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# taz.de -- Die Kanzlerinnennachfolge: Der Glanz von Herrenchiemsee
> Markus Söder hat bewiesen, dass er „Krise kann“, aber „kann“ er auch
> Komplexität? Es wird an Armin Laschet liegen, ob er dies wird beweisen
> müssen.
Bild: Armin Laschet – Zugpferd der Unionsparteien?
Alle reden von Söder, niemand redet von Laschet. Was ein Fehler ist. Denn
Armin Laschet ist derzeit die Schlüsselfigur im Machtkampf zwischen den
Unionsparteien. Solange der nordrhein-westfälische Ministerpräsident an
seiner Kandidatur für den Parteivorsitz festhält, fehlt der CDU ein
Zugpferd für den Wahlkampf. Da die Mitbewerber Friedrich Merz und Norbert
Röttgen von der Pandemie zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft wurden, kann
Laschet sich vermutlich gegen sie durchsetzen. Und dann schlägt die Stunde
von Markus Söder.
Der erklärte kürzlich, nur wer Krisen meistere, könne Kanzler werden. Es
war eindeutig, wer und was damit gemeint war. Der bayerische
Ministerpräsident hat während der Coronakrise an Statur gewonnen, er ist
populär wie nie zuvor. Armin Laschet hingegen hat Erwartungen enttäuscht
und keine gute Figur abgegeben. Was kann für Söder da noch schiefgehen?
Alles.
## Ist Markus Söder noch bei Trost?
Es gibt gute Gründe, sich zu fragen, ob Markus Söder noch bei Trost ist.
Zumindest hat er alle Maßstäbe verloren – und das wird sich bei nächster
Gelegenheit rächen. Der Spiegelsaal von Herrenchiemsee: Was für prächtige
Fotos und [1][Fernsehbilder] sind bei der Audienz entstanden, die der König
von Bayern der demnächst scheidenden Kanzlerin gewährt hat! Die werden beim
nächsten Fehler, den Söder macht, aus den Archiven geholt werden. Alle
machen Fehler. Aber nicht alle liefern eine solche Steilvorlage für
künftige Häme, wie er es jetzt getan hat. Der Glanz von gestern wird morgen
lächerlich wirken.
Söder dürfte das erst merken, wenn es zu spät ist. Er neigt dazu, sich
selbst zu überschätzen und die Komplexität von Anforderungen zu
unterschätzen. Wie übrigens auch seine Definition der Qualifikation fürs
Kanzleramt beweist. Ja, der bayerische Ministerpräsident konnte sich über
Monate hinweg vollständig auf ein Problem – Corona – konzentrieren. Auf
Landesebene geht das, jedenfalls vorübergehend. Auf Bundesebene hingegen
gibt es stets viele, allzu viele Themen, die gleichzeitig bearbeitet werden
müssen. Innenpolitisch sowieso, und dann kommt auch noch die jeweilige
Weltlage hinzu.
Wer Markus Söder toll findet, mag derzeit mit einigem Recht behaupten, dass
er „Krise kann“. Aber „kann“ er auch Komplexität? Das weiß niemand.
Beweisen musste er das bisher nicht, und er hat es auch noch nicht
bewiesen.
Die Unionsparteien sind in einer schwierigeren Lage, als die glänzenden
Umfragewerte vermuten lassen. Viele CDU-Abgeordnete würden einen
Kanzlerkandidaten Söder nur mit geballter Faust in der Tasche akzeptieren.
Die CSU käme unterdessen durch einen Wechsel ihres Ministerpräsidenten nach
Berlin in Not. Wer könnte auf Söder folgen? Albert [2][Füracker] aus der
Oberpfalz? Ach so, den Namen haben Sie noch nie gehört. Tja.
Hier kommt Armin Laschet ins Spiel. Wenn ihm an der Union liegt, dann muss
er den Weg freimachen für Jens Spahn als Parteivorsitzenden und möglichen
Kanzlerkandidaten. Der Gesundheitsminister hat gezeigt, dass er bereit ist,
Verantwortung zu übernehmen. Das alte Argument, er sei zu jung, hat sich
erledigt: Er hat seinen 40. Geburtstag endlich hinter sich. Und wer meint,
die Union müsse wieder konservativer – oder eben: reaktionärer – werden,
wäre gut mit ihm bedient.
Will die Union handlungsfähig bleiben, dann muss sie die verschiedenen
Flügel von CDU und CSU irgendwie unter einen Hut bringen. Ob das gelingen
kann, liegt derzeit an: ja, eben an Laschet. Kann ihm endlich jemand
erklären, warum ein kluger Abschied allemal besser ist als ein nutzloser
Sieg? Auch für den eigenen Nachruhm?
18 Jul 2020
## LINKS
[1] https://www.zdf.de/nachrichten/video/herrenchiemsee-merkel-soeder-bayern-10…
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_F%C3%BCracker
## AUTOREN
Bettina Gaus
## TAGS
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