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# taz.de -- Tiananmen-Gedenken verboten: Hongkong hört die Signale
> In der Sonderverwaltungszone wurde erstmals seit 30 Jahren eine
> Tiananmen-Mahnwache untersagt. Peking untermauert seinen Machtanspruch.
Bild: 27. Mai: Anti-Riot-Polizei in Hongkong
Peking taz | In Festlandchina werden selbst vage Referenzen an die blutige
Niederschlagung der Pekinger Studentenbewegung am 4. Juni 1989 zensiert; in
Hongkong dagegen konnte die Bevölkerung in aller Öffentlichkeit des
Tiananmen-Massakers gedenken. Bislang jedenfalls: Am Montag haben die
Hongkonger Behörden erstmals eine für kommenden Donnerstag angesetzte
Demonstration verboten.
Offiziell begründet wird das Verbot mit der coronabedingten
Infektionsgefahr, schließlich zogen im vergangenen Jahr laut Angaben der
Organisatoren rund 180.000 Menschen in den Victoria-Park. Die
Zivilgesellschaft vermutet jedoch politischen Willen hinter der
Entscheidung und fragt sich bereits, ob Versammlungen wohl auch zum 4. Juni
2021 untersagt werden.
Am Donnerstag hatte die Kommunistische Partei auf ihrem Nationalen
Volkskongress in Peking für ein nationales Sicherheitsgesetz für Hongkong
gestimmt, das die vertraglich bis 2047 gesicherte Autonomie der einstigen
britischen Kolonie in bislang einmaligem Ausmaß untergraben würde.
„Subversive“ und „sezessionistische“ Aktivitäten stellt der Gesetzentw…
unter Strafe, wobei die Regierung in Peking ihre eigenen Sicherheitskräfte
zur Durchsetzung der neuen Regelungen installieren könnte.
Das umstrittene Gesetzesvorhaben wird zwar dieser Tage erst im Detail
ausformuliert, doch Peking lässt keinen Zweifel an seinem allumfassenden
Machtanspruch: Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit nannte den
Entscheid des Volkskongresses ein Mandat, „die Hongkonger Polizeikräfte
vollständig zu führen“, um die Ordnung wiederherzustellen.
## Folgen des Sicherheitsgesetzes
Wie weit die Kompetenzen der Pekinger Sicherheitsorgane in Hongkong reichen
werden, ist bislang nicht bekannt. So ist etwa unklar, ob sie auch
Verhaftungen und Auslieferungen an Festlandchina durchführen dürfen. Doch
allein ihre Präsenz wird wohl eine abschreckende Wirkung auf die
prodemokratischen Aktivisten in Hongkong haben.
Auch die internationalen Folgen des Sicherheitsgesetzes sind bislang
unabsehbar, könnten aber der angeschlagenen Volkswirtschaft schaden.
US-Präsident Donald Trump kündigte am Wochenende an, den [1][Sonderstatus
für Hongkong] aufzuheben, der die Sonderverwaltungszone unter anderem von
den gegen Festlandchina verhängten Strafzöllen ausnimmt. Auch sollen gegen
einige chinesische Studenten in US-Universitäten Einreiseverbote verhängt
werden.
Chinas Regierung reagierte erbost: „Sämtliche Wörter und Handlungen, die
die Interessen Chinas beschädigen, werden mit Gegenangriffen beantwortet“,
sagte Außenministeriumssprecher [2][Zhao Lijian] am Montag. Washingtons
Maßnahmen würden eine „ernsthafte Einmischung“ in „Chinas innere
Angelegenheiten“ darstellen und die „US-chinesischen Beziehungen
unterminieren“.
## Ernsthafte Bedrohung
Dass sich die chinesische Führung von den offenen Drohungen nicht beirren
lässt, legt die Interpretation nahe, dass Peking die Protestbewegung
tatsächlich als ernsthafte Bedrohung des eigenen Machtanspruchs wertet.
Dabei hat die Bevölkerung auf dem Festland – auch aufgrund extrem
einseitiger Medienberichterstattung – wenig Sympathien für die
„Randalierer“ in Hongkong.
Doch auch die Organisatoren der für den 4. Juni angesetzten Gedenkdemo in
Hongkong wollen sich nicht beirren lassen: Sie fordern dazu auf, in
Kleingruppen von acht Menschen zum Trauermarsch im Victoria-Park zu
erscheinen – also genau innerhalb der gesetzlichen Beschränkungen.
1 Jun 2020
## LINKS
[1] https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/hongkong-node/sond…
[2] http://german.cri.cn/aktuell/alle/3250/20200601/476615.html
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
Protest
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Sicherheitsgesetz
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