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# taz.de -- Kauf der Lause 10/11 in Kreuzberg: Li-La-Lausebär
> Die von vielen linken Gruppen genutzte Lause könnte noch gerettet werden.
> Um den verringerten Kaufpreis zu stemmen, braucht es nun die Stadt.
Bild: Rebellische NutzerInnen der Lause
Berlin taz | Ein wichtiges Kapitel Kreuzberger Häuserkampf steht womöglich
vor einem erfolgreichen Abschuss. Noch sind die NutzerInnen der Gewerbehöfe
in der [1][Lausitzer Straße 10] und die MieterInnen des Wohnhauses in der
Nummer 11 ganz vorsichtig und dennoch ist die Aufregung zu spüren. „Eine
Einigung ist in greifbarer Nähe“, sagt Johannes Schnettker vom
Lause-Kollektiv. Es wäre die Krönung einer [2][intensiven
Widerstandsgeschichte].
Dabei sah es [3][lange nicht danach aus], als gäbe es eine Lösung für das
Kreuzberger Biotop, in dessen Hinterhöfen ein Who-is-who der politischen
Zivilgesellschaft ihr Zuhause hat: vom [4][Antifaschistischen Pressearchiv-
und Bildungszentrum (apabiz)] über die Videofilmer von [5][Leftvision], der
Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) bis hin zum
[6][Peng-Kollektiv], Medienschaffenden und KünstlerInnen.
Seit Ende 2016 wissen sie von den Verkaufsabsichten des dänischen
[7][Eigentümers Jørn Taekker]. Der Verkauf an einen Dritten zum
veranschlagten Spekulationspreis von annähernd 20 Millionen Euro wäre ihr
sicheres Aus – ein „Desaster“, wie es die ISD formuliert, da es „fast
unmöglich geworden“ sei, in den Innenstadtbezirken bezahlbare Räume zu
finden.
Allen Demos, Dänemarkausflügen, Bürobesuchen und Gesprächsangeboten zum
Trotz rückte Teakker jahrelang nicht entscheidend von seiner
Maximalforderung ab. Dabei lohnt sich der Verkauf für den Investor, der
sich aus dem Berliner Immobiliengeschäft zurückgezogen hat, auch zu einem
deutlich niedrigeren Preis. Schließlich hatte Taekker die Gebäude 2006 für
2,3 Millionen Euro vom städtischen Liegenschaftsfonds übernommen und
seither wenig in deren Erhalt investiert.
## Neues Angebot
In den vergangenen Monaten war Bewegung in die Verhandlungen gekommen, der
mögliche Durchbruch kam mit einem neuen Angebot von Taekker am Montag.
Details zu den Zahlen nennen die Lause-MieterInnen nicht, aber dem
Vernehmen nach, hat sich Taekker deutlich auf die Hausgemeinschaft
zubewegt, die höchstens die Hälfte der ursprünglich aufgerufenen 20
Millionen Euro zahlen wollte.
Taekker sagte auf Anfrage der taz, beide Seiten seien auf dem „richtigen
Weg“ und „kurz vor einem finalen Deal“. Zu seiner Motivation für die
reduzierte Forderung sagte Taekker, man habe Argumenten zugehört: „Es
braucht in Berlin Platz für Gruppen und Unternehmen mit wenig Einkommen.“
Ein Kauf stünde auf zwei Säulen, erklärt Schnettker, der sich für die Lause
um die Finanzen kümmert. Sieben Millionen Euro aus dem Gewerbeaufkaufsfonds
hat der Senat in Aussicht gestellt, um das Grundstück der Gewerbeimmobilie
zu kaufen und den NutzerInnen per Erbbaupacht zur Verfügung zu stellen. Ein
Sprecher bestätigte dies auf Anfrage der taz: „Unser Angebot, den
gewerblichen Teil finanziell zu unterstützen, steht.“
Das Gebäude selbst, womöglich auch das Wohnhaus samt Grundstück, soll über
die auf die Mischnutzung von Gewerbe und Wohnen spezialisierte
Genossenschaft Eine für Alle selbst erworben werden, durch Eigenanteile und
Bankkredite. Zuzüglich der notwendigen Finanzierung dringender Baumaßnahmen
muss die Hausgemeinschaft einen hohen Millionenbetrag aufbringen.
## Die Mieten steigen
„Wir können das nur refinanzieren, indem wir uns die Mieten deutlich
erhöhen“, sagt Schnettker. Ein nicht ganz unwichtiges Detail dabei: Wie
weit kommt das Land den GewerbemieterInnen beim Erbbauzins entgegen?
Entscheiden muss darüber die Senatsverwaltung für Finanzen von Senator
Matthias Kollatz (SPD).
Werden, wie üblich, drei Prozent verlangt, müssten die Mieter nach dem Kauf
allein dafür jährlich mehr als 200.000 Euro zahlen. Heraus kämen
Quadratmeterpreise, die sich viele der Projekte, die keine Erlöse
erwirtschaften, sondern von Spenden und Fördergeldern leben, nicht leisten
könnten. Die Lause hofft daher auf einen Zins von weniger als einem
Prozent. „Nur dann funktioniert es“, so Schnettker. Was der Senat bekäme?
„Er könnte den Kiez davor bewahren, zum seelenlosen
Start-up-Airbnb-Lieferando-Bezirk zu werden, in dem viele der dort noch
lebenden und arbeitenden NachbarInnen auf Dauer auch keinen Platz mehr
hätten.“
## Politische Rückendeckung
Unterstützung kommt aus der Politik, etwa von der Grünen-Abgeordneten
Katrin Schmidberger. „Die Lause könnte beim Schutz von kleinteiligem
Gewerbe Vorbildcharakter für die ganze Stadt haben“, sagt sie und sieht den
Senat in der Pflicht: „Das Land Berlin sollte einen Schritt auf die
zugehen, die keine großen Player sind.“ [8][Bezirksbaustadtrat Florian
Schmidt] (Grüne) spricht von der Möglichkeit einer „gemeinwohlorientierten
Bewirtschaftung, wenn der Senat unterstützt.“
Ulf Heitmann vom Verband Junge Genossenschaften sagt: „Der Erbbauzins ist
nichts als eine Gebühr.“ Statt hohe Werte festzusetzen, sollte Berlin dem
Münchener Beispiel folgen und von hinten rechnen: „Die Stadt schaut, was
sie auf einem Grundstück haben will und ermittelt dann, wie hoch der Zins
maximal sein darf.“
Für die Lause drängt eine Einigung noch vor der Sommerpause. Taekker wolle
„den Deal in den nächsten Wochen abschließen“, sagt Schnettker.
26 May 2020
## LINKS
[1] /Bedrohte-Haeuser-in-Berlin-Kreuzberg/!5371028/
[2] /Gentrifizierung-in-Berlin/!5375224/
[3] /Verdraengung-in-Berlin-Kreuzberg/!5629200/
[4] /Jubilaeum-beim-antifaschistischen-Archiv/!5107491/
[5] /Film-ueber-G20-Polizeigewalt/!5510648/
[6] /Peng-Kollektiv/!t5010976/
[7] /Gentrifizierung-in-Berlin/!5419811/
[8] /Florian-Schmidt/!t5302115/
## AUTOREN
Erik Peter
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