# taz.de -- Studierende in der Coronakrise: Die Vergessenen | |
> Für Studierende wird es finanziell gerade besonders knapp. Einige | |
> demonstrieren deshalb in Dresden für mehr Unterstützung durch den Staat. | |
Bild: Studierende fordern ein Solidarsemester | |
DRESDEN taz | Sie fühlen sich als nicht „systemrelevant“, bei den | |
[1][Corona]-Hilfen vernachlässigt, und sie fordern den Rücktritt von | |
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). „Sagt doch einfach, dass | |
Euch Studis total egal sind“, lautete eines der Transparente am | |
Montagmittag auf dem Dresdner Theaterplatz. Hier und in einigen weiteren | |
Hochschulstädten hatten sich Studierende versammelt, um auf ihre prekäre | |
Lage seit Mitte März, die nur schleichend anlaufenden Hilfen und vor allem | |
auf eine am 20. Juni in Berlin bevorstehende Großdemo hinzuweisen. | |
Von einer Großdemo blieb Dresden allerdings weit entfernt. Mit etwa 20 | |
Studierenden kamen nur etwa doppelt so viele Teilnehmer wie Journalisten. | |
Eine Massenmobilisierung sei angesichts der Corona-Beschränkungen nicht | |
beabsichtigt und in der Kürze der Zeit auch nicht zu organisieren gewesen, | |
erklärt Lukas Eichinger, einer der beiden Sprecher der Konferenz | |
Sächsischer Studierendenschaften KSS. | |
Die Botschaften Richtung Bundesregierung waren dafür umso eindeutiger. | |
„Unverschuldet verschuldet“ stand auf Transparenten und „Unsere Armut kot… | |
uns an“. Auf dem Pflaster verteilte Info-Zettel schilderten Schicksale | |
wegbrechender Nebenjobs und von verweigertem BaFöG wegen nicht erbrachter | |
Leistungsnachweise. Sie sind Teil einer Petition, die an das | |
Bundesbildungsministerium BMBF und den Bundestag weitergeleitet wurde. Ein | |
Vierteljahr lang seien jene zwei Drittel aller Studierenden, die auf das | |
Jobben nebenbei angewiesen sind, praktisch [2][ohne jede Unterstützung], | |
hieß es. | |
Marlen Schröder, Bezirksjugendsekretärin des DGB Sachsen, schilderte ihre | |
Beratungsleistungen, wenn Studenten der Job krisenbedingt gekündigt wurde. | |
Der Gewerkschaftsbund hat unter Studierenden etwa 10 000 Mitglieder. | |
## Eine Milliarde für eine Million | |
Eine Grafik veranschaulichte, dass der KfW-Kredit und die in Härtefällen | |
mögliche Soforthilfe unter den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten von | |
819 Euro im Monat liegen. Diese beiden Unterstützungsmöglichkeiten werden | |
wegen ihrer Ausgestaltung massiv kritisiert. Der im Unterstützungsgesetz | |
vom 7. Mai erwähnte KfW-Kredit von maximal 650 Euro ist nur bis zum März | |
des kommenden Jahres zinsfrei. | |
Modellrechnungen zeigen, dass bis zur Tilgung Zinsen in der Größenordnung | |
von 4 000 Euro anfallen können. Und die Soforthilfe von 500 Euro erhält | |
nur, wer weniger als diesen Betrag auf dem Konto hat. Und das zunächst auch | |
nur bis Ende August. Auch Sachsen habe sich mit einer Härtefallaufstockung | |
um nur 450 000 Euro für die Studierendenwerke nicht gerade mit Ruhm | |
bekleckert, kritisierte die Linken-Landtagsabgeordnete Anna Gorskih. Mit | |
der Alternative „Verschuldung oder Studienabbruch“ würden Studierende vor | |
den Kopf gestoßen. | |
Um ein erneut drohendes „Zweiklassenstudium“ je nach Kassenlage der Eltern | |
abzuwenden, sehen die Akademiker von morgen den Staat in der Pflicht. | |
KSS-Sprecher Paul Senf stellte klare Forderungen auf. „Eine Milliarde für | |
eine Million“ ist eine griffige Formel und meint die Verzehnfachung der | |
bislang nur 100 Millionen Euro umfassenden Bundeshilfe für geschätzt eine | |
Million unterstützungsbedürftiger Studenten. Eine Öffnung des BaFöGs, das | |
inzwischen nur noch 12 Prozent der Studierenden beziehen dürfen, wird | |
ebenso als Lösungsweg angesehen wie eine Öffnung des Arbeitslosengeldes II | |
auch für Studierende. In knapp zwei Wochen will man diesen Forderungen in | |
Berlin Nachdruck verleihen. | |
8 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746 | |
[2] /Kritik-an-Nothilfe-fuer-Studierende/!5689198 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Bildungspolitik | |
Bafög | |
Studierende | |
Dresden | |
Anja Karliczek | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Studierende | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Anja Karliczek | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Bildung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Software des Bildungsministeriums: Nicht nur teuer, auch schlecht | |
325.027 Euro kostet die Software, mit der Studierende Corona-Hilfen | |
beantragen können. Dafür kritisiert Linkenpolitikerin Gohlke das | |
Ministerium. | |
Studierendenprotest wegen Corona: Jobverlust und Mietendruck | |
Am Samstag gingen in Berlin rund 250 Studierende auf die Straße. Sie | |
kritisieren, dass sie in der Coronakrise politisch zu wenig unterstützt | |
werden. | |
Nothilfefonds in der Coronakrise: Finanzhilfe für Studierende startet | |
Ab Dienstag können Studierende in Not Geld vom Staat beantragen – maximal | |
500 Euro pro Monat. Studierenden-VertreterInnen rufen zu Protesten auf. | |
Tanztheater-Premiere in Dresden: Alltag im Warteslot | |
Die Bürgerbühne am Staatsschauspiel Dresden wagt sich an die Freiluft: | |
„Veduta – Stadtansichten“ – eine der wenigen Premieren dieser Spielzeit. | |
Studierende in Geldnot wegen Corona: Kredite sind keine Lösung | |
Wie sollen Studierende die staatlichen Notdarlehen je wieder abstottern? | |
Vor diesem Dilemma stehen auch Solo-Selbstständige und Unternehmen. | |
Corona und Studierende: Verschuldung oder Exmatrikulation | |
Vielen Studierenden brechen in Coronazeiten die Nebenjobs weg. Die | |
Bundesregierung reagiert – mit Krediten. Das empört viele. | |
Open-Source-Software an Universitäten: Angst vor Microsoft | |
Anbieter von freier Software fürchten, dass ihre Programme durch | |
kommerzielle Angebote ersetzt werden. Die haben oft Datenschutzmängel. | |
Kritik an Nothilfe für Studierende: Zu spät und zu wenig Geld | |
Studierende in Not, die weniger als 500 Euro auf dem Konto haben, sollen | |
nun Zuschüsse vom Bund erhalten. StudierendenvertreterInnen sind empört. | |
Studieren in Corona-Zeiten: Seminar in der Jogginghose | |
Unsere Autorin erzählt, warum sie im digitalen Semester vereinsamt – und | |
warum Hannah Arendt im engen WG-Zimmer schwere Kost ist. |