| # taz.de -- Eindämmung der Corona-Epidemie: Senat will Corner trockenlegen | |
| > Um Dichte-Exzessen beim Draußen-Feiern zu begegnen, will der Hamburger | |
| > Senat den Außer-Haus-Verkauf von Alkohol einschränken. | |
| Bild: Abstand halten nicht so einfach: Piazza im Hamburger Schanzenviertel | |
| Hamburg taz | Der rot-grüne Senat plant, die feiernden Massen in den | |
| Szenevierteln durch eine Einschränkung des Alkoholkonsums zu bändigen. Wie | |
| der Sozialbehördensprecher Martin Helfrich sagte, wird er auf seiner | |
| heutigen Sitzung wohl eine Corona-Allgemeinverfügung beschließen, die es | |
| den Bezirksämtern ab dem kommenden Wochenende ermöglicht, den | |
| Außer-Haus-Verkauf von Alkohol zu verbieten. Ob das der richtige Weg ist, | |
| die gerade wieder ansteigende Rate an Infektionen mit dem Coronavirus zu | |
| drücken, ist umstritten. | |
| Am vergangenen Wochenende hatte sich die Polizei mehrfach genötigt gesehen, | |
| gegen Feiernde auf den Straßen vorzugehen, die sich nicht an die | |
| Corona-Abstandsregeln hielten. Im Schanzenviertel sind vier | |
| [1][Außer-Haus-Verkaufsverbote für Alkohol ausgesprochen worden] – drei | |
| durch die Polizei, eines durch das Bezirksamt Altona. Auf St. Pauli wurde | |
| die Große Freiheit wegen des hohen Besucherandrangs mehrfach von der | |
| Polizei abgesperrt, weil Abstand halten im Gedränge nicht mehr möglich | |
| gewesen sei. | |
| Schon vor dem Wochenende hatte der Senat darum gebeten, beim Feiern doch | |
| bitte Disziplin walten zu lassen. Andernfalls müsse er darüber nachdenken, | |
| den Alkoholverkauf zu beschränken. Damit bezog er sich in erster Linie auf | |
| den Verkauf an Kiosken, der für viele junge Leute die Möglichkeit bietet, | |
| sich in Stimmung zu trinken, ohne viel Geld ausgeben zu müssen. In den | |
| vergangenen Jahren ist daraus das Phänomen des Cornerns entstanden: des | |
| gemeinsamen Abhängens an einer Straßenecke mit Kiosk. | |
| „Das Cornern stellt ein Problem dar“, findet Falko Droßmann (SPD), der | |
| Amtsleiter des besonders betroffenen Bezirks Mitte. Wenn es der Senat den | |
| Bezirken ermöglichen würde, auch abgesehen von akuten Einzelfällen ein | |
| zeitlich wiederkehrendes Alkoholverkaufsverbot für ganze Bereiche | |
| auszusprechen, würde er das „sehr begrüßen“. | |
| Sören Behn, Vorstandsmitglied im Landesjugendring, hält die dahinter | |
| stehende Überlegung für nicht abwegig. Dann brächten die Jugendlichen und | |
| Jungerwachsenen den Alkohol von woanders mit und träfen sich vielleicht an | |
| weniger belebten Orten, sagt er, betont aber, dass er als Privatmann | |
| spreche. Entscheidend sei es, nicht alle Verkaufsstätten gleich zu | |
| behandeln, Augenmaß walten zu lassen und nachvollziehbare Regeln zu setzen. | |
| „Die Jugendlichen und Jungerwachsenen haben sich in der Vergangenheit | |
| vorbildlich gezeigt“, findet Behn. Die Schließung von Bars und Diskotheken | |
| aus Infektionsschutzgründen sei für sie plausibel gewesen. Seit Mai seien | |
| die Plätze wieder belebt, trotzdem stiegen die Infektionszahlen erst seit | |
| kurzem wieder. Die Frage sei: „Woher kommen diese Infektionen eigentlich?“ | |
| Viele hätten sich wohl angesichts der geringen Infektionszahlen gedacht, | |
| sie könnten ja nicht bis an ihr Lebensende darauf warten, wieder | |
| rauszugehen, sagt David, ein Mittzwanziger aus dem Schanzenviertel. „Man | |
| hat Angst, etwas zu verpassen.“ Dass gerade das Cornern das Problem sein | |
| soll, kann sein Freund Vincent nicht nachvollziehen. „Am Hauptbahnhof und | |
| an den Landungsbrücken ist es auch voll“, sagt er. Im Übrigen seien ja | |
| Gruppen von zehn Leuten erlaubt und sie blieben beim Ausgehen in der Regel | |
| in ihrer Gruppe. | |
| Auch Niels Boeing, Mitbetreiber der Bar Kurhaus, hält nichts vom | |
| „Kiosk-Bashing“. Er findet es zwar sympathisch, dass der Senat auf die | |
| Eigenverantwortung gesetzt hat, glaubt aber, dass es besser gewesen wäre, | |
| wenn die Polizei von Anfang an auch bei großen Menschenansammlungen die | |
| Abstandsregeln durchgesetzt hätte. Stattdessen habe sie sich auf Grüppchen | |
| von Jugendlichen gestürzt. „Die haben sich billige Opfer gesucht“, | |
| kritisiert er. | |
| Boeing hat auch einen praktischen Vorschlag, den er sich in Italien | |
| abgeschaut hat: Warum nicht schicke geometrische Muster auf die Plätze | |
| malen, die den Leuten intuitiv verdeutlichen, wie sie Abstand halten | |
| müssen? | |
| 27 Jul 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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