Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Corona-Hotspot Fleischindustrie: Ausbruch mit Ansage
> Der Corona-Ausbruch beim Fleischkonzern Tönnies hätte verhindert werden
> können. Behörden müssen Schlachthöfe, die Regeln verletzen, dichtmachen.
Bild: Geschlossen: eine Produktionshalle mit dem Logo der Firma Tönnies
Der massive Ausbruch des Coronavirus [1][bei Deutschlands größtem
Fleischproduzenten Tönnies] in Nordrhein-Westfalen ist eine riesige Sauerei
– nicht nur, weil dort auch weibliche Schweine geschlachtet werden.
Tönnies und die Behörden waren vorgewarnt. Bereits Mitte Mai hatten sich
Hunderte Beschäftigte anderer Schlachthöfe infiziert. Spätestens seitdem
war bekannt, dass zum Beispiel die Enge an den Produktionsbändern und in
den Unterkünften der Arbeiter aus Osteuropa das Infektionsrisiko drastisch
erhöht.
Trotzdem haben weder die Unternehmen noch die Aufsichtsbehörden genug
getan, um den Sicherheitsabstand von 1,5 Metern zwischen den Beschäftigten
durchzusetzen. Stattdessen Mundschutz zu tragen, ist bei der schweren
körperlichen Arbeit im Schlachthof oder beim gemeinsamen Leben in einer
Wohnung nicht realistisch. Wären alle Hygieneregeln eingehalten worden,
hätten sich nicht so viele Mitarbeiter eines Betriebs angesteckt.
Zwar wurden nach den ersten Ausbrüchen in anderen Fleischfabriken alle
Beschäftigten der Branche in Nordrhein-Westfalen auf eine Infektion
getestet. Aber das ist kein Ersatz für genügend große Abstände, denn
natürlich können sich Arbeiter auch nach einem Test anstecken. Die
Untätigkeit der Fleischindustrie hat vor allem einen Grund: Einnahmen gehen
verloren, wenn wegen größerer Lücken am Band weniger Tiere pro Tag
geschlachtet werden können.
Auch die Behörden sind mitschuldig. Sie haben die Missstände bei Tönnies
entweder nicht genügend kontrolliert oder zu lange toleriert. Das örtliche
Gesundheitsamt hätte die Schließung des Tönnies-Werks schon viel früher
anordnen müssen, um den Ausbruch zu verhindern.
## Laschets Sündenböcke
Für das Versagen der Aufsicht ist in letzter Instanz auch
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet verantwortlich. Statt die Versäumnisse
der letztlich dem Land unterstellten Behörden einzuräumen, schiebt der
CDU-Politiker die Schuld für den Ausbruch den rumänischen und bulgarischen
Arbeitern in die Schuhe. Sie hätten das Virus aus ihren Heimatländern
mitgebracht, sagte der Kandidat für den Vorsitz seiner Partei.
Das ist geradezu schäbig. Selbst wenn sich einzelne Arbeiter in ihrer
Heimat angesteckt haben sollten: Dass sich so viele Beschäftigte infiziert
haben, liegt höchstwahrscheinlich an den Arbeits- und Wohnbedingungen in
Deutschland. Dennoch sucht sich Laschet als Sündenbock ausgerechnet
Menschen aus, die unter Ausbeutung und Diskriminierung leiden.
Aus dem Corona-Ausbruch bei Tönnies müssen die Behörden auch in anderen
Orten mit Schlachthöfen Konsequenzen ziehen. Die Ämter sollten sofort alle
Fleischfabriken schließen lassen, in denen der Infektionsschutz mangelhaft
ist. Denn die Gesundheit muss mehr zählen als der Profit.
18 Jun 2020
## LINKS
[1] /Corona-Ausbruch-in-einer-Fleischfabrik/!5696126
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Fleischindustrie
NRW
Armin Laschet
Schweinegrippe
Pflanzen essen
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schalke 04
Corona Live-Ticker
Schwerpunkt Coronavirus
Schalke 04
Fleischindustrie
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Forscher über Virenübertragung: „Beine und Flügel der Viren“
Die Landwirtschaft hat Einfluss darauf, wie sich Erreger ausbreiten. Das
zeigt sich bei einer neuartigen Schweinegrippe in China, sagt Timm Harder.
Arbeitsbedingungen in Schlachtbetrieben: Das System ist moralisch bankrott
Fleischfabriken sind nicht nur Durchlauferhitzer für Pandemien. Sie beuten
Menschen wie Tiere aus und verdienen Verachtung und unseren Boykott.
Nach Corona-Ausbruch in Schlachthof: Kritik an Boykott von Tönnies
Verbraucherschützer haben sich gegen einen Boykott von Fleisch des
Tönnies-Konzerns ausgesprochen. Die gesamte Branche müsse sich ändern.
Corona in Tönnies-Fleischfabrik: Regionaler Lockdown droht
Der Fall Tönnies schreckt die Politik auf: Krisenstab und Kabinett in NRW
beraten über den Corona-Ausbruch in der Fleischfabrik.
Krisengeschüttelter FC Schalke 04: Zerlegte Kumpels
Schalke steckt in einer Identitätskrise. Neben Spielen und Geld verliert
der Fussballverein jetzt auch rasend schnell an Ansehen.
+++ Corona News am 19. Juni +++: Erste Probandin erhält Impfstoff
Die Uniklinik Tübingen hat erstmals den Impfstoff von Curevac verabreicht.
Grünen-Politikerin zeigt Tönnies an. Nachrichten zum Coronavirus im
Live-Ticker.
Corona-Ausbruch in einer Fleischfabrik: Tönnies macht wegen Corona zu
Der Branchenriese Tönnies meldet, dass hunderte Mitarbeiter positiv auf das
Virus getestet wurden. Nun stellt das Unternehmen den Schlachtbetrieb ein.
Krise von Schalke 04: Schlechteste Serie des Jahrtausends
Der Absturz der Schalker in der Rückrunde der Fußball-Bundesliga ist
sagenhaft. Wird Trainer David Wagner jetzt hinterfragt?
Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen: Schluss mit Subunternehmen
Die Bundesregierung will große Schlachtbetriebe zum Einsatz eigener
Arbeiter verpflichten. Es ist eine späte Reaktion auf alte Missstände.
Rassismus im Fußball: War was?
Clemens Tönnies darf nach seinen rassistischen Äußerungen wieder bei
Schalke mitmischen. So richtig außen vor war er eh nie.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.