# taz.de -- Klimaschutz und Kapitalismus: Wagen wir den Ausbruch! | |
> Kritik an Konzernen und dem Staat greift zu kurz. Denn Klimaschutz | |
> widerspricht der Logik des Kapitalismus. | |
Bild: Klimaaktivist*innen in der Lausitz, 30.11. 2019 | |
Dürre, Ernteausfälle, Stürme und Hungersnöte – [1][der Klimawandel] ist e… | |
Problem, eines, das immer größer wird. Da sind sich Klimabewegung, | |
Wissenschaft und große Teile der Politik einig. Aber wie begegnen wir einer | |
hoch abstrakten globalen Katastrophe, deren direkte Auswirkungen erst | |
langsam spürbar werden? | |
Die junge Klimabewegung hat eine klare Antwort: [2][System Change]. Diese | |
Forderung wird jedoch oft als utopisch verlacht oder gleich dämonisiert. | |
System Change? Das klingt verdammt radikal. Die bürgerlich kapitalistische | |
Gesellschaft hat indes ihre eigenen Antworten auf die Klimakatastrophe. | |
Doch taugen ihre Ansätze? | |
Ein wiederkehrendes Motiv ist die Konsumkritik, also die Forderung nach | |
einem Konsum, der das Klima möglichst wenig belastet. Fair-Trade oder Bio | |
Produkte, ein verpackungsloser Einkauf, all das ist schön und gut. Einen | |
ethischen Konsum, so es ihn denn gibt, muss man sich aber erstmal leisten | |
können, und viele können das nicht. | |
Einer Hartz-IV-Empfängerin, die am Ende des Monats jeden Euro zweimal | |
umdrehen muss, vorzuwerfen, dass sie nicht ethisch korrekt konsumiert, ist | |
an Zynismus kaum zu überbieten. So wird der Klimawandel auf das Individuum | |
abgewälzt. Schuld ist nicht das System, schuld bist du. Das sorgt für | |
Überforderung und Verzweiflung und wird den Klimawandel nicht bekämpfen | |
können. | |
## Konkurrenzkämpfe und Zwang zum Wachstum | |
Unsere Kritik kann also nicht am Individuum aufhören. Aber wie steht es um | |
Konzerne? Die ruinieren schließlich das Klima, oder? Wir leben im | |
Kapitalismus, einem System, in dem Profit notwendigerweise über allem | |
steht. Unternehmen, die keinen Gewinn verzeichnen, gehen bankrott. | |
Aus ihrem Konkurrenzkampf untereinander resultiert ein Zwang zum Wachstum, | |
der maßlos ist und kein Ende hat. Dass also auch CO2-intensive Produktion | |
in Kauf genommen wird, weil sie schlichtweg günstiger ist als nachhaltige, | |
liegt in der Logik des Systems begründet. Konkreten Konzernen vorzuwerfen, | |
sie würden das Klima verpesten und sein somit schuld am Klimawandel, ist | |
daher verkürzt und nicht sinnvoll. | |
Nachhaltige Produktion rechnet sich nicht, dann kann ja der Staat | |
eingreifen! Ganz so leicht ist es leider nicht. Denn auch der Staat | |
unterliegt Zwängen. Seine Ökonomie konkurriert mit denen anderer Nationen. | |
Staaten müssen abwägen: setzen sie Maßnahmen in Kraft, die Unternehmen an | |
Umweltrichtlinien binden, beschränken sie deren Profit und gefährden damit | |
die eigene Wirtschaft. Im globalen Kampf um Kapital wäre das ein massives | |
Hindernis. Der Staat wird daher nie die Maßnahmen ergreifen, die nötig | |
sind, um den Klimawandel zu stoppen. Er kann es gar nicht. | |
Die Kritik am Individuum, an Konzernen und am Staat scheitert. Effektiver | |
Klimaschutz widerspricht nun einmal der Grundlogik unserer | |
Wirtschaftsweise. Und da sich der Klimawandel nicht um unseren | |
Standortvorteil schert, ist unsere Antwort entschieden: System Change! | |
26 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
david Luys | |
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