# taz.de -- Die jüngsten Kämpfe um Bergkarabach: Zu viele Nutznießer | |
> Im Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien bietet sich Moskau als | |
> Vermittler an. Das ist blanker Hohn. | |
Bild: Armenische Soldaten an der Grenze zu Aserbaidschan am 14. Juli | |
Eingefrorene Konflikte sind eben nur eingefroren. Sobald sie auftauen, | |
können sie explodieren. Jüngstes Beispiel: [1][der Ausbruch neuer Gefechte | |
zwischen Aserbaidschan und Armenien], der wieder Menschenleben gekostet | |
hat. Diesmal findet der militärische Schlagabtausch um das umstrittene | |
Gebiet Berg-Karabach im Norden zu beiden Seiten der Grenze statt. | |
Dass sich die Feindseligkeiten zwischen den Südkaukasusrepubliken gewaltsam | |
entladen, war nur eine Frage der Zeit. Dabei ist nicht entscheidend, wer | |
dieses Mal den ersten Schuss abgefeuert hat. Vielmehr haben die Regierungen | |
beider Staaten der Eskalation Vorschub geleistet: durch das Beharren auf | |
einem fragilen Status quo flankiert von Kriegspropaganda sowie einer | |
Instrumentalisierung dieses jahrzehntelangen Konflikts, um von ihren | |
innenpolitischen Problemen abzulenken. | |
Armeniens Regierungschef und einstiger Held der „Samtenen Revolution“ Nikol | |
Paschinjan kann sich im Bemühen um eine friedliche Lösung nicht zu weit aus | |
dem Fenster lehnen. Denn das kommt, wie die Vergangenheit gezeigt hat, | |
politischem Selbstmord gleich. | |
Aserbaidschans autokratischer Dauerpräsident Ilham Alijew hingegen braucht | |
die Causa Berg-Karabach. Sie ist ein Vehikel, um seine korrupte | |
Clanherrschaft abzusichern, gegen die sich wachsender Unmut regt. Die | |
jüngsten Proteste in Baku und anderen Städte setzten Alijew jedoch unter | |
Druck; auch ihm kann an einer wachsenden Kriegsgefahr nicht gelegen sein. | |
Doch dieser Konflikt wäre nicht der, der er ist, gäbe es nicht andere | |
Akteure – allen voran Russland. Moskau bietet sich wieder einmal als | |
Vermittler an. Das ist ein Hohn angesichts der Tatsache, dass in Armenien | |
russische Soldaten stationiert sind, der Kreml aber gleichzeitig [2][Waffen | |
an Alijew] verkauft. | |
Russland gehört zudem der Minsk-Gruppe an, die sich um eine Friedenslösung | |
bemüht. Deren Aufgabe dürfte nicht leichter werden, genauso wie das | |
Engagement der wenigen Friedensaktivist*innen auf beiden Seiten. Gerade | |
sie brauchen jetzt Unterstützung – stärkere denn je. | |
16 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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