein Körper und ziehen von
Station zu Station. So erfahren sie mehr über den alten Seefahrtmythos und
lösen Aufgaben: Auf Ismaros zum Beispiel sprechen sie einzelne Verse des
Originalepos ein und verbinden sie mit den von anderen Spieler*innen
eingesprochenen Versen in ein großes Ganzes. Und lernen dabei ganz
nebenbei, was ein Hexameter ist.
Das Kapitel „Fools of Hamburg“ ermöglicht es, eine eigene Insel zu
errichten und Inseln anderer Spieler*innen zu besuchen. So generieren sie
gemeinsam eine Inselwelt und entwickeln diese immer weiter. Währenddessen
finden sich verschiedene Gegenstände, Überbleibsel der alten Stadt, die für
den Bau eines Monuments verwendet werden können. Aber Achtung: Nichts hält
ewig.
In „Das Gesellschaftsschiff“ befreien Spieler*innen ihren technischen
Gefährten gemeinsam aus einem Albtraum. Und in „Waterworld-Piraten“ besucht
man Menschen „mit unterschiedlichen (Über-)Lebenskonzepten“, um auf den
Meeresgrund zu tauchen. Insgesamt bieten die verschiedenen Abenteuer
mindestens acht Stunden Spielspaß, die die Spielenden selbstständig
aufteilen können.
Vorerst soll Botboot etwa ein halbes Jahr lang verfügbar sein. Wenn es gut
angenommen wird, könnten noch weitere Kapitel oder ein Sequel dazukommen,
sagt Kuratorin Blumenstein. Außerdem sei es so angelegt, dass es immer
verändert werden könne, erklärt Programmierer Quack.
Mit dem Spiel möchte das Entwickler*innenteam auch Kulturgeschichte
näherbringen: „Adventuregames sind ohnehin ähnlich wie eine Odyssee
aufgebaut: Die Crew wird beispielsweise in Schweine verwandelt und dann
muss man überlegen, was man als Nächstes tut. Plötzlich erscheint eine
Göttin mit einem Zaubertrank und letzten Endes erhält man seine Crew
zurück“, sagt Blumenstein. „Mythen sind deshalb so zeitlos, weil sie
menschliche Ängste, Bedürfnisse und Handlungen in eine Form bringen, die
für jeden unmittelbar erfahrbar ist.“
Während über die Hintergrundhandlung zwei Jahre lang nachgedacht wurde,
entwickelte das Team die konkrete Form des Spiels dann in rund einem halben
Jahr. Deshalb habe es auch einen Coronabezug, sagt Quack: „Es passt zu den
Modi von Social Distancing. Auch auf dem Ozean von Botboot herrschen zwei
Extreme: Einerseits sind die Menschen körperlich weit entfernt voneinander,
andererseits besteht große Nähe, wenn sie zusammen sind und sich vertrauen
müssen.“ Im Spiel könnten einige Aufgaben nur gemeinsam mit anderen
bestritten werden. Empfehlenswert sei es deshalb auch, „Odyssee in
Hafencity“ zu zweit zu spielen.
Mit dem „digitalen Kunstprojekt“, wie Quack es nennt, wolle er die
Spielenden ganz allgemein dazu anregen, über ihre Stadt nachzudenken, sich
zu fragen, was Geschichte bedeutet und wie sie im heutigen Stadtraum
sichtbar wird.
Langeweile und Lagerkoller kann man mit dem Spiel jedenfalls gut
überwinden. Und zu lernen, wie man auf dem Ozean der Stadt Stürme besser
übersteht und dabei eine neue Orientierung gewinnen kann: Das tut man ja
derzeit wirklich mal fürs Leben.
23 Aug 2020
## LINKS
[1] https://play.botboot.de/
[2] http://sebastianquack.com
[3] https://imaginethecity.de
[4] https://www.kampnagel.de/de/sommerfestival
## AUTOREN
Regina Seibel
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Kampnagel
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Theater
Schwerpunkt Coronavirus
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