# taz.de -- Linke Kneipe soll geräumt werden: „Mehr Ärger als gedacht“ | |
> Am Freitag nächste Woche soll die Neuköllner Kiezkneipe Syndikat geräumt | |
> werden. Ein Interview mit dem Sprecher des Betreiber*innen-Kollektivs. | |
Bild: Mittel der Wahl: Sitzblockaden bei der Räumung des Kiezladens Friedel54 … | |
taz: Nach über 33 Jahren Kiezkneipe ist Freitag nächste Woche der | |
Räumungstermin des Syndikats. Wie ist die Stimmung im Kollektiv? | |
Christian: Die Stimmung ist im Moment noch sehr kämpferisch. Aufgeben war | |
für uns nie eine Option. Und wir hoffen, dass noch irgendwie ein Wunder | |
geschieht und es weitergeht. | |
Eigentlich war der Räumungstermin am 17. April, wurde aber wegen Corona | |
verschoben. Wie habt ihr den Lockdown überstanden? | |
Das war natürlich äußerst deprimierend. Zum einen zu wissen, dass das Ende | |
der Kneipe immer näher rückt. Es war relativ klar, dass, sobald sich die | |
Corona-Lage wieder entspannt, auch die Räumung wieder ansteht. Zum anderen | |
konnten wir nur hoffen, den Laden überhaupt noch mal aufmachen zu können. | |
Im Moment sind wir in der Situation, dass wir nicht einmal eine | |
Abschlussparty in der Kneipe feiern können. Wir machen, seitdem es wieder | |
erlaubt ist, Verkauf an der Tür, und die Leute sitzen draußen an den | |
Tischen. Es ist zwar sehr schön draußen, aber es ist nicht ganz das | |
richtige Syndikat-Gefühl. | |
Gab es in der Zeit Verhandlungen mit dem Eigentümer Pears Global? | |
Es gab noch einmal ein Kaufangebot von einer mit uns befreundeten Firma, | |
aber darauf gab es keinerlei Reaktionen von Pears. Die wollen einfach nicht | |
reden. | |
Wie blickt ihr auf euren Kampf zurück? Seit der Kündigung sind fast zwei | |
Jahre vergangen. | |
Ich glaube, dafür, dass wir nur eine kleine Kiezkneipe in Neukölln sind, | |
haben wir schon relativ viel Aufmerksamkeit erzeugt. Nicht nur für uns, | |
sondern auch für die Art und Weise, wie der Immobilienmarkt aufgebaut ist. | |
Gerade dadurch, dass wir Pears Global aufgedeckt haben, haben wir sie in | |
das [1][„Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“]-Volksbegehren mit reingezogen. | |
Die haben sich damit mehr Ärger eingefangen als gedacht. | |
Ihr habt am Abend vor der Räumung die „Lange Nacht der Weisestraße“ | |
angekündigt. Wird versucht werden, die Räumung zu blockieren? | |
Wir haben eine Kundgebung angemeldet bis 10 Uhr am nächsten Morgen. Es wird | |
Redebeiträge geben, Videoclips, vielleicht ein bisschen Musik. Aber was da | |
noch passieren wird, hängt von den Leuten ab, die kommen werden. Ich hoffe | |
nur, dass es viele werden, dass es bunt wird und der Kiez noch mal | |
geschlossen zeigt, dass sie damit nicht einverstanden sind. | |
Am Samstag gibt es eine „interkiezionale“ Demo gegen Rassismus und | |
Verdrängung, die sich auch gegen die Räumung des Syndikats richtet. Was ist | |
noch so geplant in den nächsten Tagen? | |
Am Donnerstag gibt es eine Videokundgebung vom Bündnis Zwangsräumung | |
Verhindern vor unserer Tür. Dazu organisieren sie am Sonntag auch ein | |
Blockade-Training auf dem Tempelhofer Feld. Am Freitag gibt es eine | |
Musikkundgebung, die von uns organisiert wird. Am Tag nach der angesetzten | |
Räumung wäre eigentlich das Weisestraßenfest, jetzt gibt es halt die | |
Musikkundgebung. Dort wollen wir noch mal zeigen, was wir uns unter | |
Kiezkultur vorstellen. | |
Sollte die Räumung durchgezogen werden, gibt es schon Pläne für eine Zeit | |
nach dem Syndikat? | |
Wir haben schon überall rumgefragt, aber es gibt einfach keine | |
Räumlichkeiten im Kiez oder der Umgebung. Insofern wird es in kurzfristiger | |
Zeit kein neues Syndikat geben. Aber vielleicht wird nach dem gewonnenen | |
Volksentscheid von Deutsche Wohnen und Co. Enteignen das Gebäude wieder | |
rekommunalisiert, dann könnten wir sogar am alten Ort wiederauferstehen. | |
28 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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