# taz.de -- Syndikat soll geräumt werden: Rot-Rot-Grün bekommt die Quittung | |
> Heftige Reaktionen dürfte die angekündigte Räumung der Kiezkneipe | |
> hervorrufen. Die Polizei sperrt den Bereich weiträumig ab. Protest | |
> angekündigt. | |
Bild: Regenschirme gegen Pfefferspray dürften sich auch heute Nacht auszahlen | |
BERLIN taz | Nach 35 Jahren könnte die Geschichte der linken | |
Nachbarschaftskneipe Syndikat in Neukölln enden. Für Freitag um 9 Uhr ist | |
die Räumung angesetzt. Die Kneipe, die als Kiez-Institution gegen | |
Gentrifizierung und Verdrängung gilt, zieht über den Schillerkiez hinaus | |
viele Unterstützer*innen in Berlin an – wie sich zuletzt bei einer | |
[1][Demonstration gegen die drohende Räumung] vergangenen Samstag zeigte, | |
an der etwa 2.500 Menschen teilnahmen. Der Protest dagegen scheint der | |
symbolträchtigste des Jahres. | |
Wohl genau deshalb und um die vom Syndikat geplante „Lange Nacht der | |
Weisestraße“, die am Donnerstagabend, dem Vorabend zur Räumung stattfinden | |
soll, unter Kontrolle zu halten, [2][verlegte die Polizei das Straßenfest | |
in eine Nebenstraße]. Die angemeldete Kundgebung, bei der | |
Anwohner*innen und Aktivist*innen versuchen wollten, die Räumung zu | |
blockieren, sollte ursprünglich direkt vor dem Syndikat von Donnerstagabend | |
20 Uhr bis Freitag 10 Uhr stattfinden. Am Donnerstagmittag sperrte die | |
Polizei dann die Straße vor der Kneipe mit Absperrgittern weiträumig ab. | |
„Neukölln bekommt seine erste ‚Rote Zone‘. Unter einem Rot-Rot-Grünen | |
Senat“, kommentierte das Syndikat die Absperrung auf Twitter. Die | |
Kiezkneipe hatte zuvor eine Eilklage gegen die Verlegung des Straßenfestes | |
an die nächste Straßenecke eingereicht. Ob diesem wider Erwarten | |
stattgegeben werden würde, stand bis Redaktionsschluss noch aus. Sollte die | |
Klage keinen Erfolg haben und um dem „rot-rot-grünen Trauerspiel in viel zu | |
vielen Akten“ etwas entgegenzusetzen, organisiert die Kneipe verschiedene | |
Anlaufpunkte und Aktionen im Kiez. | |
[3][Der Mietvertrag für das Syndikat] lief Ende 2018 aus, aber das | |
Kollektiv hatte sich geweigert, die Räumlichkeiten zu verlassen. | |
Stattdessen deckte es auf, dass hinter ihrer nicht ansprechbaren | |
Eigentümerfirma, die lediglich einen Briefkasten in Luxemburg unterhält, | |
ein Londoner Immobilienimperium steht. [4][Recherchen des Syndikats | |
ergaben], dass Pears Global über viele verschiedene Scheinfirmen mehr als | |
3.000 Wohnungen in der Stadt gehören. Von einer möglichen Enteignung der | |
großen Immobilienkonzerne wäre somit auch Pears Global betroffen. | |
## Sommer der Räumungen | |
Um den zu erwarteten Imageschaden für den rot-rot-grünen Senat etwas | |
abzuwenden, verkündet Werner Graf, Vorsitzender der Grünen Berlin, derweil, | |
dass es Aufgabe der Politik sei, „solche Orte in unserer Stadt besser zu | |
schützen oder zumindest geeignete Ersatzobjekte zu finden“. Weshalb er den | |
Senat auffordert, „die Suche nach alternativen Standorten in räumlicher | |
Nähe zu intensivieren“. Vor dem Hintergrund einer jahrelangen Vorgeschichte | |
ein schon unverschämtes Statement, das wohl nichts besser machen dürfte. | |
Neben dem Syndikat drohen weiteren linken Projekten in Berlin, wie dem | |
Jugendzentrum Potse, dem [5][queerfeministischen Hausprojekt Liebig 34] und | |
der Kreuzberger Kneipe Meuterei die Räumung. Die Szene ist alarmiert. „Wir | |
werden den Sommer der Räumungen nicht einfach so hinnehmen“, sagt Lukas | |
Selchow vom Syndikat der taz. | |
6 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Demo-fuer-linkes-Projekt-in-Berlin/!5699847 | |
[2] /Bannmeile-um-Berliner-Kneipe-Syndikat/!5705588 | |
[3] /Neukoellner-Kneipe-Syndikat-vor-Raeumung/!5695806 | |
[4] /Linke-Kneipe-enttarnt-Immobilienriesen/!5548679 | |
[5] /Linkes-Hausprojekt-in-Berlin/!5697985 | |
## AUTOREN | |
Sophie Schmalz | |
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