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# taz.de -- Die Chancen auf Systemwandel im Kleinen: Konsumkritik als Placebo
> Können wir mit den richtigen Kaufentscheidungen die Welt verbessern? Oder
> brauchen wir doch einen allumfassenden Systemwandel?
Bild: Mission Supermarkt: Wie ich die Welt mit meinem Einkaufswagen (ein bissch…
Gefahr! Die Menschen hierzulande leben unter einer omnipräsenten Bedrohung!
Das Grauen lauert hinter T-Shirts, Spülmittel oder Milch: Bloß nicht das
Falsche kaufen! Bloß nicht mitschuld sein am [1][Klimawandel]!
An die Hand genommen werden die verunsicherten Konsument*innen
reihenweise von Sachbüchern, Zeitschriften und Fernsehshows, in denen dem
Bösen auf den Grund gegangen wird: Was ist ethisch vertretbar, was darf
konsumiert werden? Und so steuern die Massen die Supermarktregale an,
bestens darüber informiert, wie hoch etwa der Wasserverbrauch bei der
Produktion der Müsliverpackung im Detail war.
Was dahinter steckt, ist die Angst vor dem Klimawandel. Darüber steht in
dieser Zeitung viel geschrieben und ich trete uns Autor*innen wohl nicht
zu nahe, wenn ich uns allen eine gewisse Verzweiflung attestiere.
Wir wissen über die herannahende Katastrophe und wer einmal den Versuch
unternommen hat, den eigenen CO2-Fußabdruck zu berechnen, weiß, zu welchen
Schuldgefühlen das führen kann. Und weil wir am eigenen Konsum am
leichtesten etwas ändern können und es attraktiv ist, moralisch richtig zu
handeln, geben wir uns als kritische Konsument*innen.
## Falsch oder weniger falsch
Und weil es noch attraktiver ist, anderen Menschen die eigene
Unbeflecktheit demonstrativ unter die Nase zu reiben, üben wir fleißig
Konsumkritik. Doch wer den Konsum kritisiert, die zugrundeliegenden
Verhältnisse aber unangetastet lässt, versagt sich jedem kritischen
Gedanken und wird letztlich gar nichts verändern. Denn in einem System, das
ewiges Wachstum erzwingt, ist der private Konsum nebensächlich.
Jetzt könnte man meinen, Öko, Bio, Fair Trade, all das sei unnötiger
Quatsch, weil wir damit effektiv wenig ändern. Also kaufen wir weiter das
Ein-Euro-Schnitzel und fühlen uns intellektuell überlegen, sobald wir
diesen kritischen Konsument*innen die sieben magischen Worte
entgegenhalten: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“.
Doch Theodor W. Adorno, der allzu oft auf dieses Zitat reduziert wird,
meinte damit nicht, dass erst in der befreiten Gesellschaft ethisch
richtige Entscheidungen getroffen werden könnten. Es gibt eben falsch und
weniger falsch, klimaschädlich und weniger klimaschädlich. So spricht gar
nichts gegen bedachten Konsum und wer es sich leisten kann, auf
Plastikverpackung zu verzichten, soll das bitte tun.
Der Klimawandel ist mit Konsumkritik nicht aufzuhalten, doch Ohnmacht
angesichts der bestehenden Verhältnisse ist noch kein Grund, in Zynismus zu
verfallen und gedankenlos zu konsumieren.
Was also tun? Um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen, muss der
Kapitalismus überwunden werden. Auf die Politik ist dabei kein Verlass,
über den parlamentarischen Weg lässt sich kein System überwinden. Das
Wasser steht uns längst bis zum Hals. Was man tun kann, zeigen Klimagruppen
wie Ende Gelände tagtäglich. Lasst uns den Systemwandel also selbst in die
Hand nehmen! Und wer es sich leisten kann, darf dabei gern fair gehandelte
Kleidung tragen.
26 Sep 2020
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## AUTOREN
david Luys
## TAGS
Schwerpunkt Klimagerechtigkeit
Konsumkritik
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Schwerpunkt Klimagerechtigkeit
Sehnsucht Sommer
Konsum
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