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# taz.de -- Konsumtipps aus der taz-Redaktion: Wer zuletzt kauft, kauft am best…
> Am Montag weihnachtet es. Vielleicht schneit's ja auch. Kurz vor knapp
> kommen absolut endgültige Geschenkideen für Jung und Alt.
Bild: Ob gekauft oder selbstgebastelt – taz-Redakteur*innen verraten ihre Ges…
Vitamin D
In unseren Breitengraden haben vergeigte Weihnachtsfeste meistens einen
simplen Grund: [1][Vitamin-D-Mangel]. Er kommt schleichend, schlägt aber
mit voller Kraft zu. Bedenken Sie: Zu Weihnachten haben wir schon drei
Monate Lichtmangel hinter uns, aber die Folgen bekommen wir oft erst Ende
Dezember zu spüren: Depression, Konzentrationslücken, Schwindel,
Antriebsschwäche. Da hilft dann auch am Weihnachtsabend keine Blutwurst,
machen die Luxemburger so, und da hilft auch kein Karpfen, den Sie
vielleicht sogar traditionsgetreu in der Badewanne zum Haustier
verhätschelt und dann auf den Kartoffelsalat gelegt haben.
Und ein Glücksschwein, wie man es seit Jahrhunderten zu Weihnachten etwa in
Tschechien erwartet, kommt schon gar nicht vorbei, um Ihr familiäres
Zellensyndrom zu beenden. Da können Sie noch so viele Eichenbalken
verbrennen, ja, das macht man mancherorts, Zelle bleibt Zelle und Familie
bleibt Familie und Winter bleibt Winter. Dabei ist es ganz einfach: Ein
paar Pillen Vitamin D und eine ausreichende Menge Alkohol haben noch jedes
Fest zum unvergesslichen Höhepunkt des Jahres gemacht. Da brauchen Sie
nicht mal einen Arzt oder Apotheker zu fragen. Tania Martini
Abrissbirne
Keine Ahnung, wo man sie schnell herkriegen kann. Trotzdem, das Geschenk
der Stunde ist die Abrissbirne. Und der Ort, an dem sie zum Einsatz kommt,
das Neubaugebiet um den Berliner Hauptbahnhof. Gerne aber auch jede
[2][x-beliebige Baustelle in einer deutschen Großstadt]. Da, wo in Serie
diese Gebäude entstehen, die, obwohl es sich meist um Hotels oder
Bürobauten handelt, ausschauen wie ein Knast. Denn ihr markantestes Merkmal
sind strenge Steinfassaden mit hohen, dabei aber extrem schmalen Fenstern.
Ausbruchssichere Fenster, leider auch ausblickssicher.
Wer einfach rausschauen will, aus einem solchen Fenster, kommt sich
ziemlich dumm vor. Denn der schaut eigentlich immer nur auf die nächste
Betonstrebe, in der das Fenster sitzt. Ich bin mir sicher, es gibt einen
bautechnischen Fachbegriff für dieses Fenster, das alle Normen an Wärme-
und Schalldämmung erfüllt und dabei offenbar so preisgünstig ist, dass es
inzwischen die Fassaden unsere Großstädte definiert, die doch angeblich
Sache der Architekten sind. Leichter zu beschaffen als eine Abrissbirne,
weil im Buchhandel erhältlich: Monika Wagner: „Marmor und Asphalt. Soziale
Oberflächen im Berlin des 20. Jahrhunderts“. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin
2018, 200 Seiten, 24 Euro. Unverzichtbares Wissen zur Definitionsmacht von
Materialien. Brigitte Werneburg
Empathie
Im Arbeitskreis „Post-Ironie“ sind wir dieses Jahr einen Riesenschritt
vorangekommen. Dank einer Genossin aus Schottland, die trotz wackligster
Existenz bereits den zehnten Winter in Berlin ausharrt, wurden wir aus dem
Halbdämmer erweckt und haben endlich begriffen, wie es funktioniert,
anderen [3][durch Empathie ein gutes Gefühl zu vermitteln]. Lest weiter und
bleibt anlasslos freundlich, hatte sie vorgeschlagen, bevor sie ihr
Guinness wieder über der Heizung abstellte, auf dass es noch lackerer
schmecke.
Und siehe da, erste Versuche waren rundum positiv: Der Busfahrerin beim
Aussteigen „gute Fahrt“ zu wünschen, wurde mit freundlichem Lächeln und
einem Dank quittiert. Empathie war im deutschsprachigen Raum über
Jahrhunderte ein Fremdwort. Und noch heute behandeln manche, auch sich
fortschrittlich verstehende Menschen den Komplex Empathie so, als wäre er
eine Kryptowährung. Da verwundert auch nicht weiter, dass im
DTV/Enke-„Wörterbuch der Soziologie“ zwischen den Begriffen „Emanzipatio…
und „Empirie“ eine Lücke klafft.
Gerade deshalb ist der Austausch mit dem Ausland so wichtig, denn das
britische „Collins Dictionary of Sociology“ von David und Julia Jary hat
ihn selbstverständlich, den Eintrag zum Begriff. Empathie wird dort als
„Gefühl“ (!) definiert, „das es einem Individuum möglich macht, sich
indirekt in die Erfahrung von jemand anders hineinzuversetzen“. Weiter
heißt es da: „Fähigkeit zur Empathie ist im zwischenmenschlichen Bereich
und in sozialen Settings grundlegend.“ Man muss deshalb nicht gleich das
„Dictionary“ verschenken, Empathie als Geschenk reicht schon. Auch toll:
Kost’ nix. Julian Weber
Rote Nacht
Erscheint Ihnen Weihnachten als der pure Horror? Würden Sie dem Ganzen am
liebsten entfliehen? Ohne auf Annehmlichkeiten wie die typisch
weihnachtliche Farbgebung verzichten zu wollen? In diesem Fall Rot? Dann
ist Ihnen oder einer Person Ihres Vertrauens vielleicht mit der vor Kurzem
erschienenen DVD- beziehungsweise Blu-ray-Edition des [4][Films „Mandy“ des
Regisseurs Panos Cosmatos] geholfen. Rot dominiert in diesem
psychedelischen Horrortrip, nicht so sehr in Form von Kunstblut, eher als
Hintergrundleuchten, das weniger aggressiv macht als dass es leicht zum
Verlust der Orientierung beiträgt.
Besinnlich? Eventuell. Nebenbei gibt es noch den Schauspieler Nicolas Cage
endlich mal wieder in einer überzeugenden Rolle zu erleben. Und sorgsam
gewählte Musik, von der Prog-Rock-Band King Crimson bis zum im Frühjahr
verstorbenen Filmkomponisten Jóhann Jóhannsson. So lassen sich die
Schrecken der Feiertage bannen. In den Bildschirm. Weihnachtszauber mal
anders. Tim Caspar Boehme
Aber bitte aus Seide
Die Seidenstraßen verbanden Vorder- und Zentralasien mit dem Mittelmeerraum
und Europa. Von jeher haftete ihrer Bezeichnung etwas Mythisches an. Wobei
„seit jeher“ nicht ganz stimmt. Denn die Bezeichnung „Seidenstraße“ se…
sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch. Der deutsche
Geograf Ferdinand von Richthofen bezeichnete mit dem assoziationsreichen
Begriff die alten Karawanenrouten, die seit den Römern die handelnden
Nationen verschiedener Kontinente verbanden. Eine lebendige
Geschichtsvermittlung braucht Bilder und eine spannende Erzählung, wie sie
der britische Historiker Peter Frankopan beherrscht.
Zusammen mit dem Illustrator Neil Packer hat er dafür einen lesenswerten
und schön gestalteten Band veröffentlicht. „Die Seidenstraße. Eine
Weltgeschichte für Kinder“ (Rowohlt, 20 Euro) richtet sich an Leser ab
zehn. Das Buch ist in für Kinder und Jugendliche leicht schaffbare
Kapitellängen eingeteilt und enthält toll gezeichnete Karten und
historische Darstellungen. Nebenher können hier auch ältere Semester bei
der Lektüre ihr historisches Wissen auffrischen, ohne dass es nach
Frontalunterricht und Nachsitzen aussieht. Von der „Straße zum Islam“ bis
zur „Straße ins Verderben“, Frankopan verknüpft wichtige historische
Ereignisse mit Themen der Gegenwart. Denn diese ist ohne Wissen über die
historische Entwicklung nicht zu verstehen. Andreas Fanizadeh
Grundgesetz
Das Grundgesetz ist ein Text, den man nicht oft genug lesen kann – nur
lassen die meisten Bleiwüstenausgaben kaum Lektüregenuss zu. Deshalb gibt
es den Gesetzestext jetzt in Magazinform, schick gelayoutet, mit
variierender Typografie inklusive Satellitenaufnahmen Deutschlands und
Europas von der Raumstation ISS. Neben den Artikeln gibt es
Hintergrundinformationen zum Beschluss des GG vor (fast) 70 Jahren,
allgemeine Informationen zur Verfassung und die Erklärung der
Menschenrechte obendrauf.
Der Anhang zum Wahlrecht und zur Geschichte Deutschlands kommt etwas
didaktisch und schulbuchmäßig daher – sonst aber ein toll gestaltetes Heft,
das einem die großen Verdienste dieses Gesetzes in Erinnerung ruft und über
den bis heute gültigen Wortlaut in den Paragrafen („Volk“, „Rasse“)
nachdenken lässt. Ein Geschenk für alle von 6 bis 106, zu finden im guten
Bahnhofsbuchhandel oder unter www.dasgrundgesetzshop.de.
Die etwas interaktivere Geschenkvariante wäre eine Wohnzimmerlesung.
Aktuell kann man Autor_innen für Hausbesuche buchen. Dazu muss man
(Minimum) 100 Euro investieren, diese gehen nicht an die Lesenden, sondern
die Mittelmeer-Rettungsinitiative Mission Lifeline und Soul Talk, eine
Beratungsstelle für Flüchtlinge. Inzwischen beteiligen sich mehr als 100
Autor_innen aus Deutschland und Österreich, darunter Inger-Maria Mahlke und
Bettina Wilpert. www.autorenhelfen.org. Jens Uthoff
Stumme Polizisten
Er solle sich in Acht nehmen, sagte Thomas Kapielski zu Helmut Höge: Die
Dummheit der Gegenstände übertrage sich auf die Betrachtenden, wenn man
sich zu tief in sie versenke. (Gilt nicht nur für Gegenstände, sondern auch
für Parteien.) Der Gegenstand, um den es hier geht, ist der Poller. Helmut
Höge, Autor und Aushilfshausmeister der taz, hat sich seit 1989 mit diesem
Stadtmobiliar beschäftigt.
Eben ist die erweiterte Auflage der von Philipp Goll herausgegebenen
„Pollerforschung“ Höges erschienen, ein so kluges wie amüsantes Coffee
Table Book für den umherschweifenden Urbanisten. Mit vielen Fotos vor allem
selbstgebastelter, skurriler Poller, über die Höge schreibt, sie könnten
rudimentäre Alleebaum-Artefakte sein. „Im Straßenbild der Stadt sind sie
jedoch ihrer Funktion nach zu bestimmen: Es sind stumme Polizisten, die
verkehrsordnend intervenieren sollen.“ Ein Gutes hat der Poller-Polizist
ja. Er nervt die neuen Herrenreiter in ihren SUVs mehr als alle anderen.
Ulrich Gutmair
Selbstgebastelt
Weihnachtsgeschenke besorgen ist das Letzte. Als ob man sich die Ruhe der
Weihnachtszeit erst mal mit richtig schlimmem Konsumterror verdienen muss.
Eine Lösung ist Do-it-yourself und Recycling. Die Vorteile liegen auf der
Hand: Statt Kaufzwang bastelt es sich umweltschonender und ungestörter. Und
der/die Beschenkte ist beeindruckt von der Kreativität. Aber was basteln?
Die Homepage diy-academy.eu sammelt viele gute Einfälle und Geschenkideen.
Es muss nicht gleich ein Couchtisch aus alten Paletten sein. Der Sitzhocker
aus dem Altreifen tut es auch. Zumal er sich simpelst und schnell
herstellen lässt. Schöne Vasen aus leeren Weinflaschen und buntem Stoff,
ein Armreif aus einer Silbergabel, eine Garderobe aus alten Lederschlaufen
und einem alten Skateboard.
Mit etwas Geschick und einem Werkzeugkasten, Farbe und einem Keller mit
Zeug, von dem man vor 20 Jahren wusste, dass man es irgendwann wieder
brauchen würde. Geschick lässt sich übrigens auch erlernen: Vielerorts gibt
es inzwischen Anfängerkurse für Schmieden oder Tischlern. Ein verschenkter
Kurs-Gutschein beschert einem demnächst vielleicht ein tolles Möbelstück!
Elke Eckert
Notizbuch
Peter Handke, ein manischer Notizbuchvollschreiber, hat nur eine Regel bei
der Auswahl seiner Kladden: „Hauptsache, kein Moleskine. Na gut, manchmal
auch ein Moleskine“ (aus dem Gedächtnis zitiert). Will sagen, er hat keine
Regel und sucht sich immer wieder ein neues Notizbuch aus, das ihn anfliegt
– so wie ihn Sätze, Gedanken, kurze Szenen und Landschaften anfliegen, die
er in den Heften festhält.
In einem schönen Katalog des Literaturarchivs Marbach waren viele seiner
Notizbücher kürzlich zu sehen. Sie wirken tatsächlich bunt
durcheinandergewürfelt und zeigen, mal mit Bleistift, mal Filzstift, mal
mit Füller beschrieben, den Gedanken, das Ich, das Schreiben immer wieder
neu im Entstehen. Schöne und vor allem auch praktische und haltbare
Notizbücher gibt es zum Beispiel von der Firma Leuchtturm 1917. Im Programm
haben sie alle möglichen Varianten, groß, klein, ganz klein, ganz groß, und
alle Farben, die man sich vorstellen kann. Neu ist eine Größe, die sie
Paperback nennen – etwas kleiner als DIN A5, die in Liniert und der Farbe
Eisblau und mit einem sogenannten Softcover finde ich gerade klasse. Nicht
billig: 14,50 Euro. Doch dafür halten sie echt einiges aus.
Nur eins noch: Überlegen Sie sich gut, wem sie so etwas schenken! Die
Person muss schon von sich aus Lust haben, ihr Leben mit Notizen zu
begleiten. Wenn nicht, kann sie auch eine Aufforderung, ihr Leben zu
ändern, wittern. Da sind Notizbücher nicht anders als Gutscheine für
Yogakurse oder (schlimmster Fall) Diätratgeber. Wenn so ein Notizbuch aber
auf den Richtigen trifft, wird er oder sie Ihnen ewig dankbar sein. Dirk
Knipphals
21 Dec 2018
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