# taz.de -- Klage gegen Corona-Verordnung: Kein Schadensersatz für den Wirt | |
> Das Landgericht Hannover hat die Schadensersatz-Klage eines Gastronomen | |
> abgewiesen. Es ist das erste Urteil dieser Art – aber sicher nicht das | |
> letzte. | |
Bild: Gastwirt Gerrit Schweer wollte Schadensersatz vom Land, doch das Gericht … | |
Hannover taz | Die Verkündung des Beschlusses war unspektakulär, letztlich | |
nur noch Formsache. Richter Thorsten Garbe erläuterte ihn im Flur des | |
Landgerichts, vor einer Handvoll Journalisten. Dabei war das Urteil | |
durchaus mit Spannung erwartet worden. Es ist bundesweit die erste | |
Schadensersatzklage aufgrund der Coronaverordnungen, über die entschieden | |
wurde. | |
Geklagt hatte der Gastwirt Gerrit Schweer, der ein Ausflugslokal am | |
Steinhuder Meer betreibt. [1][Aufgrund der erzwungenen Schließung von sechs | |
Wochen] verzeichnete er Gewinnausfälle von 52.000 Euro, wie sein | |
Steuerberater ausgerechnet hat – davon sind die Corona-Soforthilfen in Höhe | |
von 20.000 Euro schon abgezogen. Mindestens weitere 10.000 Euro | |
Schadensersatz wollte der Wirt nun noch vom Land Niedersachsen haben. | |
Der Richter hatte allerdings schon in der mündlichen Verhandlung vor zwei | |
Wochen deutlich gemacht, dass er dieser Klage wenig Aussicht auf Erfolg | |
beimisst. Immerhin habe der Gesetzgeber ja bewusst auf eine | |
Entschädigungsregelung verzichtet – in anderen Fällen, wie beim | |
[2][Verdienstausfall von Eltern], sei hingegen für entsprechende Regelungen | |
gesorgt worden. | |
Der betroffene Gastwirt und sein Anwalt sind dann auch gar nicht mehr | |
erschienen, als das Landgericht nun die Abweisung der Klage verkündete. | |
Weder das Bundesinfektionsschutzgesetz noch die Landesgesetze gäben einen | |
unmittelbaren Entschädigungsanspruch her, erklärte der Richter. | |
Auch aus dem sonstigen Staatshaftungsrecht, also richterlichen | |
Entscheidungen in anderen Fällen, oder dem, was man Gewohnheitsrecht nennt, | |
ließen sich solche Ansprüche nicht ableiten. Dazu hätte der betroffene | |
Gastwirt ein „Sonderopfer“ nachweisen müssen – also belegen müssen, das… | |
als Einzelfall übermäßig hart betroffen sei, erläutert Gerichtssprecher | |
Dominik Thalmann. | |
Genau das ist hier aber nicht der Fall – denn betroffen von den | |
Einschränkungen und Umsatzverlusten waren ja alle Gastronomen, im weiteren | |
Sinne sogar alle Gewerbetreibenden. Und auch daraus leitet sich die | |
Zurückhaltung des Richters ab: Es geht ja nicht nur um einen | |
Entschädigungsanspruch, dem er mit seiner Entscheidung genüge tun würde – | |
eine Haftung in diesem Fall hätte millionenschwere Auswirkungen auf Bundes- | |
und Länderhaushalte. | |
Über diese bestimme in der Gewaltenteilung aber nun einmal das Parlament | |
und nicht ein einzelner Richter. „Ein Richter kann an dieser Stelle den | |
Willen des Gesetzgebers nicht einfach unterlaufen“, sagt Thalmann. | |
Richter Garbe sagte aber auch, er gehe nicht davon aus, dass seine | |
Entscheidung rechtskräftig werde. „Der Kläger hat ja schon angedeutet, dies | |
in der nächsten Instanz überprüfen lassen zu wollen.“ Das sei angesichts | |
der Bedeutung des Falles ja auch verständlich. | |
Der Gaststättenverband Dehoga hat angekündigt, den Gastwirt bei seinem | |
weiteren Weg durch die Instanzen unterstützen zu wollen. Und auch | |
andernorts sind Klagen in Vorbereitung oder liegen schon bei Gericht. In | |
Hamburg ruft etwa das Gastronomen-Netzwerk „Leaders Club“ zu einer | |
Sammelklage auf und hat dafür die auf Verbraucherschutz spezialisierte | |
Hamburger Rechtskanzlei Gansel engagiert. | |
Vor dem Landgericht in Osnabrück werden außerdem demnächst [3][die Klagen | |
dreier Gastronomen gegen ihre Versicherungen] verhandelt. Die | |
Versicherungsunternehmen hatten Zahlungen aus der | |
Betriebsausfall-Versicherung abgelehnt – unter anderem mit dem Argument, | |
dass der neuartige Coronavirus von der Police nicht abgedeckt sei, aber | |
auch damit, dass eine präventive Schließung zur Vermeidung einer Pandemie | |
nicht gleichzusetzen sei mit einer Betriebsschließung aufgrund einer | |
konkreten Infektionsgefahr. | |
10 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Gastronomie-wieder-geoeffnet/!5696788&s=/ | |
[2] /Archiv-Suche/!5683971&s=Verdienstausfall+Eltern&SuchRahmen=Print/ | |
[3] https://www.versicherungsbote.de/id/4892330/Betriebsschliessung-Gastronomen… | |
## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Gericht | |
Niedersachsen | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Adel | |
Tourismus | |
Naturschutz | |
Gastronomie | |
Verbraucher | |
Restaurant | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Ramona Pop | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Öffentliches Geld für Privatinsel: Fürst lädt ein, Staat zahlt | |
In Niedersachsen öffnet auch der Adel wieder: Am Mittwoch eröffnet | |
Alexander zu Schaumburg-Lippe die Insel Wilhelmstein. Der Staat zahlt | |
kräftig dazu. | |
Tourismusförderung fürs Adelshaus: Raubritter am Steinhuder Meer | |
Die Region Hannover soll in ein Tourismuskonzept für die Insel im | |
Steinhuder Meer investieren. Die gehört Alexander Fürst zu | |
Schaumburg-Lippe. | |
Streit um Schutzgebietsverordnung: Erholung auch für Vögel | |
Für das Steinhuder Meer soll es eine neue Schutzgebietsverordnung geben. | |
Eine Bürgerinitiative befürchtet, dass damit Touristen vertrieben werden. | |
Abstandsregeln in der Gastronomie: Wenn jeder Zentimeter zählt | |
Hamburger Gastronom*innen wollen auch draußen ausschenken. Zu ihrem | |
Leidwesen mahlen die Mühlen der Bezirksämter teilweise langsam. | |
Teurer Schlüsseldienst: Gericht unterstützt Abzockerdienst | |
Mehr als 660 Euro für den Schlüsseldienst? Zumindest für das Amtsgericht | |
München ist das kein Wucher. | |
Gastronomie wieder geöffnet: Der ganz normale Trubel!? | |
Anfang Mai traf die taz drei Gastronomen in ihren leeren Restaurants. Mitte | |
Mai sprachen wir sie dann kurz vor der Wiedereröffnung. Wie läuft es nun? | |
Corona in der Gastronomie: Die Schlacht ums kalte Buffet | |
In der Gastroszene wird gemunkelt, das Coronavirus mache den Buffets den | |
Garaus. Wäre das so schlimm? | |
Grüne Wirtschaftssenatorin im Interview: „Im Auge des Orkans“ | |
Es wird Jahre dauern, bis wir wieder die alte Wirtschaftskraft erreichen, | |
sagt Ramona Pop. Sie mahnt Bundeshilfen an und legt bei Start-Ups selbst | |
was drauf. |