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# taz.de -- Rassismus im Fußball: War was?
> Clemens Tönnies darf nach seinen rassistischen Äußerungen wieder bei
> Schalke mitmischen. So richtig außen vor war er eh nie.
Bild: Alles wurscht? Clemens Tönnies
Clemens Tönnies darf wieder mitmischen. Die Auszeit, die dem
Aufsichtstratschef des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 vom
[1][Ehrenrat des Klubs] empfohlen worden war, endet nach drei Monaten am
Mittwoch um 24 Uhr. Nach rassistischen Entgleisungen Ende Juli beim Tag des
Handwerks in Paderborn hatte sich der Oligarch aus dem
fleischproduzierenden Gewerbe vor dem Gremium verantworten müssen.
Das stellte nach mehrstündiger Sitzung fest, dass Tönnies zwar nicht im
Sinne der Klubwerte gehandelt habe, dass aber „der gegen den
Aufsichtsratsvorsitzenden des S04, Clemens Tönnies, erhobene Vorwurf des
Rassismus unbegründet ist“. Tönnies hatte bei seiner Rede über hohe
Geburtenrate in afrikanischen Länder schwadroniert und tosenden Applaus
geerntet, [2][als er in den Saal fragte:] “Was machen die (Afrikaner),
wenn’s dunkel wird?“
Die Entgleisung hatte für heftige Diskussionen auch in der aktiven Fanszene
gesorgt. Immer wieder war von den Werten des Klubs die Rede. „Wir zeigen
Rassismus die Rote Karte und setzen uns aktiv für Toleranz und Fairness
ein“, heißt es im Leitbild des Klubs. Wie wenig diese Worte wert sind,
zeigt nicht nur die Entscheidung des Ehrenrats.
Weil Tönnies in der Kritik stand, fühlte sich Jochen Schneider, der
Sportchef des Klubs bemüßigt, vor einer „Hetzjagd“ gegen den mächtigsten
Mann im Vereinskonstrukt des FC Schalke 04 zu warnen. Aus dem Täte wurde
ein Opfer gemacht. Die Entscheidung der [3][Ethikkomission des Deutschen
Fußball-Bundes], der fußballamtlich festgestellt hat, dass Tönnies kein
Rassist ist, trug zur Exkulpation des Aufsichtsratschefs weiter bei.
## Tiefpunkt im Umgang mit Rassismus
Hatte man nach der ersten Aufregung, nach einer beeindruckenden
antirassistischen Fan-Choerografie beim Pokalspiel der Schalker in
Drochtersen noch gedacht, der Fall sei dazu angetan, eine grundsätzliche
Diskussion im Umgang mit Rassismus im Fußball anzustoßen, wurde schnell ein
ganz anderes Bild deutlich. Der Fußball hat ein trauriges Signal
ausgesendet. Statt ein Stopp-Zeichen zu setzen, sind die Grenzen des
Sagbaren ausgeweitet worden. Mit dem Fall Tönnies hat der deutsche Fußball
einen beinahe nicht mehr für möglich gehaltenen Tiefpunkt im Umgang mit
Rassismus erreicht.
Berührungsängste mit Tönnies gibt es nicht. Manuel Neuer, der Kapitän der
deutschen Fußballnationalmannschaft, findet nichts dabei, wenn Tönnies zur
Verleihung des Landesverdienstordens von Nordrhein-Westfalen an Neuer
eingeladen wird, und Ministerpräsident Armin Laschet macht heitere Miene zu
diesem finsteren Spiel. Tönnies zu einer Art Staatsakt einzuladen, zeugt
von einer Instinktlosigkeit, die sprachlos macht.
Dass Schalker Fanklubs nichts dabei finden, den gesperrten
Aufsichtstratschef zu einer Bezirksversammlung des Fanklubverbands
einzuladen, die praktischerweise auch noch auf dem Firmengelände von
Tönnies stattfindet, ist ebenso bemerkenswert wie der Brief aus
Fanklubkreisen an die Ethikkommission, in dem sich die Schalker für den
Fleischindustriellen einsetzen. Sie zeigen auch die Macht, die Tönnies auf
Schalke hat. Ein braver Fanverband wird mit Punkten belohnt, was sich am
Ende bei der Zuteilung von Eintrittskarten positiv auswirken kann.
Und auch der Klub selbst fühlt sich dem mächtigen Herrn Tönnies derart
verpflichtet, dass er seine Traditionsauswahl mitten in der Zeit der Sperre
zum Familienfest der Fleischfabrik in Rheda-Wiedenbrück entsendet. Da
strahlte der Fleischmagnat prompt händeschütteld um die Wette.
Am Ende der dreimonatigen Scheinsperre steht jedenfalls fest: Ein
aufrichtiger Kampf gegen den Rassismus im Fußball findet in Deutschland
nicht wirklich statt.
6 Nov 2019
## LINKS
[1] /DFB-Ethikkommission-zu-Clemens-Toennies/!5621852
[2] https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Paderborn/Paderborn/3906321-Mitsch…
[3] /DFB-und-Ethikkommission-zu-Toennies/!5618382
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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